Kuba: Ricardos Traum. In Havanna entsteht eine dem hl. Johannes Paul II. geweihte Kirche

18. Mai 2020 in Weltkirche


Am Stadtrand von Havanna entsteht eine dem heiligen Johannes Paul II. geweihte Kirche


München-Wien (KIN)

Tränen treten in die Augen von Ricardo Mínguez, wenn er über seinen Lebenstraum spricht – aber auch von den Nöten und Leiden, die er dafür durchlebt hat. Denn es sind bereits mehr als 25 Jahre des Wartens vergangen. Viele von denen, die dieses Abenteuer begannen, „haben das Land verlassen oder sind nicht mehr unter uns“, erinnert sich der Kubaner. Ricardo spricht über die katholische Gemeinde in Reparto de Guiteras, die 1993 im Hinterhof eines Privathauses am Stadtrand der kubanischen Hauptstadt Havanna entstand.

 

Reparto de Guiteras ist ein sogenannter „Volksbezirk“, acht Kilometer von der Altstadt Havannas entfernt. Es ist eines der nach der kubanischen Revolution aus dem Boden gestampften Stadtviertel. 30 000 Menschen leben dort. Hier wird zurzeit Ricardos Traum wahr: eine Kirche, in der sich die aus etwa 100 Gläubigen bestehende Gemeinde versammeln kann.

 

Zweiter Kirchenneubau nach der kommunistischen Revolution

 

Es wird die erste Kirche in Havanna sein – und die zweite im ganzen Land –, die nach der kommunistischen Revolution im Jahr 1969 auf einem vom Staat zur Verfügung gestellten Grundstück gebaut wird. Sie ist dem heiligen Johannes Paul II. geweiht, dessen Reise nach Kuba 1998 einen Wendepunkt für die Kirche in dem Karibikstaat darstellte. „Möge sich Kuba der Welt öffnen, und möge sich die Welt für Kuba öffnen“, sagte der polnische Papst damals.

 

„Vor mehr als einem Vierteljahrhundert konnte man noch kaum über katholisches Leben sprechen, aber wir haben uns zusammengetan und sind gewachsen“, erinnert sich Ricardo Mínguez. „Wir haben immer für die Möglichkeit gebetet, ein Stück Land für den Bau einer Kirche zu bekommen. Es gab viele Schwierigkeiten aller Art, aber am Ende gab Präsident Raúl Castro seine Unterschrift,

 

Die letzte Hürde ist die Corona-Pandemie; sie hat die Arbeiten verlangsamt. Außerdem erlauben es die behördlichen Bestimmungen der Gemeinde nicht, am 18. Mai den 100. Geburtstag Johannes Pauls II. zu feiern, da seit Ende März alle liturgischen Feiern abgesagt sind. Wenn jedoch die Kubaner an irgendetwas gewöhnt sind, dann ist es, trotz der Widerstände nicht aufzugeben.

 

Gottesdienst in der Wellblechhütte

 

Ricardo ist der Küster des provisorischen Kapelle, nicht mehr als eine nach vorne offene Blechhütte mit Seitenwänden, die Schutz gegen den Wind bieten. Dieser derzeit von den Gläubigen genutzte Bau steht auf dem Grundstück, auf dem die Kirche gebaut wird. Während er das Bild des Barmherzigen Jesus aufhängt, dem Kirche und Gemeinde ebenfalls geweiht sind, sagt er: „Hier feiern wir bereits alle Gottesdienste, die wir später in der Kirche halten werden: Hochzeiten, Erstkommunionen, Taufen. Wir treffen uns jeden Sonntag zum gemeinsamen Gebet. Ich komme als Erster, um alles vorzubereiten: Ich stelle den Altar auf, die Bilder, die Stühle ...“

 

Daneben wächst die neue Kirche empor. Von einfacher Struktur und lediglich 335 Quadratmetern Fläche, scheint es ein kleiner „architektonischer David“ zu sein, im Vergleich zu den zwei riesigen Gebäuden in der Nachbarschaft, die nach dem Triumph der Revolution als eine Art Schlafstadt errichtet wurden. Aus den hunderten Wohnungen beobachten die Menschen den Fortschritt der Arbeiten.

 

Ricardo kann es kaum erwarten: „Nach so vielen Opfern werden wir sehr glücklich sein. Die Arbeiten wurden durch mehrere Wirbelstürme und einen Hurrikan verzögert, ganz zu schweigen von den enormen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Baumaterialien. Aber wir sehen, dass der Traum fast verwirklicht ist“, erklärt er beim Treffen mit Vertretern von „Kirche in Not“, das vor Beginn der Pandemie stattfand. Das weltweite päpstliche Hilfswerk gehört zu den Unterstützern des Kirchenbaus.

 

Viele Schwierigkeiten – viel Solidarität

 

Der Küster weiß noch ganz genau, wer die aufstrebende Kirchengemeinde unterstützt hat: „Der Kardinal gab uns zwanzig weiße Stühle. Ein Diakon brachte sechs gebrauchte Kirchenbänke; andere haben die Altartücher zur Verfügung gestellt. Ich gehe auf die Suche und bekomme zum Beispiel alte Stühle geschenkt, die ich dann verschraube und repariere. So haben wir wenigstens Sitzplätze für alle. Niemand muss stehen. An den großen Festen kommen viele zusammen; bei den Sonntagsgottesdiensten sind wir 70 bis 80 Personen.“

 

Was Ricardo nicht weiß: Die Finanzierung des Kirchenbaus war ebenfalls hart und mühsam. In den Kirchenbau floss auch Material ein, das für den Bau der Altarinsel beim Kuba-Besuch von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2012 verwendet wurde. Dazu kam die Hilfe durch verschiedene katholische Organisationen, darunter „Kirche in Not“, das gerade weitere Mittel für die Fertigstellung des Baus zugesagt hat.

 

Die Grundsteinlegung für den Kirchenbau erfolgte am 18. März 2015 durch den mittlerweile verstorbenen Erzibschof von Havanna, Jaime Kardinal Ortega. Ricardo erinnert sich: „Als er kam, hatten wir nichts. Aber wie der Papst, der dorthin geht, wo er gebraucht wird, so kam auch der Kardinal hierher, als wir nicht mehr hatten als einen leeren Hinterhof“.

 

Ricardo Mínguez blickt auf ein einsatz- und entbehrungsreiches Leben im Dienst für die katholische Kirche am Stadtrand von Havanna. „Manche Leute halten uns für verrückt, weil der Bau uns so viel abverlangt“, erzählt der Küster unbeirrt. „Aber das Land muss sich weiterentwickeln und neue Dinge tun. Wir brauchen die Kirche, und sie wird kommen.“

Von Maria Lozano, „Kirche in Not“ International

 

Foto: Die im Bau befindliche neue Kirche. Sie wird dem heiligen Johannes Paul II. geweiht sein. © Kirche in Not


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