Der neue VIP-Weinberg

15. Februar 2021 in Aktuelles


Vor einem Jahr wurde der Weinberg Benedikts XVI. in Castel Gandolfo ausgerissen und dem Erdboden gleichgemacht. Jetzt kommt der Weinberg von Papst Franziskus. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Erinnern Sie sich noch? Vor einem Jahr kam die Meldung zum „verwüsteten Weinberg“ Benedikts XVI. in Castel Gandolfo. Er sollte dem Ansinnen der Direktion der Gärten der „Ville Pontificie“ nach Platz machen für das, was eine Art Kongresszentrum hätte werden sollen. Dann kam Corona (und vielleicht auch der gesunde Menschenverstand) und aus dem Plan eines “Kongresszentrums” mitten auf dem Acker wurde nichts. So geht es, wenn man einen ehemaligen Manager der Peroni-Biere in eine Position derartiger Verantwortung hoch hievt. Eine epische Geschichte, auf dem Weg hin zur Selbstauflösung. Aber diese Geschichte ist noch nicht beendet: jetzt soll der „Weinberg von Papst Franziskus“ kommen. Das berichtet die immer aufmerksame Vatikanistin der römischen Zeitung „Il Messaggero“, Franca Giansoldati.

Hin und her, her und hin. In den Gärten von Castel Gandolfo gibt es also keine Ruhe für die päpstlichen Weinberge. Nach der Zerstörung des Weinbergs Benedikts XVI. soll nun der neue Weinberg von Franziskus entstehen. Statt “Rosenkrieg” “Rebenkrieg”? Nein. Vielmehr eine weitere Demonstration merkwürdiger Vorgänge.

Also: ein neuer Plan für einen neuen Weinberg des Herrn im Anwesen der “Päpstlichen Villen”. Diesmal wurde der Weinberg von Papst Franziskus genehmigt. Die Entscheidung, ihn zu pflanzen und zu kultivieren, kommt direkt aus Santa Marta. Vor einigen Wochen hatte ein Team von Arbeitern begonnen, den zum Hubschrauberlandeplatz hin abfallenden Teil des Geländes des päpstlichen Anwesens zu bearbeiten, eine Fläche, die bisher immer mit besonderem Gras bebaut wurde, um die Kühe des päpstlichen Hofes nach einem biologischen, einheimischen und super kontrollierten Konzept füttern zu können. Und in der Tat: die Milch der “Ville Pontificie” ist ausgezeichnet, die Käseprodukte ebenso (Ziel des päpstlichen Unternehmens ist es, mehr zu produzieren und mehr auf dem Markt präsent zu sein).

Ein großer Traktor soll also, wie Giansoldati berichtet, damit begonnen haben, den Boden vorzubereiten, die Erdschollen zu bewegen, um die Setzlinge zu pflanzen, die in ein paar Jahren, wenn alles gut geht, zwei Hektar Reben zum Leben erwecken werden. Welche Art von Weinberg für den Wein von Papst Franziskus ausgewählt wurde, ist noch nicht im Detail bekannt, obwohl aus Fachzeitschriften durchgesickert ist, dass eine Autorität auf diesem Gebiet, Riccardo Cotarella, Präsident des Verbandes der italienischen Önologen und der “Union International des Oenologues”, am Ruder dieses Projekts steht. Der Önologe Riccardo Cotarella ist ein Experte, der sich um die Weinberge von “VIPs” kümmert, von Sting bis hin zum Weinberg des Politikers Massimo D’Alema, von Brunello Cucinelli bis hin zum dem des Starjournalisten Bruno Vespa.

Auch dieses Mal soll der produzierte Wein natürlich nicht vermarktet, sondern einem internen Verwendungszweck zugeführt werden, genau wie die Weinproduktion des einstigen Weinbergs Benedikts XVI. (an dessen Stelle werden heute Rosen angebaut).

Zurück in die Geschichte: 19. April 2005. Wer könnte die ersten Worte des Pontifikats Benedikts XVI. vor dem Segen „Urbi et Orbi“ auf der Benediktions-Loggia der Petersbasilika vergessen? „Nach einem großen Papst Johannes Paul II. haben die Herrn Kardinäle mich gewählt, einen einfachen und bescheidenen Arbeiter im Weinberg des Herrn. Mich tröstet die Tatsache, dass der Herr auch mit ungenügenden Werkzeugen zu arbeiten und zu wirken weiß...“.

Der Weinberg – ein Papst Benedikt XVI. besonders teures Bild aus dem Evangelium (vgl. Mt 20,1-16). Gerade aufgrund der ersten Worte des neuen Papstes hatte damals also der italienische Bauernverband dann beschlossen, Benedikt XVI. einen Weinberg zu schenken. Dies geschah anlässlich des damaligen Welttages zur Bewahrung der Schöpfung. Die Reben wurden mit großer Sorgfalt ausgewählt.

Der zu Ehren Benedikts XVI. angelegte kleine Weinberg nahm etwa 1000 Quadratmeter ein. Er bestand aus den Rebsorten „Trebbiano“ (weiß) und „Cesanese di Affile“ (rot), einem sehr alten einheimischen Wein. „Ein wunderbarer Weinberg von nur wenigen Reihen, poetisch und symbolisch zugleich. In einer Ecke des Gartens, die Papst Benedikt XVI. sehr liebte, wo er während seiner Aufenthalte in der päpstlichen Villa von Castel Gandolfo an schwülen Sommerabenden auf der Suche nach frischer Luft gerne zwischen den Pflanzen spazieren ging und betete“, so Franca Giansoldati.

Aber dann hatte die Direktion beschlossen, gerade jenen Bereich des Gartens radikal zu verändern, Arbeiten, denen, wie gesagt, vor allem der Weinberg Benedikts XVI. zum Opfer gefallen war: er wurde verwüstet, die Pflanzen ausgerissen, der kleine Meditationsgarten wurde zerstört und dem Erdboden gleichgemacht.

Warum? Nun denn... Einige gaben an, dass Platz für eine Straße genutzt werden soll, deren Bau angeblich unmittelbar bevorsteht. Die Entscheidung zu den Veränderungen wurde von der neuen Verwaltung der päpstlichen Villen getroffen, die den Auftrag zum Abriss eines der symbolträchtigsten Orte des Pontifikats Benedikts XVI. gab. Als der Bauernverband Benedikt XVI. sein Geschenk machte, wollte der Papst die Anlage an genau jener Stelle, parallel zur Marmorstatue des Guten Hirten, um die symbolische Bedeutung zu unterstreichen. Jetzt: halt „nichts mehr“, Röschen, und anderswo wird anderes gemacht.

„Die Verwüstung des Weinbergs“: so lautet der Titel eines Buches des deutschen Philosophen und Theologen Dietrich von Hildebrand (2.10.1889 Florenz, +26.1.1977 New York) aus dem Jahr 1973. In diesem Werk setzt sich Hildebrand mit den „Irrtümern der Moderne“ auseinander und dabei auch mit dem Zustand des modernen Christentums, dies insbesondere mit dem Blick auf die nachkonziliare Glaubensverwüstung.

 


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