Montenegro: Metropolit Amfilohije erneut von Polizei verhört

25. Juni 2020 in Weltkirche


Serbisch-orthodoxe Kirche hatte wegen Coronavirus-Pandemie unterbrochene Kreuzprozessionen im Widerstand gegen umstrittenes neue Religionsgesetz wieder aufgenommen


Podgorica (kath.net/KAP) In Montenegro ist der serbisch-orthodoxe Metropolit Amfilohije (Radovic) erneut von der Polizei wegen angeblicher Missachtung des Versammlungsverbots im Zuge der Corona-Pandemie verhört worden. Der 83-jährige Metropolit sei am Montag sechs Stunden lang auf dem Polizeipräsidium in der Hauptstadt Podgorica befragt worden, wie der Pressedienst der Serbisch-orthodoxen Kirche mitteilte. Zuvor hatte die serbisch-orthodoxe Kirche in Montenegro am Wochenende in mehreren Städten die wegen der Coronavirus-Pandemie unterbrochenen Kreuzprozessionen im Zeichen des Widerstands gegen das umstrittene neue Religionsgesetz wieder aufgenommen.

 

Metropolit Amfilohije selbst war am Sonntag an der Spitze einer großen Prozession durch die Straßen Podgoricas gezogen. Danach sagte der Metropolit vor Journalisten: "Die Menschen haben sich friedlich versammelt, vor allem, um den Namen Gottes zu loben und die von den Vorfahren ererbten Heiligtümer zu verteidigen. Sie verlangen, dass die Regierung auf die illegalen Teile des neuen Religionsgesetzes verzichtet, mit denen die Würde Montenegros, die Würde des Parlaments, die Würde des Volkes verletzt wird".

 

In Montenegro untersagen die Behörden wegen der Pandemie nach wie vor öffentliche Veranstaltungen mit mehr als 200 Teilnehmern. Vor der Prozession wurde nach Kirchenangaben ein Akathistos gebetet und eine Botschaft Amfilohijes verlesen. Darin seien Prozessionsteilnehmer ausdrücklich aufgefordert worden, den Corona-bedingten staatlichen Vorschriften zu entsprechen.

 

Als angeblicher "Organisator" der Prozession wurde der Metropolit anderntags in das Polizeipräsidium in Podgorica vorgeladen. Kleriker und Laien versammelten sich derweil in kleinen Gruppen vor dem Polizeigebäude, berichteten lokale Medien. Die Rechtsvertreter Amfilohijes warfen u.a. dem Staatsanwalt "unprofessionelles" Verhalten vor und mutmaßten, die Befragung habe wegen "Anordnungen von höherer Stelle" stattgefunden. Einer der Anwälte sprach von einer "Schande für die Regierung",

 

Der serbisch-orthodoxe Metropolit war bereits Mitte April in der orthodoxen Osterwoche von der montenegrinischen Polizei vorgeladen und verhört worden. Zuvor hatte er in Cetinje das Begräbnis eines bekannten Historikers gehalten. Die staatlichen Quarantäne-Maßnahmen würden religiöse Riten nicht untersagen, sagte Amfilohije damals. Es sei daher offensichtlich, dass ein Vorwand gesucht werde, um Repräsentanten der Kirche als "gesellschaftlich unerwünschte Gruppe" erfolgen zu können.

 

Die Spannungen zwischen der in Montenegro dominierenden, Belgrad unterstellten serbisch-orthodoxen Kirche und der Politik in Montenegro nahmen in den vergangenen Monaten immer weiter zu. Hintergrund ist u.a. ein umstrittenes neues Gesetz zur Registrierung kirchlicher Gebäude und Immobilien. Die serbisch-orthodoxe Kirche steht in Montenegro in einem Konkurrenzverhältnis zur neuen autonomen montenegrinisch-orthodoxen Kirche (MOK), die von der aktuell politisch Verantwortlichen in Podgorica unterstützt wird.

 

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