Gott hat das letzte Wort

22. Jänner 2021 in Kommentar


Januarkälte, eisige Abenteuer, eine irre Welt und warum du dein Herz jetzt in der Ewigkeit verankern sollst. Benedicta von Petra Knapp-Biermeier.


Linz (kath.net) Ich weiß nicht, wo es kälter ist. Draußen im eisigen Januarwind oder hier drinnen, auf der harten Holzbank gleich neben dem Eingang. Sonntag für Sonntag fahren wir ein paar Dutzend Kurven, um in diese Kirche zu gehen. Unbequem ist es, zugig und gar nicht kuschelig. Aber ein Trostort, dieser Platz neben der Tür. Wohin gehen. Wohin schauen. Auf wen hören.

Die ganze Welt ist irre, so kommt es mir vor. Es ist zu viel für ein kleines Menschengehirn. Manche ziehen sich zurück in ihr „happy home“ und finden, dass die derzeitigen Einschränkungen auch positive Seiten haben. Das hektische Lebenstempo ist verlangsamt, die wesentlichen Dinge des Lebens kommen stärker zum Vorschein, äußere Reize und Angebote fehlen.

Das finden andere zynisch. Wer viele Monate auf Kurzarbeit ist, wer seinen Job verloren hat, der hat existenzielle Sorgen. Und wer Arbeit hat, aber im Home Office zuhause sitzt, gemeinsam mit Kindern und tonnenschweren Lernaufträgen, dem fällt die Decke auf den Kopf. Jeder erlebt diese Krise anders. Aber jeder will raus. Endlich raus, zurück in die „Normalität“.

Überall Kälte. Seit Stunden sind wir am Eis. Der Altarm der Donau ist zugefroren, und meine Kinder rennen am Eis um die Wette, spielen Hockey mit Stöcken und Steinen und hacken Löcher, um die Eisdicke zu untersuchen. Die tausend Quadratmeter haben wir für uns alleine. Keiner da. Am Rand eilen gelegentlich Spaziergänger mit Hund vorbei, eingemummt in Schal und Mütze.

Ich habe das für uns als lebenswichtige Routine entdeckt: Hinausgehen, so oft es geht. Straße kehren. Eislaufen. In den Wald. Ein paar Höhenmeter zurücklegen, um Schnee zu genießen. Denn selbst, wenn ich das täglich mache, so fehlt mir diese Zeit nicht. Mein Tag erscheint mir viel länger als sonst. Jeden Abend grüßt das Murmeltier. Hier, bei mir.

Langweilig ist mir nie. Aber etwas fehlt. Die Wärme von Freundschaften, Gesprächen, absichtslosem Miteinander, Spiel und Spaß. Wir gewöhnen uns gerade daran, und das halte ich für gefährlich. Wer ein Bedürfnis hat und dieses über längere Zeit unterdrücken muss, der wird irgendwann dieses Bedürfnis nicht mehr spüren, sagt der Hirnforscher Gerald Hüther.

Ich spüre, wie eine eisige soziale Kälte in mein Leben kriechen möchte. Mittlerweise kann ich die Freunde an einer Hand abzählen, mit denen sich meine Kinder treffen können. Draußen, eh klar. Sie  gewöhnen sich. Noch fragen sie, ob wir wen einladen. Aber ich spüre, wie sie abstumpfen, je öfter eine Absage kommt.

An einem Vormittag sitzt ein Geschäftspartner meines Mannes im Büro. Der Katalog mit Kabeln und Steckern ist durchgeblättert, die Kinder trudeln zum Mittagessen ein. Er bleibt hier. Will nichts essen, aber reden. Das Thema Nummer eins geht ihm unter die Haut. „Weißt du, warum alle Gasthäuser zu sind, Hotels, Gastronomie, Bars?“, sagt er. „Weil das die Orte sind, wo die Leute sich austauschen, wo sie miteinander reden, wo sie Informationen kriegen, wo sie einander stärken“, sagt er. Wir löffeln Kartoffelgulasch, erzählen Witze und ich hole die Apfeltaschen aus dem Backrohr.

Abends chatte ich dann mit meiner Freundin und gebe ihr das Rezept von den Apfeltaschen. Wir schütteln die Köpfe über den ganzen Wahnsinn. Sie spielt mir ein Wiener Lied auf der Ziehharmonika vor und ich krame die Ukulele heraus und singe Leonard Cohens „Halleluja“. Wir lachen miteinander so laut, dass meine Kinder an die Tür klopfen und schreien „Mama, du bist so laut!“

Dabei waren wir beide deprimiert, an diesem Abend. „Wie gehst denn du um mit diesem Wahnsinn?“, fragt mich meine Freundin. Ich erzähle ihr von den kleinen Hobbits aus J. R. R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Frodo hatte keine Ahnung, wie er die Herausforderung meistern sollte. Er kannte anfangs weder die wahre Größe seiner Aufgabe noch den Weg. Den ging er dann, Schritt für Schritt, mit Freunden, Gefährten, Helfern.

Und die Israeliten fallen mir noch ein, an diesem Abend: Sie bekommen Manna für einen Tag. Nicht für zwei Wochen, damit sie sich sicher fühlen können mit ihren Vorräten. Nein, für einen Tag. Es sind harte Zeiten für sicherheitsliebende Menschen, die ihr Leben planen und alles im Voraus organisieren wollen.

„Ich habe auch keine Antwort“, gebe ich an diesem Abend zu. „Ich lebe einen Tag. Und dann den nächsten. Gott macht jetzt den Unterschied.“ Ja, jetzt ist der Moment, wo es ins Gewicht fällt, ob du Gott Raum gibst in deinem Leben oder eben nicht. Denn wenn du weißt, wer dein Schöpfer ist, wo du herkommst und wo du hingehst, dann fügen sich die Umstände deines Lebens ein in deinen Weg.

Dann wird dich vieles erschüttern, verwirren und manchmal wirst du verzagt sein. Aber sei ermutigt und blicke auf! Deine Heimat ist im Himmel! Gott hat dich in diese Welt gestellt, damit du seine Liebe verbreitest, auch in diesen Tagen. Du bist nicht alleine gelassen. Du hast Heimat. Dein Leben ist jetzt schon aufgehoben in der Ewigkeit.

Die wichtigste Zeit des Tages ist jene, wo du dich zurückziehst und still wirst und mit deinem Vater im Himmel sprichst. Sag ihm alles. Knalle ihm deine Angst hin, dein Grauen, deine Wut und deine Sorgen. Ihn haut nichts um. Er wartet darauf, dass du kommst, damit er dich mit übernatürlicher Kraft segnen und mit Schätzen aus der Ewigkeit beschenken kann, die diese Welt so sehr braucht.

Was wir sehen und erleben in dieser Welt ist nur die Spitze des Eisbergs. Nichts von dem bleibt, was du jetzt  siehst und erlebst. Eine Krisenzeit ist die beste Zeit, um in die Tiefe zu gehen, dein Herz fest zu verankern in der unsichtbaren Welt. Deine tägliche Zeit mit Gott schafft dir einen Ort, an dem du sicher, geschützt, heil, frei und getröstet bist. Fang jetzt an und hab Mut! Gott hat immer das letzte Wort.


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