Öffnet die Tore für Christus!

3. Oktober 2020 in Spirituelles


Ein Appell, aus der Alltagsroutine neu aufzubrechen - Von P. Johannes Lechner csj / VISION2000


Wien (kath.net/VISION2000)

Habt keine Angst, Christus auf­zunehmen und Seine Herrschaft anzuerkennen „Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!“ Das sagte Papst Johannes Paul II. am 22. Oktober 1978. Hört man genau hin, so merkt man, dass der Papst nicht von allen mög­lichen Ängsten spricht, die Men­schen plagen können, sondern er spricht von dessen Angst, Chris­tus aufzunehmen. Der Zuruf des Papstes gilt also der Ermutigung, keine Angst vor Christus zu haben. Stellt sich also die Frage: Haben wir Angst vor Christus?
 

Dazu kommen mir zwei Gedanken: Das erste Mal, dass die Bibel von Angst spricht, da fürchtet sich der Mensch nicht vor wilden Tieren, Hungersnot oder Tod, sondern vor Gott. Gleich nach dem Sündenfall geschah es, dass Mann und Frau sich vor Gott versteckten, der nach dem Menschen rief: „Wo bist Du?“ Und der Mensch antwortete: „Ich habe Dich im Garten kommen hören, da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich.“

 

Es ist die erste Frage Gottes an den Menschen: Wo bist Du? Und diese Frage von Seiten Gottes ist wohl eher ein Frage der Sehnsucht als der Anklage. Der Mensch versteckt sich vor Gott aus Furcht vor seiner Nacktheit. Biblisch heißt das: wegen seiner Verletztlichkeit. Die erste Furcht in der Bibel ist also die Furcht vor Gott. Dies gilt auch für unsere Generation. Die Frage: „Wo bist du?“ ist heutig. Sie gilt dir, sie gilt mir, sie gilt uns. Jeder hat so seine Art, sich vor Gott zu verstecken. Jeder kann sich fragen, was er unternimmt, um sich vor Gott zu verstecken.

 

Der zweite Gedanke betrifft die Wirksamkeit dieses Wortes, das Johannes Paul II. an uns gerichtet hat. „Öffnet die Tore für Chris­tus!“ Er hat das in eine sehr angespannte Situation hineingesagt: die Zeit des Kommunismus, der Christenverfolgung im Osten von Europa. Papst Wojtyla hat – was auch alle Historiker anerkennen – daran mitgewirkt, dass das kommunistische Verfolgungsregime zusammengebrochen ist, der Osten sich geöffnet hat.

 

Andererseits hat sich in den letzten Jahrzehnten in Europa auch etwas verschlossen: Gerade Westeuropa verschließt sich vor Christus. Joseph Ratzinger hat das schon 1998 in einem Interview gesagt, dass die geistige Entwicklung dazu führt, dass Christsein, dass Glauben zu einer Entscheidung des einzelnen wird und nicht mehr von der Gesellschaft vorgegeben ist. Die Gesellschaft richtet sich nach vielen anderen Lebensformen aus. Es wächst ein Entscheidungschristentum heran, ein Minderheiten-Christentum – was übrigens nicht bedeuten soll, dass wir uns in ein Ghetto zurückziehen sollen. Denn wir haben eine Botschaft und eine Verantwortung für das Ganze.

 

Es ist eine nüchterne Feststellung: Die zeitgenössische europäische Kultur führt nicht zur Offenheit für Christus, für christliche Werte und Positionen. Im Gegenteil: Weltweit nimmt Chris­tenverfolgung zu – und  in Europa die Diskriminierung von Chris­ten. Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass bei uns unter verschiedensten Motivationen Kirchen geschändet werden. Ich habe das selbst in Genf erlebt, wo in einer Kirche der Tabernakel profaniert wurde – eine schreckliche Erfahrung. Oder dass Kirchen angezündet, Friedhöfe geschändet, Statuen der Gottesmutter oder Christi geköpft werden.

 

Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass es lebensgefährlich sein könne, zur Heiligen Messe zu gehen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn ein schwer bewaffneter Soldat mit Maschinenpistole vor der Kirche Saint Louis des Français, der französischen Hauptkirche Roms, steht. Die Offenheit für Christus nimmt in unserer westeuropäischen Gesellschaft ab. Und im gesellschaftlichen Diskurs muss diese Feindseligkeit gegen Chris­ten im Zusammenhang mit Diskriminierung thematisiert werden. Ich möchte einladen, das zum Thema zu machen. Wir können hier nicht schweigen.
 

Das Evangelium – ein Lebensquell


Der Aufruf „Öffnet die Tore für Christus!“ richtet sich nicht nur an die Gesellschaft, sie richtet sich auch an uns selbst. Haben wir Angst, Christus aufzunehmen? Ich muss mir diese Frage selber stellen: Habe ich Angst, Ihn aufzunehmen? Die meisten von uns sind sehr beschäftigte Menschen. Und da ist festzustellen: Sich auf Christus einzulassen, ist zunächst eine Zeitfrage. Es bleibt eine ständige Herausforderung, sich Zeit zu nehmen, um Ihn einzulassen.

 


Vielleicht sind wir auch etwas enttäuscht, weil sich unser Leben trotz unseres Glaubens nicht so entwickelt, wie wir es uns vorgestellt hatten. Vielleicht sind geistliche Aufbrüche, an denen wir teilhaben konnten, wieder versiegt. Vielleicht seid ihr müde wegen der Kirchenpolitik mit ihren Reformstreitereien oder zutiefst schockiert wegen der Fälle des Missbrauchs oder einfach müde, kraftlos, verzagt…

 

Euch möchte ich in einer ganz besonderen Weise sagen: Bitte, bleibt an der Quelle, lasst euer geis­tiges Leben nicht versiegen, nicht vertrocknen! Gerade dann ist es der Moment, sich Christus zu öffnen. Ich möchte euch innig einladen, zum Evangelium zurückzukehren.

 

Das Evangelium, sagt der heilige Franziskus, ist unsere einzige und wahre Lebensregel. Alles ist darin enthalten, um glücklich zu werden, um die Weisheit für unser Leben zu erlangen. Fangen wir noch einmal neu an mit Chris­tus! Nehmt ein Evangelium heraus, meditiert es und lest es mit eurem Leben. Lasst euch dabei helfen, aber verschließt euch nicht vor diesem Lebensquell! Christus hat Worte des ewigen Lebens für uns postmoderne Menschen. Es ist wichtig, die aktive und kontemplative Christusnachfolge weiterzuführen – nicht krampfhaft, aber indem man sich der Gnade aussetzt, die man Tag für Tag braucht. Vertraut, dass Chris­tus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Das wäre der erste, der zweite, der fünfzigste, der tausendste… Schritt zur Heiligkeit.

 

Augustinus sagt: Geh durch den Menschen zu Christus, und du wirst ankommen bei Gott. Und er fügt hinzu: Besser auf dem Weg zu humpeln als außerhalb des Weges kräftig voranzuschreiten. Denn wer auf dem Weg humpelt, nähert sich dem Ziel, auch wenn er nur wenig vorwärts kommt. Wer aber außerhalb des Weges läuft, entfernt sich vom Ziel umso mehr, je kräftiger er läuft.

 

Ich glaube, wir sind eine Gemeinschaft von Hinkenden, nicht von kraftvollen Athleten Christi. Aber das macht nichts, solange wir auf dem richtigen Weg sind. Christus ist unser Herr und Meis­ter. Der himmlische Vater spricht nur zweimal im Evangelium. Beide Male – bei der Taufe und bei der Verklärung – sagt Er eigentlich dasselbe: „Das ist mein geliebter Sohn. Auf Ihn sollt ihr hören!“ Haben wir dieses Wort des Vaters schon in unser Herz aufgenommen? Christus ist unser Lehrer. Mag sein, dass andere Lehrer, die in unserem Leben wichtig waren, uns enttäuscht haben oder nicht halten konnten, was sie versprochen hatten, dann gibt es einen, der wirklich der Meister ist: Christus.
 

Von Erfahrungen mit Christus erzählen

 

Es geht aber nicht nur darum, die Probleme zu sehen. Sondern viele werden schon die Erfahrung gemacht haben, dass die Begegnung mit Christus ein Freudenquell ist. Und da möchte ich einladen, dass ihr euch daran erinnert und die freudigen Momente mit Christus wieder aufleben lasst.

 

Ich habe nach Weihnachten eine Wallfahrt mit einer Familiengruppe aus Genf gemacht: Eltern mit erwachsenen Kindern auf den Spuren Jesu in des Heilige Land. Am Sylvester-Abend haben wir ein Dankgebet für das vergangene Jahr in Bethlehem in einer kleinen Kapelle gemacht. Bei dieser Gelegenheit habe ich eingeladen, einen Rückblick auf 2019 zu halten. Wer möchte, könne dann erzählen, wofür er dankbar ist, und wie er die Gegenwart Jesu in seinem Leben erkannt hat. Ich war überrascht, dass sich alle getraut haben, etwas zu erzählen, vor allem die Kinder.

 

Für die Eltern waren diese Glaubenszeugnisse der Kinder eine unglaubliche Erfahrung. Dabei waren die meisten Zeugnisse unspektakulär: Alltagssituationen. Meistens wurde die Gegenwart Christi inmitten von Schwierigkeiten und Herausforderungen sichtbar, indem Er die Situationen verwandelt hat. Solche Zeugnisse sind wohl die wirksamste Form der Christusverkündigung heute. Probiert das einmal auch in eurer Familie. Erzählt, wofür ihr dankbar seid und wo ihr die Gegenwart Christi erahnt habt!


Christus wieder neu entdecken

 

Das Zeugnis von Johannes, dem Täufer, beginnt mit dem Eingestehen seiner Unwissenheit. Es heißt in Joh 1,26: „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt.“ Und weiter (1,31): „Auch ich kannte Ihn nicht, aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit Ihm bekannt zu machen.“ Es ist ungeheuerlich: Gott in Menschengestalt ist da, mitten unter euch – und ihr erkennt Ihn nicht. Die Pharisäer studierten fortwährend die Schriften, in denen Christus angekündigt wurde, aber sie erkannten Ihn nicht.

 
Ich denke, das gilt ein Stück weit für uns, für die Heilige Messe, Seine Anwesenheit im Tabernakel in unseren Kirchen: Gott in der Gestalt des Brotes mitten unter uns – und wir erkennen Ihn nicht. Gott anwesend im Bruder, in der Schwester – und wir erkennen Ihn nicht. „Auch ich erkannte Ihn nicht,“ sagte der Täufer. Ich möchte, dass ihr euch dieses Wort aneignet. Dass ihr sagen könnt: Auch ich kannte Ihn nicht.  

 

Auch wenn Du schon seit Jahren dabei bist, Vorträge hörst, dich in die Evangelien vertieft  sowie Theologie studiert hast und meinst, schon viel zu wissen und große Erfahrung mit Christus gesammelt zu haben, dann brauchst du es umso mehr, dass du dir neu aneignest: Auch ich kannte,  kenne  Ihn nicht. Das ist ein Wort für uns. Was meine ich damit?

 

Dazu Folgendes: Ein guter Freund von mir in Genf hat ein Büchlein geschrieben über das neugierige menschliche Forschen. In diesem Buch gibt es einen Abschnitt über das unbekannte Unbekannte, der mich beeindruckt hat.

 

Angenommen du bist ein Oststeirer. Du kennst die Oststeiermark wie deine Westentasche und brauchst dort kein GPS. Das nennt man das bekannte Bekannte. Nun stelle man sich den Nordpol vor. Auch wenn du noch nie dort warst, weißt du, dass es ihn gibt, du hast vielleicht ein Video gesehen, aber du kennst den Nordpol nicht aus eigener Erfahrung, hast die Kälte nicht gespürt, weißt nicht, wie es dort riecht…

 

Das wäre dann das bekannte Unbekannte. Nun, das unbekannte Unbekannte ist das, was du dir nicht einmal vorstellst. Davon weißt du nichts, davon träumst du nicht, weißt nicht einmal, dass es das gibt. In der Christusnachfolge, so denke ich, liegt der größte Teil noch vor uns: als das unbekannte Unbekannte. Wir wissen noch nicht einmal, dass Gott so ist, so handelt, dass Er da gegenwärtig ist.

 

Wisst ihr, was das große unbekannte Unbekannte für uns ist? Es ist das Pascha-Geheimnis Christi, das Kreuz und der Weg Jesu vom Kreuz zur Auferstehung. Dafür haben wir keine menschlichen Kategorien, um es zu verstehen. Im Evangelium merkt man, wie das die Jünger total erschüttert hat in allen ihren Überzeugungen, über alle Kategorien, die sie vorher über Gott hatten. Da, wo das Kreuz in unser Leben tritt, sind wir vor dem unbekannten Unbekannten.

 

Ich möchte euch einladen, euch neu für das bekannte und das unbekannte Unbekannte in eurer Christusnachfolge zu öffnen, ihm Raum zu geben. Fangt bei allen Enttäuschungen, Desillusionierungen neu an, in die Tiefe seines Mysteriums einzutreten. Dann kann Er euch auch erklären: Musste nicht all das geschehen, musste der Menschensohn nicht all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit einzugehen?

 

Es gibt einen tieferen Sinn unserer Lebensgeschichte, einen tieferen Sinn der Kirchen- und der Weltgeschichte.

Verborgen in den Ereignissen des Lebens


Diese Wahrheit wird besonders gut illustriert im Gleichnis vom Weltgericht. Dieses feierliche Gleich­nis (Mt 25, 31-46) betrifft das Ende der Geschichte, Sein Kommen in Herrlichkeit. Der zentrale Punkt des Gleichnisses, der Höhepunkt der Erzählung ist die überraschte Reaktion der Menschen – dieselbe bei jenen links und rechts vom Menschensohn. Sie fragen: Herr, wann haben wir Dich hungrig gesehen und Dir zu essen gegeben oder durstig und Dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen…? Dieselben Fragen stellen jene, die das alles nicht getan haben. Die Überraschung ist universell.
Die Überraschung ist, dass der König das in der ersten Person sagt: Ich war hungrig, ich war durs­tig, ich war fremd… Und ihre Fragen beziehen sich auf ihre eigene Erfahrung: Herr, wann haben wir dich hungrig, durstig, nackt, krank… gesehen – wann haben wir das erlebt? Sie haben den Zusammenhang zwischen ihrer Erfahrung und der Person ihres Königs bisher in ihrem Leben noch nie hergestellt. Das ist genau das unbekannte Unbekannte.

 

Der Höhepunkt der Geschichte ist die Antwort des Königs, eine eschatologische Offenbarung, von der uns Christus berichtet, die Manifestation einer verborgenen Wahrheit: Amen, das sage ich euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr Mir getan. Ihre Aussage bezieht sich auf ihre historische Erfahrung, die in Bezug auf die Person Jesu neu definiert wird. Im Endgericht wird sichtbar, wie alle unsere Erfahrungen mit den Mitmenschen, alle unsere Begegnungen einen Christusbezug haben.

 

So weckt der Text in uns zumindest die Sehnsucht nach dieser neuen Wahrnehmung: einen neuen Blick auf unsere Wirklichkeit, auf unsere Lebensgeschichte, ja auf die Weltgeschichte zu werfen. Das Gleichnis hinterfragt uns: Steht unsere Erfahrung in enger Beziehung zum Menschensohn? Es ist eine echte Offenbarung. Jesus spricht in der ersten Person von Seinen Brüdern.
Die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse, die Verwundbarkeit und die Not des Nächsten galt letztlich Ihm. Er verbirgt sich in den Ereignissen. Er ist der tiefste Schlüssel zum Verständnis aller Ereignisse der Welt- und unserer Lebensgeschichte. Christus in der Person der Kleinen geheimnisvoll gegenwärtig. Jede Entscheidung, die für den in Not geratenen Nächsten getroffen wird, ist eine Entscheidung für Christus.
 

Die Tore für Christus in der Familie öffnen

 

Bei uns wird die Geschichte von den Siegern und den Mächtigen geschrieben. Bei Christus wird sie mit der Verletzlichkeit, mit der Bedürftigkeit geschrieben. Die Gegenwart Christi identifiziert sich konkret mit der Verletzlichkeit in der Geschichte. Und, wo immer diese in der Geschichte auftritt, da ist Er gegenwärtig. In den vielfältigen Prüfungen, die der Mensch erlebt, ist der Gekreuzigte anwesend, um die Möglichkeit der Auferstehung zu eröffnen. Jesus eröffnet diese Dynamik. Es ist klar, dass dies eine soziale Dimension hat, um uns anzuspornen, uns für die Notleidenden zu öffnen.

 

Mir scheint aber, dass der erste Ort, von dem das Gleichnis spricht, die Familie ist. Denn die Familie ist der Ort der Menschlichkeit, der Bedürftigkeit und der Verwundbarkeit. Das beginnt bei den Ehepaaren. Niemand kennt so sehr eure Verletzlichkeit und Verwundbarkeit wie euer Ehepartner. Ein lieber Freund hat mir bei seiner Silberhochzeit auf meine Frage: „Was war bei euch das Schönste und das Schwierigste in diesen 25 Jahren?“, gesagt: „Das Schönste, dass ich zu mir selbst gefunden habe, und das Schwierigste: Obwohl man weiß, wo der andere besonders verletzlich ist, dies im Streit nicht auszunützen.“ In der Bedürftigkeit des Mannes und der Frau ist Christus verborgen.

 

Ähnlich beim Empfangen eines Kindes, das klein, verletzlich und angewiesen ist: Mit jedem Kind empfängt eine Familie etwas vom Mysterium Christi. Und jene Akte der Barmherzigkeit, den Hungrigen zu essen, den Durs­tigen zu trinken zu geben, die Nackten zu bekleiden, die Kranken zu pflegen, also die elementaren Bedürfnisse zu stillen – tun das nicht die Väter und die Mütter? Manchmal habt ihr den Eindruck, ihr kommt zu nichts anderem, weil die ganze Zeit damit ausgefüllt ist, auf die Bedürfnisse der Kleinen einzugehen. Habt ihr schon daran gedacht, dass dies zutiefst ein Dienst an Christus ist?


Und auch die geistigen Werke der Barmherzigkeit sind zuerst Spiritualität der Familie: Irrende zurechtweisen, Unwissende lehren, Zweifelnden zu raten, Trauernde zu trösten, Lästige zu ertragen (mit dem Wissen, dass man selbst für andere auch lästig ist), denen, die uns beleidigen, gern verzeihen, für Tote zu beten… Genau das ist doch das Leben einer Familie. Den bedürftigen Menschen, den habt ihr bei euch zu Hause. Die Familie ist der privilegierte Ort der Gegenwart Gottes unter uns.

 

Habt ihr schon die Beziehung hergestellt zwischen der Bedürftigkeit der Menschen eurer Familien und dem großen Ich Christi? Jesus ist in allen unseren Begegnungen auch gegenwärtig. Und oft werde ich das erst zeitverzögert, im Nachhinein in einer vertieften Schau, im Glauben erkennen. Dann können wir entdecken, dass das innere Geheimnis unserer Begegnungen Christus ist. Genauso wie der heilige Martin erst, nachdem er seinen Mantel geteilt hatte, in seinem Traum sieht, dass Jesus mit der Hälfte seines Umhangs bekleidet ist.

 

So möchte ich euch einladen, die Tore für Christus in eurer Familie zu öffnen.

 

P. Johannes ist Mitglied der Gemeinschaft des hl. Johannes. Er lebt in Rom und ist Prior des dortigen Priorats. Der Text ist ein redigierter Auszug aus seinem Vortrag am Jungfamilientreffen 24.7.2020 in Pöllau


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