Die Karte, die wir unbedingt ausspielen sollten

21. Februar 2020 in Kommentar


Gott gibt uns manchmal weder Antworten noch Heilung. Aber mitten in unseren Lebensprozessen schenkt er uns Heimat. BeneDicta von Petra Knapp-Biermeier.


Linz (kath.net) „So wie Pommes ohne Ketchup, wie ein Schlauchboot ohne Luft, so wie Sommer ohne Sonne, so wie Joghurt ohne Frucht... So bin ich Jesus ohne dich, so bin ich Jesus ohne dich!“ Vier Buben sind heuer in meiner Erstkommunionsgruppe, und dieses Lied lieben sie. Da wird getrommelt, getanzt, geklatscht, gebrüllt. Da singen wir miteinander eine Wahrheit über unser Leben, die ganz simpel ist: Ohne Gott sind wir nicht vollständig.

Wenn ich vor die Tür gehe, erlebe ich ganz andere Geschichten. Da dulden wir Gott an bestimmten Kreuzungen unseres Lebens, bei Erstkommunionsfeiern, Hochzeiten und Begräbnissen, beim Abendgebet, Tischgebet, vielleicht noch bei der Christmette, am Ostersonntag oder sogar bei der gelegentlichen Sonntagsmesse. Zutritt kurz mal erlaubt. Ja, Gott liefert sich vollkommen unserer Willkür aus, und so benutzen wir ihn gerne für Momente, wo er ganz gut hineinpasst.

Die ganze Story ist das aber längst nicht. Denn Gott ließ sich zwar von Menschen berühren, indem er sich als kleines Baby dieser Welt anvertraute. Aber er ist von seinem Wesen her unantastbar in seiner Souveränität, einer, vor dem Berge schmelzen, der Ursprung allen Seins. Gott ist niemandem Rechenschaft schuldig und trotzdem interessiert er sich für jeden Bereich unseres Lebens, gerade für alles nicht gelungene.

„Ich habe begriffen, dass ich vielleicht keine Antwort darauf bekommen werde, warum bestimmte Dinge in meinem Leben so gelaufen sind“, sagte mir T. gestern. Sie ist bei unserer Gruppe „Lifestyle Jüngerschaft“, und an einem der ersten Abende geht es um das Thema „Identität und Selbstannahme“. Jeder einzelne von uns erzählt von Krisen, Brüchen und Traumata in seinem Leben. Das ernüchtert. Macht auch mal sprachlos.

Und doch. Verkünden wir nicht einen Gott, der auf krummen Zeilen gerade schreibt? Der das zerknickte Rohr nicht einfach abbricht, sondern aufrichtet? Ist das nicht unser Gott, von dem die Bibel erzählt? Einer, der uns rausholt aus allen Determinierungen, die uns unausweichlich scheinen durch eine traumatische Kindheit oder massive Brüche in unserem Leben? Ist Gott nicht einer, der sich nicht eingrenzen lässt? Nicht einmal durch unsere Gebrochenheit?

Er ist definitiv unser Joker. Er ist die Karte, die wir unbedingt ausspielen sollten. Wenn Gott nämlich mit uns ist, dann ändert sich das Spiel. Dann kriegen wir vielleicht keine Erklärung, und heil wird auch nicht alles in unserem Leben. Aber kennst du das Gefühl vom Heimkommen? Du öffnest die Tür, machst Licht, bist endlich daheim, vielleicht verschwitzt vom Laufen, gestresst, angespannt, aber dann lässt du los, regenerierst dich langsam an einem vertrauten und sicheren Ort.

So will Gott für dich da sein: Er ist dein letzter Halt, dein Sicherheitsnetz, dein Versorger, der vertraute Platz, wo dein Herz zur Ruhe kommt und wo du ganz du selber sein darfst. „Unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in dir“, betet der heilige Augustinus. Nimm dir heute eine ruhige Minute, wo du Gott dein verwundetes Herz hinhältst und sag nur: „Jesus, du bist meine Sicherheit, ich vertraue mich dir an!“

Gott zögert nicht. Er steht schon hinter dir. Er erspart dir nicht deine Lebensprozesse, aber er wird deine Vision sein, wo du letztlich hingehörst. Du wirst ab und zu schlittern und stolpern, aber du wirst wissen, dass dich im Letzten und in Ewigkeit einer hält. Ja, Gott macht aus deinem Minus ein wunderbares Plus. Alles, was dir fehlt, findest du in ihm.


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