Bischof von Regensburg: Corona-Beschränkungen nicht antikirchlich motiviert

29. Mai 2020 in Deutschland


Synodaler Weg: Trotz des sehr eindeutigen Briefes von Papst Franziskus ist es nicht gelungen sei, die Themen „Evangelisierung“ oder „Glauben" ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken


Regensburg (kath.net)

Bischof Rudolf Voderholzer, der Regensburg, hat in einem Interview mit der "Petrusbruderschaft" die Corona-Maßnahmen der deutschen Bischöfe verteidigt. Diese seien nicht antikirchlich motiviert, sondern schlicht notwendig gewesen. "Ob die Kirche angemessen reagiert hat, wird man erst aus der Rückschau und auf der Basis eingehender Analysen der verschiedenen Regionen und Bereiche sagen können. Soweit ich einen Überblick habe, muss ich sagen, dass die Priester und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit großem Engagement und Einfallsreichtum auf die Situation geantwortet haben." Für Vorderholzer gibt es die begründete Vermutung, dass dieses Jahr die Osterbotschaft vielleicht so viele Menschen wie schon lange nicht mehr erreicht hat. Das zeigen laut dem Bischof die Aufrufzahlen der Internet-Gottesdienste und die Einschaltquoten der Fernsehübertragungen waren erstaunlich hoch. Internet- und Fernsehgottesdienste seien aber nur ein Notbehelf in Ausnahmesituationen und Ausnahmezeiten.

 

Voderholzer freut sich, dass die langjährigen Bemühungen gerade im Bistum Regensburg um die Förderung der „Hauskirche“ (gemäß Lumen gentium 11) sich nun als sehr hilfreich erwiesen haben.  "Als Vergleich für diese extreme Ausnahmesituation kann man vielleicht die Katholiken Japans heranziehen, die nach dem Verbot aller „fremden“ Religionen in Japan 1614 sage und schreibe 250 Jahre im Untergrund ohne Sakramente durchgehalten haben. Sie lebten von der Sehnsucht nach dem Sakrament ebenso wie die Frauen, die ich in meiner ersten Kaplans-Stelle in Traunreut kennenlernen durfte, russlanddeutsche Spätaussiedler, die nach dem Krieg als Witwen mit ihren Kindern hinter den Ural verbannt, unter schwierigsten Verhältnissen leben mussten, aber mit den ihnen aus dem Kirchenchor vertrauten Liedern und ihrem Katechismus-Wissen ihr christliches Leben bestanden und sich über die Maßen freuten, wenn einmal im Jahr ein Priester zu ihnen kam."

 

Die staatlich verordneten Beschränkungen waren laut Voderholzer nicht kirchenfeindlich. "Mehr Sorgen macht mir, dass sich in unserem Land auch in der Politik eine Mehrheit jenseits von grundgesetzlich verankerten Grundüberzeugungen formiert, wenn ich nur an das Ehe-Verständnis denke oder die Fragen des Lebensschutzes. Wir erleben eine Erosion des christlichen Menschenbildes in der Öffentlichkeit und jeder Versuch, sich für christliche Grundüberzeugungen (z. B. Unverfügbarkeit des Lebens, Familie basierend auf Ehe zwischen Mann und Frau, …) einzusetzen, steht in Gefahr, als „rechtspopulistisch“ abgestempelt und so quasi kriminalisiert zu werden." betont Voderholzer, der dann auch daran erinnert, dass noch am Aschermittwoch das BVG das Verbot organisierter Beihilfe zum Suizid mit Hinweis auf die überragende Bedeutung der Autonomie des Menschen gekippt hat, aber keine vier Wochen später in Deutschland mit Rückendeckung desselben BVG Versammlungsfreiheit, Reisefreiheit und Freiheit der öffentlichen Religionsausübung in einer Weise beschnitten werden, wie es selbst in Zeiten schlimmster Diktatur nicht geschah. Voderholzer zeigte sich aber erschrocken, dass die Kirche von bestimmten Regierungskreisen als nicht „systemrelevant“ eingestuft werde.

 

Angesprochen auf den Synodalen Weges meinte Voderholzer, dass  trotz des sehr eindeutigen Briefes von Papst Franziskus vom 29. Juni 2019 es nicht gelungen sei, die Themen „Evangelisierung“ oder „Glauben angesichts der Herausforderungen einer säkularisierten Welt“ ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, weil eine Mehrheit auch der Bischöfe in Deutschland die Auffassung vertrete, erst müssten die hinlänglich bekannten Themen „Macht und Partizipation“, „Priesterliche Lebensform“, „Ämter für Frauen in der Kirche“ und „Katholische Sexualmoral“ bearbeitet und mit neuen Antworten versehen werden. Der Bischof verwies in dem Zusammenhang auf die anderen kirchlichen Gemeinschaften, wo all die katholischen vermeintlichen Glaubenshürden nicht bestehen.

 

Interview in voller Länge:  http://petrusbruderschaft.de/pages/themen/bruderschaft/interview-bischof-voderholzer.php


© 2020 www.kath.net