Das Gebet der frühen Kirche - die vier Koordinaten

25. November 2020 in Aktuelles


Franziskus: Existenz der Kirche zieht ihren Sinn und ihre Sendung allein aus ihrer Verwurzelung in Christus - "Wo ist beim Synodalen Weg das Gebet? Wo der Heilige Geist? Gute Absichten, ja, aber keine Kirche, keine Synodalität" - Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Nach ihrer Freilassung gingen sie zu den Ihren und berichteten alles, was die Hohepriester und die Ältesten zu ihnen gesagt hatten. Als sie das hörten, erhoben sie einmütig ihre Stimme zu Gott und sprachen: Herr, du hast den Himmel, die Erde und das Meer geschaffen und alles, was sie erfüllt. [...]Doch jetzt, Herr, sieh auf ihre Drohungen und gib deinen Knechten, mit allem Freimut dein Wort zu verkünden. [...] Als sie gebetet hatten, bebte der Ort, an dem sie versammelt waren, und alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und sie verkündeten freimütig das Wort Gottes“ (Apg 4,23-24.29.31).

Generalaudienz in Live-Streaming über Fernsehen und Internet aus der Bibliothek der ehemaligen Papstwohnung im Apostolischen Palast. In seiner Katechese setzt Papst Franziskus seine Katechesenreihe zum Gebet fort. Den 16. Teil stellte er unter das Thema: „Das Gebet der Kirche der Ursprünge“.

Die ersten Schritte der Kirche in der Welt waren vom Gebet geprägt, so Franziskus . Die apostolischen Schriften und die große Erzählung der Apostelgeschichte gäben uns das Bild einer Kirche zurück, die im Aufbruch sei, aktiv, die aber in den Gebetstreffen die Grundlage und den Impuls für missionarisches Handeln finde. Das Bild der frühen Gemeinschaft von Jerusalem sei ein Bezugspunkt für jede andere christliche Erfahrung.

Hier seien vier wesentliche Merkmale, Koordinaten des kirchlichen Lebens zu finden: das Hören auf die Lehre der Apostel, die Bewahrung der gegenseitigen Gemeinschaft, das Brotbrechen und das Gebet. Sie erinnerten uns daran, dass die Existenz der Kirche einen Sinn habe, wenn sie fest mit Christus verbunden bleibe. Predigt und Katechese legten Zeugnis ab von den Worten und Gesten des Meisters. Die beständige Suche nach brüderlicher Gemeinschaft bewahre vor Egoismus und Partikularismus. Das Brechen des Brotes bewirkt das Sakrament der Gegenwart Jesu in unserer Mitte. Er werde niemals abwesend sein, er lebe  und gehe mit uns. Und schließlich das Gebet: „der Raum des Dialogs mit dem Vater, durch Christus im Heiligen Geist“.

Das gemeinschaftliche Gebet gebe den Takt für die ersten Schritte der jungen Kirche vor. Die Apostelgeschichte berichtet, so der Papst, dass die ersten Christen in Jerusalem an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten festhielten.

Die beständige Suche nach Gemeinschaft schütze vor Egoismus. Der Herr werde in den Sakramenten gegenwärtig und das Gebet gebe Raum für den Dialog mit dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist. Diese Eigenschaften erinnerten daran, dass die Existenz der Kirche ihren Sinn und ihre Sendung allein aus ihrer Verwurzelung in Christus zieht.

Durch das Gebet und den Dienst der Sakramente in der Kirche könne der Heilige Geist in den Herzen der Christen wirken und sie tiefer in das Geheimnis Christi hineinführen. In der Haltung der Anbetung Gottes erkennten wir, dass Gott Liebe schenke und um Liebe bitte. Es sei nämlich der Heilige Geist, „der den Herzen die göttliche Liebe eingießt, das missionarische Wirken der Kirche allzeit beseelt und in ihr den Glauben an den Sohn Gottes wach hält, der uns zuerst geliebt hat und sich für uns hingegeben hat (vgl. Gal 2,20)“. Die Gemeinde „wird angeregt, hinauszugehen, zu verkünden und zu dienen“.

In dieser Hinsicht biete der Katechismus einen sehr dichten Ausdruck: „Die Gläubigen halten sich zunächst an die Gebete, die sie in der Schrift hören und lesen. Sie beziehen diese jedoch auf die Gegenwart. Dies gilt insbesondere von den Psalmen, die ja in Christus erfüllt sind [Vgl. Lk 24. 27. 44]. Der Heilige Geist, der seiner betenden Kirche Christus in Erinnerung ruft, führt sie auch in die ganze Wahrheit ein. Er regt an, das unergründliche Mysterium Christi, das im Leben, in den Sakramenten und in der Sendung der Kirche am Werk ist, neu in Worte zu fassen. Diese neuen Ausdrucksweisen entfalten sich in den großen liturgischen und geistlichen Überlieferungen. Die Gebetsformen, die in den kanonischen Schriften der Apostel weitergegeben werden, bleiben für das christliche Beten maßgebend“.

Das sei das Werk des Geistes in der Kirche: Jesus zu gedenken. Aber nicht als Gedächtnisstütze. Christen, die auf den Wegen der Mission gingrn, erinnertrn sich an Jesus, wenn sie ihn wieder gegenwärtig machten. Im Gebet „tauchen die Christen in das Geheimnis Gottes ein, der jeden Menschen liebt und wünscht, dass das Evangelium allen gepredigt wird. Gott ist Gott für alle, und in Jesus sind alle Mauern der Trennung endgültig eingestürzt“.

Gott „schenkt Liebe und bittet um Liebe“, so der Papst abschließend: es ist die mystische Wurzel allen gläubigen Lebens. Die ersten Christen im Gebet, aber auch wir, die wir einige Jahrhunderte später kommen, machen alle die gleiche Erfahrung. Der Geist belebt alles. Nur in der Stille der Anbetung kann man die ganze Wahrheit dieser Worte erfahren. Es ist das lebendige Feuer des Geistes, das dem Zeugnis und der Mission Kraft gibt“.

Die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum begrüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich grüße ich die Gläubigen deutscher Sprache. Die Lesungen und Gebete in dieser letzten Woche des Kirchenjahres weisen uns darauf hin, dass Jesus am Ende der Zeiten wiederkommt; und er kommt schon jetzt in den Kleinen und Bedürftigen, um uns einzustimmen auf die große Begegnung mit ihm in der Fülle. Der Heilige Geist begleite uns auf dem Weg dorthin!

Ergänzung: Papst Franziskus sagte wörtlich zum Synodalen Weg (zitiert nach "Vatican News")

Manchmal bin ich sehr traurig, wenn ich eine Gemeinschaft sehe, die guten Willens ist, aber in die falsche Richtung geht, weil sie glaubt, der Kirche mit Versammlungen zu helfen, als wäre sie eine politische Partei. Aber, die Mehrheit, die Minderheit, was halten Sie von diesem, jenem, dem anderen ... Und das ist wie eine Synode, ein synodaler Weg, den wir einschlagen müssen .... Ich frage mich: Wo ist der Heilige Geist dort? Wo ist das Gebet? Wo gibt es Gemeinschaftsliebe? Wo ist die Eucharistie? Ohne diese vier Koordinaten wird die Kirche zu einer menschlichen Gesellschaft, zu einer politischen Partei - Mehrheit, Minderheit - Veränderungen werden vorgenommen, als wäre sie ein Unternehmen, durch Mehrheit oder Minderheit ... Aber es gibt keinen Heiligen Geist. Und die Gegenwart des Heiligen Geistes ist genau für diese vier Koordinaten garantiert.

 Um eine Situation zu bewerten, ob sie kirchlich ist oder nicht, fragen wir uns nach diesen vier Koordinaten: Gemeinschaftsleben, Gebet, Eucharistie... wie sich das Leben in diesen vier Koordinaten entwickelt. Wenn dies fehlt, fehlt der Geist, und wenn der Geist fehlt, werden wir eine schöne humanistische Vereinigung sein, ein Verein der Nächstenliebe, des Guten, gut... sogar eine, sagen wir, kirchliche Partei. Aber die Kirche ist nicht da. Und aus diesem Grund kann die Kirche nicht durch diese Dinge wachsen: Sie wächst nicht durch Proselytismus, wie irgendein Unternehmen, sie wächst durch Anziehung. Und wer bewirkt die Anziehung? Der Heilige Geist. Vergessen wir nie dieses Wort Benedikts XVI.: Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, sie wächst durch Anziehung. Wo der Heilige Geist fehlt, und er ist es, was zu Jesus hinzieht, gibt es keine Kirche. Es gibt einen netten Club von Freunden, nun ja, mit guten Absichten, aber es gibt keine Kirche, es gibt keine Synodalität.

 


© 2020 www.kath.net