Türkei: Gefängnisstrafe für Abt eines syrisch-orthodoxen Klosters

9. April 2021 in Aktuelles


Abt Bilecen wird beschuldigt, PKK-Kämpfer unterstützt zu haben - Dieser weist die Vorwürfe zurück und legt Berufung ein


Ankara (kath.net/KAP) Die kleine christliche Minderheit in der Südosttürkei macht sich Sorgen um Aho Bilecen, Abt des Klosters Mor Yakub im Izlo-Gebirge. Dieser wurde von einem Gericht in Mardin zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt, wie türkische Medien am Mittwoch berichteten. Der Abt musste sich vor Gericht wegen des Vorwurfs der "Komplizenschaft mit terroristischen Organisationen" verantworten. Bilecen hat die Vorwürfe stets als haltlos zurückgewiesen. Er nahm auch nicht persönlich teil an der Verhandlung, sondern wurde von seinem Anwalt vertreten.

Aho Bilecen ist Abt und zugleich auch einziger Mönch des Mor Yakub-Klosters im Tur Abdin in der Südosttürkei. Er bemüht sich seit Jahren, das Kloster zu revitalisieren und wird dabei u.a. auch vom in Linz ansässigen Hilfswerk "Initiative Christlicher Orient" (ICO) unterstützt. Wie die ICO noch am Mittwoch mitteilte, werde der Abt Berufung einlegen. Er bleibt dem Vernehmen nach bis auf Weiteres auch auf freiem Fuß und wird weiterhin im Kloster leben und wirken.

Die Reaktionen auf das Urteil in erster Instanz waren geteilt. Vom Strafrahmen her wären bis zu sieben Jahre Haft möglich gewesen, freilich hofften die christliche Gemeinde vor Ort und die syrisch-orthodoxe Diaspora auf einen Freispruch.

Bilecen war am 10. Jänner 2020 von den türkischen Sicherheitskräften völlig überraschend im Kloster verhaftet worden. Die Festnahme war Teil einer größer angelegten Operation, bei der auch zwei christliche Bürgermeister des Tur Abdin sowie zahlreiche kurdische Einwohner verhaftet wurden. Der Abt wurde bzw. wird beschuldigt, PKK-Kämpfer in seinem Kloster unterstützt zu haben.

Vier Tage später wurde Bilecen aus der Haft entlassen. Die Beschuldigungen wurden aber aufrechterhalten und ein Verfahren eingeleitet. Demnach hatte der Abt Ende September 2018 einige Tage lang Mitglieder des bewaffneten Arms (HPG) der kurdischen Arbeiterpartei PKK im Kloster versorgt.

Der Mönch bzw. auch seine Anwälte wiesen stets zurück, die PKK unterstützt zu haben. Er habe den Männern, so wie allen Besuchern des Klosters, Nahrung und Wasser als Zeichen klösterlicher Gastfreundschaft angeboten, so der Abt. Und er habe nicht gewusst, dass es sich um PKK-Milizionäre handelte.

Im Tur Abdin in der Südosttürkei lebt noch eine kleine syrisch-orthodoxe Minderheit von nicht einmal 2.500 Christen. Zentrum der Kirche sind einige Klöster, an erster Stelle das Kloster Mor Gabriel. Daneben sind in den letzten Jahren einige Klöster revitalisiert worden, u.a. das Kloster Mor Yakub. Dieses wurde 2013 wiedereröffnet. Aho Bilecen ist seit Jahren der einzige Mönch, der im Kloster lebt. Inzwischen gibt es vor Ort aber auch einige Studenten und eine Familie. Bilecen möchte eine Klosterschule einrichten. In den Bergen des südlichen Tur Abdin sollen sich immer noch PKK-Kämpfer aufhalten.

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