Benedikt XVI.: seit heute länger emeritiert als im Amt

11. Jänner 2021 in Chronik


Ein Rückblick auf die aufsehenerregenden Ereignisse der bisherigen „Zwei Päpste“-Zeit. Von Michael Koder


Linz (kath.net/mk) Am Sonntag, am 10. Januar 2021, schlug für den emeritierten Papst Benedikt XVI. eine besondere Stunde: er war nämlich 2873 Tage lang emeritiert, das sind genauso viele wie die Tage seiner Amtszeit, die von 19. April 2005 bis 28. Februar 2013 ging. Damit wird ihn der amtierende Papst Franziskus demnächst auch in der Dauer der Amtszeit überholen; dieser wurde am 13. März 2013 vom Konklave zum Papst erkoren.

Diese besondere Konstellation der in den Medien oft sogenannten „zwei Päpste“ hat in diesen 2873 Tagen immer wieder für Aufsehen gesorgt. Ein Rückblick über wesentliche Ereignisse:

Am 28. Februar 2013 verlässt Papst Benedikt XVI. kurz nach 17:00 Uhr, begleitet vom Glockengeläut des Petersdoms, den Vatikan mit einem Hubschrauber in Richtung seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo. Um 20:00 Uhr endet gemäß seiner Rücktrittserklärung sein Pontifikat.

Am 23. März 2013 stattet der zehn Tage zuvor gewählte Papst Franziskus dem nunmehr emeritierten Benedikt XVI. in Castel Gandolfo einen privaten Besuch ab. Damit kommt es erstmals seit über 700 Jahren zu einem Zusammentreffen zwischen einem emeritierten Papst und seinem Amtsnachfolger. Es gibt ein gemeinsames Gebet - auf derselben Bank -, einen Austausch und ein Mittagessen.

Bei der Heiligsprechung der beiden Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. durch Papst Franziskus am 27. April 2014 auf dem Petersplatz ist auch der emeritierte Papst unter den Kardinälen vertreten.

In einem in Absprache mit Papst Franziskus im April 2019 veröffentlichten Aufsatz anlässlich des Treffens der Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen der Welt macht Benedikt XVI. die Lockerung der Moral im Zuge der 68er-Bewegung für den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche mitverantwortlich. In dieser Zeit habe sich auch ein „Zusammenbruch der katholischen Moraltheologie“ ereignet, der Teile der Kirche „wehrlos gegenüber den Vorgängen in der Gesellschaft“ gemacht habe, so Benedikt XVI. In verschiedenen Priesterseminaren hätten sich „homosexuelle Clubs gebildet, die mehr oder weniger offen agierten und das Klima in den Seminaren deutlich veränderten“. „In einem Seminar in Süddeutschland lebten Priesteramtskandidaten und Kandidaten für das Laienamt des Pastoralreferenten zusammen. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten waren Seminaristen, verheiratete Pastoralreferenten zum Teil mit Frau und Kind und vereinzelt Pastoralreferenten mit ihren Freundinnen zusammen. Das Klima im Seminar konnte die Vorbereitung auf den Priesterberuf nicht unterstützen.“ Benedikt verwies auf die Notwendigkeit der Rückbesinnung von Gesellschaft und Kirche auf die grundlegenden christlichen Werte, die Liebe als wirkliche Gegenkraft gegen das Böse und die Eucharistie. Die Kirche als ganze schlechtzumachen, um eine von uns selbst gemachte besser zu schaffen, sei eine Lüge des Teufels.

Im Jänner 2020 erschien ein Buch von Kardinal Robert Sarah zum Thema Priesterweihe. Darin fand sich auch ein im Jahr zuvor verfasster Beitrag des emeritierten Papstes über den Zölibat, wo er dessen Notwendigkeit für die völlige Hingabe des Priesters an Gott bekräftigte. Der Zeitpunkt kurz vor Erscheinen des päpstlichen Schreibens zur Amazonassynode sowie die zunächst kolportierte Mitautorschaft von Benedikt riefen Missverständnisse hervor, die aber durch Erzbischof Gänswein ausgeräumt werden konnten.

Von 18. bis 22. Juni 2020 reiste der schon sehr gebrechliche emeritierte Papst unerwartet in seine alte Heimat Bayern. Er besuchte seinen Bruder Georg in Regensburg, dessen Gesundheitszustand ernst war. Georg Ratzinger starb wenige Tage später.

 


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