Stat crux dum volvitur orbis

15. Jänner 2021 in Kommentar


Weder das Bistum Münster noch das Bistum Fulda sind der "Nabel der Welt", - dieser ist immer noch der Golgotha-Hügel - Gastkommentar von Pfarrer Winfried Abel


Fulda (kath.net)

Das Bistum Fulda hat also ein neues Logo. Dagegen ist prinzipiell nichts zu sagen. Ein Kreuz – ob fürstbischöflich oder neuzeitlich –: noch gilt der alte Grundsatz des Kartäuserordens "stat crux dum volvitur orbis" (fest steht das Kreuz, wenn auch der Erdkreis sich dreht).

Die öffentliche Präsentation des neuen Logos macht mich allerdings sehr nachdenklich. Das Bistum Fulda möchte – so die Einleitung zur Präsentation – Christus den Menschen näherbringen, spricht von "Zeichen der Zeit" und von einem "Kulturwandel" in der Kirche Deutschlands.

Wer einen Menschen zu Christus führen möchte, kommt wahrhaftig am Kreuz nicht vorbei. Das Kreuz ist die Logik oder das Logo Gottes. Es ist sogar die hohe Kanzel, von der Christus zu den Menschen predigt, - ER, der von sich sagt "Ich bin die Wahrheit".

Hier liegt nun das Problem der Präsentation. Das neue Logo steht offensichtlich für eine neue Logik. Die Bistumsleitung behauptet, die Zeit sei vorbei, in der man von hoher Kanzel herab zu den Menschen spricht. Sie propagiert eine "offene" Kirche. Doch was sollen wir unter "offen" verstehen? Halt! Die Autoren geben selbst die Erklärung mit den Schlagworten "Dialog" führen, sich "anderen Meinungen " und "alternativen Lebensmodellen" öffnen. Das erinnert mich an ein "Positionspapier zu Haltungen und Kompetenzen von Seelsorgerinnen und Seelsorgern", das das Bistum Fulda im Mai 2019 veröffentlichte, in welchem unter dem Stichwort "Geschlechtersensibilität" gefordert wird, andere Lebensmodelle "wertschätzend anzuerkennen".

Meine Frage: wozu braucht es dazu noch die Kirche?

Dann stimmt es mit der "Logik" des Kreuzes doch nicht so recht! Denn Jesus steht für eine Wahrheit, die unumstößlich ist. Die bischöfliche Präsentation des neuen Logos klingt mir so, als fordere sie IHN auf, von der Kanzel des Kreuzes herunterzusteigen und sich mit uns an einen runden Tisch zu setzen, um mit IHM einen Dialog der freien Meinungen zu führen. Ein solcher Dialog ist uns übrigens im Matthäus-Evangelium überliefert. Als Jesus den Jüngern bei Cäsaraea-Philippi sein Messiastum erklärte – Leiden, Sterben, Auferstehen –, nahm Petrus Jesus beiseite und führte mit IHM einen Dialog des Inhalts, das dürfe keinesfalls geschehen. Die Reaktion Jesu: den ER zuvor zum "Petrus" ernannt hatte, nennt ER nun "Satan". Die Begründung: "Du folgst nicht der Logik Gottes, sondern der Logik der Menschen"! (vgl. Mt.16,23).

Genau diese Logik nennt die Fuldaer Bistumsleitung in ihrer Präsentation des neuen Logos den "Kulturwandel". Dieser besteht darin, die Kirche nicht als göttliche Stiftung – Leib Christi! – zu verstehen, sondern als einen Konzern, der mit seinem "Markensymbol" (sic!) seine Identität (welche??) darstellt, beraten von einer weltlichen Marketingfirma, die auf diese Art Präsentation spezialisiert ist. Die Kirche mutiert zu einer Werte- und Dienstleistungs-Agentur.

Dass die fürstbischöflichen Zeiten, die das bisherige Wappen andeutete, vorbei sind, hat sich beim gemeinen Volk schon längst herumgesprochen. Um das zu wissen, braucht es kein fragmentiertes Kreuz als Symbol.

Das Kreuz als Fragment ist allerdings zu einem "Zeichen der Zeit" geworden. Als Ganzes ist es längst eine Zumutung. Deshalb gilt auch die Verkündigung ewig gültiger Wahrheiten als lästig und intolerant, denn die Botschaft von der Torheit des Kreuzes wird heute wie damals nicht ertragen bzw. kann mit der säkularen Denkart der vom "Heute geprägten" Menschen nicht konkurrieren. Also steigt man doch besser von der hohen Kanzel herunter und macht eine "offene Kirche". Genau betrachtet bedeutet eine "offene Kirche" die offenen Wunden Jesu sind, die wir IHM geschlagen haben?

Wir haben seiner Botschaft die Kraft genommen. Für Jesus gibt es nur eine Form von "Kultur-Wandel" – und diese heißt "Bekehrung"! Gemeint ist: Umdenken (Metanoia) von der Logik der Menschen zur Logik Gottes. Doch was haben wir aus dieser Botschaft gemacht?

Der große Kirchenvater Augustinus sagt: "Wenn du in den Evangelien nur das glaubst, was du magst, und das ablehnst, was du nicht magst, dann glaubst du nicht an das Evangelium, sondern nur an dich selbst."

Die Logik Gottes, die Torheit des Kreuzes, zu verkünden, erfordert allerdings Mut. Vor fünf Jahren wurde meine Haushälterin, eine Ordensschwester, am Tempelberg in Jerusalem aufgefordert, ihr Kreuz abzulegen. Sie hat es nicht getan, weil sie eine Kämpferin ist. Wenn aber schon Bischöfe ihr Kreuz am Tempelberg verstecken, dann spricht das tatsächlich für einen "Kulturwandel" in die falsche Richtung.

Das Kreuz ist fragmentiert. Und genau das symbolisiert das neue Bistumslogo.

Weder das Bistum Münster noch das Bistum Fulda sind der "Nabel der Welt", - dieser ist immer noch der Golgotha-Hügel! Deshalb gilt bis zum Ende der Welt das oben zitierte Logo der Kartäuser: "stat crux dum volvitur orbis".

Diese Gedanken sind nicht die verbitterten Äußerungen eines notorischen Nörglers, sondern eines Priesters, der 56 Jahre lange dem Kreuz gedient hat, - auch selbst dort als Sünder immer wieder Heilung und Vergebung finden und andere Menschen zu Christus führen durfte.

 

Foto: (c) Logo (c) Bistum Fulda/Screenshot


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