Wer ist Jesus Christus?

4. April 2004 in Spirituelles


Gedanken zum Palmsonntag von Dr. Josef Spindelböck - "Die Karwoche, in die wir jetzt eintreten, ist die Geschichte eines Sieges."


Wer ist dieser Jesus, von dem wir eben im Evangelium zum Einzug gehört haben, dass er auf dem Rücken eines Esels in Jerusalem eingezogen ist und von der Menge freudig begrüßt und bejubelt wurde? Wer ist dieser Jesus, der wenige Tage später im Garten von Gethsemani gefangen genommen wurde und den Aposteln und Jüngern dabei verbot, für ihn zu kämpfen? Wer ist dieser Jesus, der furchtlos vor Pontius Pilatus stand und auf seine Frage, ob er wirklich ein König sei, dies bejahte, doch zugleich hinzufügte, sein Reich sei nicht von dieser Welt?

Diese ganz grundlegende Frage, liebe Brüder und Schwestern, müssen wir uns stellen: jetzt zu Beginn der Karwoche und dann wenn wir das Leiden und Sterben sowie die Auferstehung Jesu feiern! Davon hängt unser Leben als Christen ab. Wüssten wir keine Antwort, wer Jesus Christus ist und wer er für uns ist, dann hätte sich unser christlicher Glaube bereits verflüchtigt.

Verlässliche Kunde von unserem Herrn Jesus Christus geben uns die Evangelien, die wir in Gemeinschaft mit der Kirche lesen. Diese Glaubensgemeinschaft erstreckt sich über die ganze Welt, sie ist wirklich umfassend, also „katholisch“. Sie umfasst auch die Menschen vor uns und jene nach uns. Verlässlich wird der Glaube der Apostel in der Kirche weitergegeben durch die Jahrhunderte; das Wort des Herrn hat auch uns erreicht und gibt uns Leben.

Nicht nur ein gewöhnlicher Mensch ist damals eingezogen in Jerusalem; nicht nur ein Prophet war er, und auch nicht ein bloß irdischer Messias und Heilbringer. Es war der menschgewordene Sohn Gottes, der Erlöser, der gekommen ist, um in Gnade und Wahrheit, in Liebe und Versöhnung sein ewiges Reich aufzurichten, das hier auf Erden schon seinen Anfang nimmt mit seinem Kommen, das aber doch nicht von dieser Welt ist, da es seine Vollendung erst finden wird am Ende der Welt.

Wie viele Menschen sind schon der Versuchung irdischer Macht erlegen und haben, kaum zur Herrschaft gelangt, andere Menschen unterdrückt und ganze Völker geknechtet sowie in Krieg und Unfrieden gestürzt! Wie ganz anders Jesus: Er ist sanftmütig und demütig von Herzen. Er ist nicht gekommen zu herrschen, sondern um zu dienen. Sein einziges Bestreben ist es, dass alle das Leben in Gott haben, dass alle sich zu Gott hinwenden, dass niemand für das ewige Leben verloren geht.

Welche Liebe begegnet uns im Erlöser! Er ist bereit, die Schmach des Kreuzes auf sich zu nehmen. Sein Königtum ist Zeugnis für die Wahrheit, auch und gerade im Leiden. Die ganze Unmenschlichkeit seiner Feinde tobt sich an ihm aus. Ja, wir müssen es sagen: Es ist das Geheimnis der „Bosheit der Welt“, das sich angesichts seines Leidens und Sterbens verausgabt bis zum Letzten, das scheinbar zu Triumph und Sieg gelangt, als der Herr am Kreuze erhöht stirbt, und das doch endgültig besiegt ist durch den leiblichen Tod dessen, der das Leben bringt!

Stellvertretend für die ganze sündige Menschheit, ja stellvertretend für uns alle – für Dich und für mich – hat der Herr sein Leiden und Sterben auf sich genommen. Man hat versucht, ihm sein Leben gewaltsam zu nehmen. Doch in Wahrheit hat er es hingegeben in der Freiheit der Liebe für uns. „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird!“ – „Das ist der Kelch meines Blutes, das für euch und die Vielen vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Jene Wahrheit des Glaubens feiern und bekennen wir als „Geheimnis des Glaubens“ immer dann, wenn wir Eucharistie feiern. Es ist die unblutige Erneuerung und Vergegenwärtigung des blutigen Opfers Christi am Kreuz, seines Todes und seiner Auferstehung!

Welche Gnade, welche Freude – das Leben triumphiert über den Tod! Die Karwoche, in die wir jetzt eintreten, ist die Geschichte eines Sieges. Die Liebe wird gekreuzigt, und gerade so überwindet sie alles Böse. Gehen wir den Weg geistig mit Christus, dem Herrn. Seine Mutter Maria, die ihn auch in Leiden und Kreuz nicht verlassen hat, möge auch uns dabei begleiten – der Herrlichkeit von Ostern entgegen!

Quelle:
www.stjosef.at


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