„Wortlaut der Interviewäußerung ist mir nicht bekannt, aber die Wirkung ist fatal“

22. Oktober 2020 in Aktuelles


„Die katholischen Gläubigen sind irritiert, die Feinde der Kirche fühlen sich vom Stellvertreter unseres Herrn Jesus Christus bestätigt, dessen Gottessohnschaft sie ablehnen.“ Von Kardinal Gerhard Müller


Vatikan (kath.net) Der genaue Wortlaut der wie so oft doppeldeutigen Interviewäußerung ist mir nicht bekannt. Aber die Wirkung aber ist fatal.

 

Die katholischen Gläubigen sind irritiert, die Feinde der Kirche fühlen sich vom Stellvertreter unseres Herrn Jesus Christus bestätigt, dessen Gottessohnschaft sie ablehnen. Statt theologischer und philosophischer Argumente der Vernunft zu gebrauchen, appelliert man an Gefühle, setzt also mit Sentimentalitäten die Rationalität des Glaubens Schachmatt.

 

Der Glaube hängt aber nicht ab von einer politischen Option im rechten oder linken Spektrum oder einer ideologischen Position zwischen Konservatismus oder Progressismus, sondern allein von der Wahrheit, die Gott selbst ist in seinem Wesen und im Wort seiner geschichtlichen Offenbarung.

 

Der Christ glaubt an Gott als die erste Wahrheit und anerkennt den Papst und die Bischöfe als Nachfolger Petri und der übrigen Apostel.

 

Papsttreue ist etwas anderes als götzendienerische Papolatrie ähnlich dem Prinzip, wonach der Führer oder die Partei immer Recht hat.
 

Wo es zu Spannungen kommt zwischen dem evidenten Wort Gottes und der unfehlbaren Auslegung einerseits und privaten Meinungsäußerungen auch höchster kirchlicher Autoritäten´, gilt immer der Grundsatz: in dubio pro DEO.

 

Das Lehramt dient dem Wort Gottes und steht nie über die Offenbarung. Das ist jedenfalls die gültige Lehre der Kirche über die Beziehung der Offenbarung Gottes in Christus zu dem ihm untergeordneten Lehramt.

 

Die vorliegende Äußerung ist eine rein private Meinungsäußerung, der jeder Katholik freimütig widersprechen kann und soll.

 

John Henry Newman (1801-1890), der berühmte Kardinal und einer der größten  Kirchenlehrer der Neuzeit, hat gesagt, dass noch schlimmer als die finanzielle Korruption in kirchlichen Organisationen und die moralische Korruption von Klerikern und führenden Laien die Korruption in Fragen der geoffenbarten Glaubenslehre ist. Das war und ist die Quelle aller Missstände und Skandale in der Kirchengeschichte.

 

Was ist kirchlicher Freimut oder die Freiheit eines Christenmenschen? Zwischen Papst und Bischöfen besonders den Kardinälen der heiligen römischen Kirche besteht analog das gleiche Verhältnis wie zwischen Petrus und den übrigen Aposteln. Paulus ist dem Petrus entgegengetreten, weil dieser durch zweideutiges Verhalten und Reden von der "Wahrheit des Evangeliums abgewichen war" (Gal 2, 14). Hieronymus, Augustinus und Thomas von Aquin stellen sich in ihrer Auslegung des Galaterbriefes inhaltlich auf die Seite des Paulus und loben Petrus für seine Demut, sich von seinem zurechtweisen zu lassen.

 

In der katholischen Kirche gilt – bezüglich von der Komplementarität der Geschlechter, von Ehe und Familie – das Wort Gottes in der definitiven Auslegung in Person und Sendung Christi, seines Sohnes, gegenüber den Pharisäern und damals und heute:" Habt ihr nicht gehört, dass der Schöpfer sie am Anfang männlich und weiblich geschaffen hat? Darum wird der Mann  Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die beiden werden ein Fleisch sein." ( Mt 19, 4).

 

Es gibt kein Recht auf Ehe und Familie, wenn nicht ein Mann und eine Frau gemäß ihrer von Gott geschaffenen  Natur frei in ihrem Gewissen und vor Gottes Angesicht zu einander sagen: Nur du und für immer - bis der Tod uns scheidet. Außerhalb der legitimen Ehe ist nach Gottes Willen jeder sexueller Vereinigung objektiv eine schwere Sünde – unabhängig von der subjektiven Schuld, die allein Gott kennt und dessen Vergebung wir uns immer und zu jedem Moment anvertrauen können.

 

Aber wir dürfen nicht frivol auf die Barmherzigkeit Gottes hin sündigen und statt uns von seinem Gnadengericht rechtfertigen zu lassen uns von dem Beifall entchristlichter Zeitgenossen in einem sündigen Handeln bestätigt zu sehen.

 

Der Katechismus der Katholischen Kirche unterscheidet klar zwischen der pastoralen Sorge und persönlichen Zuwendung zu Personen mit Tendenz zu Personen des gleichen Geschlechtes und der objektiven Beurteilung homosexueller Akte oder auch heterosexueller Handlungen außerhalb der Ehe, die im Widerspruch zum Gebot Gottes stehen. "Wer sagt, dass er in Ihm bleibt, muss auch einen Lebenswandel führen, wie ER ihn geführt hat." (1 Joh 2, 6).

 

Das Einhalten der Gebote Gottes ist ein Ausdruck der Liebe zu ihm und der Anerkennung ihrer heilenden Wirkung auf den Menschen. Statt sich mit Personen zu treffen, die sich in ihrer Haltung und falschem Denken sich von ihm bestätigt fühlen und vor aller Welt mit einem Bild des Papstes angeben, sollte der Papst sich mit dem Buch von Daniel Mattson beschäftigen und ihn zu einem Gespräch einladen. Er ist ein Amerikaner, der den Weg aus der Würdelosigkeit sexueller Promiskuität zu einem enthaltsamen Leben in der "Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes" (Röm 8, 21) gefunden hat.

 

Kardinal Gerhard Müller ist der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation.


Archivfoto Kardinal Müller (c) Michael Hesemann

 

Warum ich mich nicht als schwul bezeichne
Wie ich meine sexuelle Identität entdeckte und Frieden fand
Von Daniel C. Mattson
Vorwort von Kardinal Gerhard Müller
Taschenbuch, 384 Seiten
2020 Media Maria
ISBN 978-3-947931-17-0

Preis Österreich: 20.50 EUR
 


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