Corona-Framing vom Feinsten

10. Februar 2021 in Kommentar


Peter Altmaier und andere Meister des Polit-Sprechs - Ein Kommentar von Peter Hahne


Berlin (kath.net/https://www.tichyseinblick.de)

Das Gewölk und Geschwurbel der Politik wird immer dreister. Vertrauen durch klare Worte? Das scheint die politische Klasse gar nicht mehr nötig zu haben. Jüngstes Beispiel: Der Bundeswirtschaftsminister "entschuldigt" sich.

Es gab wohl keine Zeit der jungen bundesrepublikanischen Geschichte, in der so viel gelogen und zurecht(!)gebogen wurde wie jetzt zu Corona-Zeiten. Ob man das nun Framing, Propaganda, Sprachkosmetik oder schlicht verbalen Betrug nennt – in den Disziplinen Verführung, Verschleierung, Verharmlosung sind unsere Herrschenden, wenn sie auch sonst wenig aufzuweisen haben, Weltmeister. Und da der Raum in den Medien ja durch zeit- und platzraubendes Gender-Allotria immer knapper wird, gibt es kaum Nachfragen, die das Gewölk und Geschwurbel des Polit-Sprechs entlarven. Hauptsache, die Sprach-„Gerechtigkeit“ kommt zu ihrem Recht, Aufklärung ist Nebensache.

Hier eine aktuelle Kostprobe vom gestrigen Tag. Peter Altmaier, der Altmeister für Framing und Progaganda aus Merkels Hofstaat, der seit Jahren „als Kurier der Kaiserin“ von Talkshow zu Talkshow tingelt, schafft es in einer Mini-Mini-DPA-Meldung gleich dreimal, ein Paradebeispiel seines „Könnens“ zu geben: „Altmaier entschuldigt sich für langsame Corionahilfen. Die Länder seien nicht in der Lage gewesen, die Hilfen zu administrieren.“ Zunächst: die Länder haben Schuld, nicht er, der Wirtschaftsminister der Bundesregierung. Da hat er von Ex-Kollegin Ursula und der großen Chefin also gelernt.

Und dann die Propaganda: „Ich entschuldige mich!“ Wie schön für Sie, Herr Altmaier, dass Sie sich selbst entschuldigen! Sich selbst also von Schuld freisprechen. Da freut man sich doch! Das ist jedoch etwas, was es (zumindest in der christlich geprägten Kultur des Abendlandes, die auch im Saarland bekannt sein sollte) gar nicht gibt. Ich kann mich nicht entschuldigen, das ist eine leere, nichtssagende Worthülse. Ich kann nur um Entschuldigung bitten. Das ist dann schon etwas ganz anderes, dazu gehört Demut, eine Art verbales Canossa. „Ich bitte um Verzeihung“, ist eben deutlich schwieriger als ein unverbindliches „Tschuldigung!“. Unvergessen, wie Christian Wulf am 22. Dezember 2011 im Schloss Bellevue vor die Mikrofone trat und „sich entschuldigte“. Das nützt bekanntlich nichts, wenn das Volks nicht darum gebeten wird und keine Änderung des eigenen Verhaltens damit einher geht. Also musste er am 17. Februar 2012 schlussendlich zurücktreten. Ohne jede Bitte um Entschuldigung übrigens.

Jetzt also das „Tschuldigung!“ Altmaiers. Darauf erwartet man ja keine Vergebung, keine Nachsicht der Geschädigten, sondern nur ein leicht dahingeworfenes „Halb so schlimm!“ Doch was dieser Mann anrichtet, ist nicht nur schlimm, sondern eine Katastrophe. Insofern passt übrigens zwischen das Kabinetts-Dreigestirn aus dem Saarland kein Blatt Papier. Diese drei Koryphäen sind, was Kompetenz angeht, aus dem gleichen Holz geschnitzt. Der „Moralkolumnist“ Dr. Rainer Erlinger in der Süddeutschen Zeitung zum Thema Entschuldigung: „Es verleitet dieser Sprachgebrauch zu sehr zur Auffassung, mit dem Aussprechen wäre alles erledigt: »Was wollen Sie denn, ich habe mich doch entschuldigt!« Deshalb plädiere ich aus inhaltlichen Gründen dafür, zumindest wenn es um einen selbst geht, auch sprachlich die Bitte um Entschuldigung beizubehalten.“ Bastian Sick schreibt es mit einem Satz: „Entschuldigen Sie mich, sonst tue ich’s selbst.“ Das ist der Corona-Politik-Alltag in Kurzform!

Meisterlich formulierte und erfolgreich (!) einlullende Sprachkosmetik lieferte Pharma-Freund Jens Spahn: „Wir werden viel verzeihen müssen.“ Wer ist wir? Muss Spahn dem dummen Volk verzeihen, das die eingesperrten Kinder zum Rodeln vor die Tür schickt? Oder das dumme Volk Spahn, weil es bekanntlich weder wirklich Impfstoff noch wahre Informationen gibt? Eine Nebelkerze vom Feinsten. Doch Bischöfe und ähnliche intellektuelle Flachflöten waren hin und weg.

Und nun der Höhepunkt des Altmaier-Satzes, Schulbeispiel eines jeden Seminars für erfolgreiche Produkt-Werbung und Polit-Propaganda: „….. nicht in der Lage, zu administrieren.“ Quellort dieser Ergüsse ist ja sein Interview bei Bild-TV. Wer, bitteschön, sollte dieses Geschwurbel mit bewusst eingesetztem Fremdwort verstehen? Das wird an Wichtigtuerei nur noch von Denglisch übertroffen. Dasselbe vom Altmaier-Nachfolger als Kanzleramtsminister Braun: Als der ganze Greta-Spuk zu Regierungspolitik wurde und die Frage nach den Kosten kam, war dessen Antwort: Nichts würde teurer wegen Klimaschutz, es gäbe „nur ein paar Bepreisungselemente.“ Erichs Winkelemente lassen grüßen!

Mit verbaler Spachtelmasse wird die Wahrheit verkleistert. Das erinnert aber auch an den großen Framing-Kollegen von der CSU. Horst Seehofer hat in einem lichten Moment mal zugegeben, wie das so läuft bei den Herrschenden: „Wir formulieren schwierige Themen extra so kompliziert, damit die Leute es nicht verstehen und ohne Widerstand Folge leisten.“ Tage später – nach einigem Aufschrei – sollte das natürlich Ironie gewesen sein, klar.

Die Sprache der Politiker, auch Kauder(!)welsch genannt, ist eine Mischung aus Neusprech und Gutdenk, aus Sprachkosmertik und Fachchinesisch, aus Sprechblasen und Worthülsen, aus Versatzstücken und Polit-Phrasen, aus Allgemeinplätzen und Fremdwörtern. Jedenfalls ist es nicht die Sprache, die das Volk verdient: Klartext. Dazu sind Journalisten, wenn sie nur einen Hauch von Berufsethos haben, verpflichtet: die Nebelsprache der Politik zu durchdringen, sie zur Kenntlichkeit entstellen. Peter Struck (als die SPD noch SPD war) mahnte einst: „Die Medien verschanzen sich genauso hinter Fachchinesisch und Expertensprech.“ Und der Journalisten-Kollege Jörg Quoos beklagt: „Mancher Hauptstadtjournalist, der sich mit anbiederndem Polit-Sprech in den eigenen Fragen verheddert, darf sich nicht wundern, wenn am Ende eine vernünftige Antwort fehlt.“ Die Parallelgesellschaft des gemeinsamen Wandlitz lässt grüßen.

Bundespräsident Joachim Gauck appellierte in seiner Antrittsrede an die Politiker: „Redet offen und klar, dann kann verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden.“ Das war vor fast genau neun Jahren. Heute will man das Vertrauen gar nicht mehr. Man braucht es auch nicht. Man bricht einfach dreist die Verfassung, um grundgesetzlich gesicherte Freiheiten zu beenden. Und wer aufmuckt, ist ein RAF-Terrorist, Abschaum, Krebsgeschwür, Verschwörungstheoretiker….. auf die allesamt der Verfassungsschutz wartet. Das „Vertrauen“ wird erzwungen. „Ich liebe doch alle!“ wird zu „Mir bricht das Herz!“ Na, ist das etwa nichts?!

 

BUCHTIPP:

Seid ihr noch ganz bei Trost!
Schluss mit Sprachpolizei und Bürokraten-Terror
Von Peter Hahne
Hardcover, 128 Seiten
2020 Quadriga
ISBN 978-3-86995-096-9
Preis Österreich: 12.40 EUR

Peter Hahnes aktueller Bestseller steht laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf Platz 12 der meist verkauften Sachbücher des Jahres 2020.


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