'Amen, Alleluia: Woran glaubt ein deutscher Bischof?'

15. März 2021 in Kommentar


„Bischöfe wie Bätzing oder Kohlgraf werden noch miterleben müssen, dass ihre Ohrfeigen für fromme Beter, die verfolgte Minderheit der ‚deutschen Kirche‘, kaum noch Beifall finden werden, mangels Publikum.“ Gastkommentar von F.N. Otterbeck


Köln (kath.net) Es gibt sie zwar noch, die fundierten Theologen unter den Bischöfen. Die dienstjüngeren Kollegen im Deutschen Demokratischen Bischofskollektiv haben auch noch Chancen zur katholischen Profilierung, während für manche ältere der Zug abgefahren sein mag (wie Becker, Bode, Genn).

Aber was soll man meinen, wenn der Vorsitzende Konferenzbischof Bätzing den ZDF-Fernsehgottesdienst am Sonntag "Laetare" wieder dazu nutzt, sich über konservative Stimmen zu beklagen? Wir sind gemeint, die wir nicht einsehen, welch großartiger Prozess mit dem "Synodalen Weg" losgetreten wurde.

Wir papsttreuen Katholiken sind Bischofskritiker nur wider Willen. Wir würden gern mit unseren Bischöfen bekennen: Gott, Christus, Kirche - und zwar: Papstkirche. Heute allerdings wird "Bekennermut" zum selbstreferenziellen Bischofsgequatsche deutscher Zunge eingefordert. "Amen, Alleluia" kann ich einem Bischof Bätzing nicht zujauchzen, wenn er im Abseits predigt.

Freut Euch aber dennoch: Denn es gibt eine weite katholische Freiheit wider die deutschkonfessionelle Meinungsmacht. Andreas Püttmann mokiert sich gerne darüber, dass einstmals papsttreue Katholiken es plötzlich nicht mehr seien, angeblich wegen Papst Franziskus.

Das ist gleich mehrfach falsch. Ich muss auf irgendein Papstinterview im Flugzeug, einen anlassbezogenen Kommentar zur Weltlage nicht mit "Amen, Alleluia" antworten. Das weiß auch Püttmann. Kaum jemals hat ein frommer, selbst denkender Katholik seinen Glauben darauf beschränkt, jede noch so belanglose Stellungnahme aus dem Vatikan zu bejubeln.

Also zweitens: wird das katholische Gehorsamsprinzip für den einzelnen Getauften nur selten zum Ernstfall. Es beginnt mit dem Gehorsam auch der höchsten Würdenträger gegenüber Gott, Christus und der Kirche.

Mithin sind die Bischöfe zu einer gehorsamen Weggemeinschaft mit dem Papst als Petrusnachfolger verpflichtet, was aber ihre eigene Frömmigkeit und Vernunft nicht ausschalten soll. Die Priester sind wiederum ihren Bischöfen verpflichtet. Wir Laien sind also nur sehr mittelbar Papst und Bischöfen unterworfen.

Drittens wird im kirchlichen Dienstalltag die Gehorsamshierarchie allerdings nicht selten umgestülpt. In Kleinigkeiten und diözesanen Eigenheiten wird Gehorsam verlangt, in den großen Fragen ist aber anscheinend vielerorts fast alles erlaubt: von der liturgischen Anarchie bis hin zur kommerzialisierten Caritas. Zu den größeren Themen könnten wir immer noch ausnahmslos alle Päpste seit Pius X. nebeneinander zitieren, fraglos auch ältere, bis hin zum hl. Petrus. J.M. Bergoglio SJ jedenfalls würde niemals in Zweifel ziehen, was Petrus selber erlebt hat: Weil er uns berichtet, mit ihm, Christus, auf dem heiligen Berg der Verklärung gewesen zu sein (vgl. 2 Petr 1,18), beispielsweise. Denn nicht nur die Kirche, auch ihre Heilige Schrift ist glaubwürdig.

Das sind die größten Fragen unter den großen Fragen für bibeltreue und papsttreue Christen: 1.) Existiert Gott? 2.) Wer ist Jesus Christus? 3.) Wozu die Kirche? Der von einem deutschen Bischof lohnabhängige Katholik würde vielleicht antworten: Die Kirche ist eine sinnvolle Institution, die sich für die Menschen engagiert und mich dafür bezahlt. Sie beruft sich auf Jesus als Vorbild ihres Handelns. Jesus empfand eine besondere Beziehung zum Gott Israels, die wir nachzuahmen versuchen. Je erfolgreicher wir damit sind, um so mehr wird die Menschheit beglückt sein.

So ungefähr könnte das Glaubensbekenntnis eines zeitgeistigen Katholiken aussehen. Die Liturgie als Quelle und Höhepunkt kirchlichen Lebens kommt darin nicht vor. Sie ist verzichtbares Ritual. Teilnahme daran wird vom Arbeitgeber auch nicht verlangt. Der Bischof von Mainz rief kürzlich offen dazu auf, ein "zeitgeistiges" Katholischsein hervorzubringen, ohne Kleingeistigkeit und ohne Denkverbote.

Das zentrale Denkverbot in der immer öfter so genannten "deutschen Kirche" ist allerdings, dass sie selber sich seit 1968 ("Humanae vitae") auf Abwege begeben haben könnte. Und die Kleingeistigkeit besteht gerade darin, Gott nur noch "einen guten Mann" sein zu lassen oder auch nur ein "Gottesbild".

Man kann es in einem guten Sinne, papsttreu verkündigen: "Gott ist barmherzig". Man kann "die Botschaft" aber auch so sehr revolutionieren, dass Gott nur noch sinnentleert und irrelevant "rüberkommt", so als ob er nicht existierte. In Wahrheit existiert Gott denknotwendig. Es kann nicht beides wahr sein. Entweder-Oder.

Der Atheismus zeigt sich philosophisch als eine Version des Pantheismus: Die Eigenschaften Gottes werden seiner Schöpfung zugeschrieben (der "Evolution"), sodass darüber hinaus "nichts" denkbar wird. Wenn ein Bischof aber zulässt, dass Gott auch als Nichts gedacht werden darf, als "Zeitgeist", dann sollte er abdanken.

Um die begriffliche Umschreibung der Person Christi haben sich Jahrhunderte ehrfürchtiger Theologie bemüht. Was bleibt davon im 21. Jahrhundert übrig? "Jesus unser Bruder?" Jesus heute wird in Anspruch genommen für allgemeine Humanität, vom Flüchtlingselend bis hin zur Klimakatastrophe. Das ist nicht unbedingt falsch. Ohne Klärung der Vorfrage, wer Jesus ist, steht die bischöfliche Verkündigung hierzu allerdings in der Gefahr, dass nur der Zufall der Mode einen "Jesus" für zeitgemäß erachtet, der als gutes Beispiel gegen Rassismus dient; und allgemein zu Gerechtigkeit und Frieden mahnt. Zu anderen Zeiten segnet "er" dann wieder Waffen? Dass er in Wahrheit immer derselbe ist, das ewige Wort des himmlischen Vaters, das müsste näher erläutert werden.

"Seine Kirche" wurde vom jüngsten Konzil so ausführlich dargestellt wie noch nie in ihrer Geschichte. Die voluminösen Texte sind anscheinend kaum gelesen worden. Denn da steht nirgends, dass die Kirche vom 8. Dezember 1965 an (Konzilsschluss) eine andere werden müsse. Das Vatikanum II hat die Identität der Kirche festgehalten, um sie, die Kirche Gottes, von Neuem unter die Menschen zu senden.

In Deutschland bedarf man keiner theologischen Vorbildung, man muss nur Zahlen lesen können: Der Misserfolg ist total. Ein relativ unbekannter Theologe durfte die Schuld daran wieder einmal der "konservativen" Seite zuschieben, diesmal unter Berufung auf Karl Rahner und den "Glaubenssinn". Der Tatort, das einschlägige Internetportal mit dem falschen Namen, empfiehlt nahezu täglich, die Todesangst der deutschen Kirche mit "noch mehr Gift" zu bekämpfen.

Wir petrustreuen Katholiken wollen aber nicht, dass Gott, Christus, Kirche ersetzt werden durch Sex, Macht und Geld. Im Synodalen Weg spricht man zwar von "gelingenden Beziehungen", einer "Demokratisierung" der konfessionellen Institution und vom Geld wird geschwiegen, solange es noch fließt. Es wird aber eine nahezu gottlose "Kirchlichkeit" entworfen, die der individuellen Lebensführung keine Normen mehr setzt, abgesehen vom so genannten "Gewissen" als Erlaubnisinstanz. Der BDKJ hat inzwischen die entsprechende Bekennerflagge, den "Regenbogen", auf seine Webseite gesetzt und konzentriert die eigene Agenda mehr denn je auf den Kampf (!) gegen "Homosexuellen- und Menschenfeindlichkeit". Auf, auf zum Kampf!

Papst Franziskus hat allerdings weder das Ehesakrament abgeschafft noch das Sechste Gebot. Er hat auch nirgends behauptet, ein Mann müsse, falls nur interessiert, sich mit einem anderen Mann oder Jüngling unzüchtig betätigen. (Wegen der Probleme im Klerus sind weibliche Verfehlungen da weniger im Blick.)

Im Gegenteil: Der von den deutschen Bischöfen weitestgehend ignorierte "Weltkatechismus" von 1992 ist nur hinsichtlich der Todesstrafe vom Papst neu formuliert worden. Alles andere gilt weiterhin. Wie könnte es auch anders sein? Die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche ist weit weniger veränderlich als ihre Soziallehre. Die katholische Meinungsfreiheit enthält also für einen mündigen Laien immer noch die Option, der Tradition der Kirche insgesamt zuzustimmen, auch wenn der aktuelle Ortsbischof dies nicht mehr empfehlen möchte.

Was also glaubt ein deutscher Bischof? Zumindest: "Amen, Alleluia." So wollen wir hoffen. Jesus ist wahrhaft auferstanden. Das Osterbekenntnis versteht aber niemand mehr, wenn es im Horizont unserer Zeit nur als Wunderfabel von der Wiederbelebung eines gekreuzigten, jüdischen Sektierers dargeboten wird.

Wenn Jesus nicht Gott-für-uns war, welche Bedeutung soll sein Tod und seine Auferstehung "für mich" dann haben? Eine nur symbolische, esoterische?  Von Gott her hat Jesus uns was zu sagen, ein Wort über Leben und Tod. Und nur von Christus her hat die Kirche einen Sinn.

Die Kirche "attraktiver" machen zu wollen (für ihre Arbeitnehmer), um neues "Vertrauen" zu stiften, auf dass die angenehme Atmosphäre in heiligen Hallen das Gottesgerücht wieder "attraktiv" mache? Das wird nicht glücken. Entweder hat Jesus Christus durch Seine Kirche mit Autorität von Gott gesprochen oder nicht. Es ist Seine Kirche oder Keinekirche.

Seine Kirche hat eine Bestandsgarantie auf Erden, bis zur Wiederkunft ihres Herrn, allerdings wohl kaum noch auf deutschem Boden. Schon eine "Ampelkoalition" in Berlin könnte die Machtbasis deutscher Sonderwege empfindlich schwächen, das einzigartige deutsche Staatskirchenrecht. Dank ihres relativ jugendlichen Alters werden Bischöfe wie Bätzing oder Kohlgraf noch miterleben müssen, dass ihre Ohrfeigen für fromme Beter, die verfolgte Minderheit der "deutschen Kirche" also, kaum noch Beifall finden werden, mangels Publikum.

Denn die Zeit arbeitet für Gott, Kirche, Papsttum, für das katholische Bekenntnis also, nicht aber für den Synodalen Suizid.

 

VIDEO-Tipp: Hat die Sünde böse Folgen oder nicht? Predigt vom 14.03.2021 - Predigt von Msgr. Reichart / Maria Vesperbild

 


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