"Ihr Brief ist polemische Hetze!"

4. Mai 2020 in Jugend


"Die Wahrheit des Glaubens als Schimpfwort zu verwenden finde ich nicht nur dreist, sondern eines Ordensmannes gänzlich unwürdig." - Offener Brief des 20-jährigen Constantin Mucha an Salvatorianer-Pater Erhard Rauch zu #Corona-Gottesdienstverboten


Wien (kath.net)
Sehr geehrter Pater Erhard Rauch!

Mein Name ist Constantin Mucha und ich bin ein 20-jähriger Katholik. Ich würde gerne auf Ihre Stellungnahme auf der Website der Salvatorianer bezüglich der CoVid-19-Gottesdienstverbote antworten. Diese Antwort soll versuchen Ihre Argumente kritisch zu hinterfragen und wird auch meine persönliche Meinung zu den Gottesdienstverboten deutlich zum Vorschein bringen.

Gleich zu Ihrer Überschrift „»Wahrer« Glaube oder Hausverstand“, damit tun Sie so, als ob es schlecht wäre, wenn Menschen der Meinung sind, dass sie nach dem wahren Glauben streben. Auch im Verlauf Ihres offenen Briefes verwenden Sie immer wieder – leider eigentlich immer abwertend – den Begriff „wahre Gläubige“. Dies finde ich sehr traurig, weil in der Kirche geht es seit zwei Jahrtausenden um Wahrheit und was der wahre Glaube ist, denn für uns ist es alles andere als irrelevant, ob jemand glaubt Jesus ist wahrer Gott und wahrer Mensch oder nicht. Nur um hier ein Beispiel zu bringen. Die Wahrheit des Glaubens als Schimpfwort zu verwenden finde ich nicht nur dreist, sondern eines Ordensmannes gänzlich unwürdig.

Nun zu den Behauptungen, die Sie aufgestellt haben. Gleich ganz am Anfang Ihres Briefes kritisieren Sie eine Einstellung die ich Fideismus nennen würde, also nur Glaube, kein Verstand. Diese Einstellung ist natürlich abzulehnen und hat in der katholischen Kirche nichts zu suchen, da es bei uns immer um ein Zusammenspiel von Glaube und Vernunft geht. Aber diese Einstellung bemerke ich bei der von Ihnen angesprochenen Personengruppe nicht, nehmen wir zum Beispiel das Video, auf das Sie sich indirekt beziehen. Darin bitten junge Katholiken die Bischöfe, öffentliche Hl. Messen wieder zu erlauben, allerdings nicht einfach so, wie sie vor der Coronavirus-Pandemie stattgefunden haben, sondern diese Gläubigen stellen sich explizit zur Verfügung, um alles Menschenmögliche zu tun, damit das Ansteckungsrisiko möglichst gering bleibt. Ihnen sind die andern Menschen nicht egal, sondern gerade aus Rücksicht auf die Schwächeren unserer Gesellschaft wollen sie helfen, indem sie Ordnerdienste versehen, beim Desinfizieren der häufig benutzen Stellen helfen usw. Dass Sie – als Priester und damit als Stellvertreter Christi – diese großartigen Menschen als „verantwortungslos und unsolidarisch“ bezeichnen, finde ich einfach nur abscheulich. Denn diese Christen sind nicht nur bereit, Verantwortung zu übernehmen und sich mit den Schwächeren der Gesellschaft solidarisch zu zeigen, sondern sie setzen auch ihren Verstand ein, um an den bestmöglichen Lösungen mitzuarbeiten.

Beschäftigen wir uns jetzt mit Ihrer Kritik, warum Gläubige sich darüber beschweren, dass ihnen der Zugang zu den Sakramenten faktisch verwehrt wird. Nun diese Situation ist absolut neuartig: Nicht mehr weltliche Herrscher verbieten den Christen, die Heilige Messe zu feiern, sondern die eigenen Bischöfe verbieten die öffentlichen Messfeiern. Natürlich löst diese Situation bei vielen Gläubigen ein großes Unverständnis aus und sie fragen sich, was nun das Beste sei: Einfach nur abzuwarten und zu beten, dass es bald wieder möglich ist die Sakramente zu empfangen oder die Bischöfe inständig zu bitten dies wieder möglich zu machen. Ein dritter Weg wäre auch einfach, die Bestimmung der Bischöfe zu ignorieren und ungehorsam zu sein, indem man versucht, irgendwie an die Sakramente heranzukommen. Besondere Zeiten brauchen besondere Maßnahmen, diese Phrase ist in den letzten Tagen wohl sehr oft gefallen, und genau das gilt auch für den Schrei der Sehnsucht von Katholiken nach den Sakramenten. Selbstverständlich hat niemand von uns ein Recht auf Sakramente, aber genausowenig haben die Bischöfe das Recht, die Sakramente gänzlich einfach den Gläubigen zu verwehren, ohne eine ausreichende Begründung darzulegen, warum Baumärkte wichtiger und sicherer sind als die Spendung der Sakramente.

Leider fehlt bei Ihrer Behauptung, dass „ein großer Ansteckungsherd von einer kirchlichen Gruppe ausgegangen, die es ja besser gewusst hat“, jegliche Angabe von Quellen, so dass es mir nicht möglich war, dies in irgendeiner Art und Weise zu verifizieren oder zu falsifizieren. Denn gerade bei dieser Behauptung wäre es sehr interessant, ob diese Christen irgendeine Art von Sicherheitmaßnahmen getroffen haben, oder nicht. Wenn Sie allerdings keine Quellen angeben, ist leider der Verdacht gegeben, dass diese Behauptung unter Angstmache einzuordnen ist, die ja leider auch unsere Regierung möglicherweise bewusst betrieben hat (siehe das geleakte Sitzungsprotokoll).

Sie sprachen davon, dass diese Menschen, die ihre Sehnsucht nach der Heiligen Messe ausdrücken, überheblich seien, da sie von „unseren“ Heiligen Messen sprachen. Vielleicht haben Sie Recht und diese Wortwahl ist etwas unglücklich, aber wer sagt, dass diese Christen dieses Pronomen egoistisch nur für sich gemeint haben? Denn ich glaube, dass diese Katholiken es im Sinne einer in diesen Tagen (ab und zu wohl etwas zu viel) zitierten Stellvertretung gemeint haben. Also „unsere“ im Sinne der ganzen Kirche gehörig. Und Sie können wohl schwer abstreiten, dass Jesus Christus seiner Kirche die Allerheiligste Eucharistie geschenkt hat, und damit „gehört“ sie der Kirche im weitesten Sinne, aber der ganzen Kirche und das sind nicht nur die Kleriker. Das ist nämlich auch so ein Punkt, den ich nicht ganz verstehe: Wie wollen die Bischöfe und auch die Priester die Gläubigen, die jetzt auf den eucharistischen Herrn verzichten müssen, verstehen, da sie ja selbst nicht davon betroffen sind? Alle Priester können weiter für sich die Heilige Messe feiern und den eucharistischen Heiland empfangen.

Ein weiterer Punkt Ihrer Argumentation war, dass es ja einige Gebiete auf dieser Erde gibt, wo viele Gläubige oft mehrere Jahre keine Heilige Messe mitfeiern können. Und Sie haben Recht, das ist furchtbar! Aber Laien den Vorwurf zu machen, dass dies so ist, finde ich inakzeptabel. Sollte es tatsächlich einen Priesterüberschuss in Europa geben – was ich nicht glaube, es kann nur sein, dass die Priester zu wenig missionarisch sind und deshalb ihre Gemeinden zu klein sind – dann wäre es doch Aufgabe dieser Priester, sich ernsthaft zu fragen, ob Gott sie nicht in ein Gebiet mit viel zu wenig Priestern ruft, oder nicht?

Nun zu Ihrem Appell „lasst hier bei uns die Bischöfe mit den Fachleuten weitermachen“, Sie tun da ja so als gäbe es nur eine einzige Meinung bei den Experten. Aber das ist objektiv falsch, es gibt ziemlich unterschiedliche Meinungen unter Fachleuten, wie sich dieser Virus ausbreitet und was angemessene und gute Maßnahmen zu seiner Eindämmung sind. Nur so mal ganz nebenbei bemerkt: Politiker als Fachleute für eine Pandemie zu bezeichnen finde ich eigentlich einfach nur lächerlich. Die Bischöfe wurden ganz sicher nicht von Gott berufen, um sich blind irgendwelchen Fachleuten unterzuordnen. Dass die Bischöfe sich den Rat von Experten in solch schwierigen Situationen holen, halte ich für selbstverständlich, allerdings von unterschiedlichen Experten, die unterschiedliche Perspektiven auf diese Pandemie haben. Vor allem da unsere Bundesregierung nicht klar sagt, wer in ihrem Expertenstab sitzt und so ist zu fürchten, dass überdurchschnittlich viele Mathematiker und Modellexperten mitreden, allerdings gibt es bei allen Maßnahmen zum Beispiel auch die psychologische Komponente zu erwägen, denn die getroffenen Maßnahmen haben noch nicht näher bekannte Folgen für die Psyche der Menschen. Da halte ich es für notwendig, dass die Bischöfe die Regierung darauf aufmerksam macht, dass Menschen nicht nur aus einem Leib bestehen, sondern auch aus einem Geist und einer Seele. Was nützt es, wenn der Körper der Menschen komplett gesund ist, aber ihre geistige Komponente wird krank? Aber was die Bischöfe mit diesem Rat dann machen ist gänzlich die Verantwortung der Bischöfe, und falls Gläubige da den Eindruck haben, die Bischöfe gehen in eine falsche Richtung, ist es völlig angebracht, wenn diese ihre Zweifel zum Ausdruck bringen. Hier kommt nämlich das Gewissen ins Spiel und das haben Sie in Ihrem Brief leider in keinster Weise erwähnt. Und auch so eine Erinnerung für Sie nebenbei, der Heilige Geist wirkt nicht nur bei den in der Hierarchie der Kirche weit obenstehenden Bischöfen, sondern auch bei den ganz normalen Laien.

Abschließend bleibt mir zu sagen, dass ich Ihren Brief argumentationstechnisch, menschlich und christlich nicht in Ordnung finde. Denn in ihm setzten Sie statt auf tragfähige Argumente hauptsächlich auf polemische Hetze gegen von Ihnen ironisch genannten „wahren Gläubige“. Ich hoffe Sie überdenken Ihre Argumente, entschuldigen sich bei den ehrlich engagierten Christen und versuchen Ihren Beitrag zu leisten, damit möglichst viele Gläubige bald wieder die - für uns Katholiken lebensnotwendigen - Sakramente empfangen können, denn dazu wurden Sie von Gott berufen.

Mit freundlichen Grüßen und Gottes Segen

Constantin Mucha





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