Die bösen Winzer

4. Oktober 2020 in Aktuelles


Franziskus: wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun? Das Gleichnis gilt für alle Zeiten, auch für unsere. Nach dem Angelus: Veröffentlichung der dritten Enzyklika „Fratelli tutti“. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist“: Angelus am siebenundzwanzigsten Sonntag im Jahreskreis, Festtag des heiligen Franz von Assisi, Tag der Veröffentlichung der dritten Enzyklika „Fratelli tutti“. Der Vatikan wünschte, dass alle Sprachausgaben denselben italienischen Titel vorweisen. Dies war bereits bei der Umweltenzyklika „Laudato si’ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus “ (2015) der Fall gewesen. Das neue Lehrschreiben ist die dritte Enzyklika von Papst Franziskus, die erste nach sechzig Monaten, was es seit fast 200 Jahren nicht mehr gegeben hat.

Wie schon seine zweite Enzyklika „Laudato si’“ – die erste, „Lumen fidei – Licht des Glaubens“ (2013), entstand in Teilen noch im Pontifikat von Benedikt XVI. – beginnt Franziskus das Schreiben mit einem Zitat seines Namenspatrons Franz von Assisi (1181/1182-1228): „Fratres omnes!“. Auch fällt die Veröffentlichung des aktuellen Schreibens am 4. Oktober auf den Festtag des heiligen Franziskus.

In seiner Ansprache vor dem traditionellen Mittagsgebet kommentierte Papst Franziskus das Evangelium mit dem Gleichnis von den Winzern (Mt 21,33–42.44.43).

Jesus, der seine Passion und seinen Tod vorhersehe, erzähle dieses Gleichnis von den mörderischen Winzern, um die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu warnen, die im Begriff seien, eine falsche Richtung einzuschlagen. Diese hätten in der Tat schlechte Absichten ihm gegenüber und suchten nach Wegen, ihn auszuschalten.

Die allegorische Geschichte beschreibe einen Herrn, der, nachdem er seinen Weinberg sehr gepflegt hatte, ihn verlassen und den Winzern anvertrauen müsse. Dann, zur Erntezeit, schicke er einige Diener, um die Früchte einzusammeln. Doch diese Winzer » packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie“. Der Herr schicke andere, zahlreichere Diener, die aber die gleiche Behandlung erhielten. Der Höhepunkt sei erreicht, als der Herr beschließe, seinen Sohn zu schicken: die Winzer hätten keinen Respekt vor ihm, im Gegenteil, sie dächten, dass sie den Weinberg übernehmen könnten, wenn sie ihn eliminierten, und töteten deshalb auch ihn.

Das Bild des Weinbergs stelle das Volk dar, das der Herr mit solcher Sorgfalt ausgewählt und geformt habe Die vom Herrn gesandten Diener „sind die von Gott gesandten Propheten, während der Sohn die Gestalt Jesu ist. Und so wie die Propheten abgelehnt wurden, so wurde auch Christus abgelehnt und getötet“.

Am Ende der Geschichte frage Jesus die Führer des Volkes: „Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun?“ (V. 40). Und sie, von der Logik der Erzählung ergriffen, sprächen von sich aus ihre eigene Verurteilung aus: er „wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist“ (V. 41).

Mit diesem sehr harten Gleichnis konfrontiere Jesus seine Gesprächspartner mit ihrer Verantwortung, und er tue dies mit äußerster Klarheit. Aber wir sollten nicht glauben, dass diese Mahnung nur für diejenigen gelte, die Jesus damals abgelehnt hätten: „Es gilt für alle Zeiten, auch für unsere. Auch heute noch erwartet Gott die Früchte seines Weinbergs von denen, die er zur Arbeit im Weinberg gesandt hat“.

In jedem Zeitalter könnten diejenigen, die in Gottes Volk eine Vollmacht hätten, versucht sein, ihre eigenen Interessen statt jene Gottes zu verfolgen. Doch der Weinberg gehöre dem Herrn, nicht uns. Die Vollmacht sei ein Dienst, und als solcher müsse sie zum Wohle aller und zur Verbreitung des Evangeliums ausgeübt werden.

Der heilige Paulus sage in der zweiten Lesung der heutigen Liturgie, wie wir gute Arbeiter im Weinberg des Herrn sein sollten: „Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht!“ (Phil 4,8). Auf diese Weise würden wir eine Kirche werden, die immer reicher an den Früchten der Heiligkeit werde, „wir werden dem Vater, der uns mit unendlicher Zärtlichkeit liebt, dem Sohn, der uns weiterhin das Heil schenkt, dem Geist, der unsere Herzen öffnet und uns zur Fülle des Guten treibt, Ehre erweisen“.

Nach dem Angelus ging der Papst auf die heutige Veröffentlichung seiner dritten Enzyklika ein. Franziskus hatte gewollt, dass dies auch mit der Wiederaufnahme der Print-Ausgabe des „L’Osservatore Romano“ zusammenfällt. Diese war aufgrund der COVID-19-Pandemie eingestellt worden. In den letzten Monaten hatte es die Zeitung nur on-line und als PDF-File gegeben. Die einzige noch ohne Unterbrechung regelmäßig gedruckte Ausgabe, die nie eingestellt wurde, war die deutsche Sprachausgabe, die in Deutschland vom Schwabenverlag gedruckt wird. Die neue Enzyklika erschien als Sonderbeilage der italienischen Tagesausgabe:

"Heute habe ich die Freude, euch, die ihr auf dem Platz – und auch außerhalb des Platzes – seid, die neue Enzyklika in der außerordentlichen Ausgabe des 'L’Osservatore Romano' zu überreichen. Und mit dieser Ausgabe beginnt wieder die Tagesausgabe des 'L'Osservatore Romano'. Der heiige. Franziskus möge den Weg der Geschwisterlichkeit in der Kirche, unter den Gläubigen aller Religionen und unter allen Völkern begleiten".

 

 


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