Glettler: Abschiebung von Konvertiten "eklatantes Unrecht"

8. Februar 2020 in Österreich


Innsbrucker Bischof protestiert wie davor Diözese Eisenstadt gegen Asylpraxis im Fall eines zum Christentum übergetretenen Afghanen - Rückkehr in Krisenland mit höchster Reisewarnstufe könnte Todesurteil bedeuten.


Innsbruck-Eisenstadt (kath.net/ KAP)
Die Abschiebung des zum Christentum übergetretenen jungen Afghanen Elias Shir Hasan Zafari empört hochrangige Kirchenvertreter. Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler sprach am Freitag von einem "eklatanten Unrecht, das jeder Menschenrechtskonvention widerspricht", davor hatte bereits sein burgenländischer Amtskollege Ägidius Zsifkovics gegen die am Dienstag erfolgte Abschiebung protestiert. Als "unakzeptabel" erscheinen den Bischöfen die "Glaubensprüfungen", durch die eine Konversion vor dem Asylgericht glaubhaft zu machen ist. Laut Glettler ist es wohl "als generelles Misstrauen zu werten", wenn behauptet werde, Geflohene würden nur vorübergehend Christen werden, um einen Aufenthalt zu bekommen. In Bezug auf Afghanistan forderte er den sofortigen Stopp der Abschiebungen.

Auf den aktuellen Fall hatte bereits die Diözese Eisenstadt, in der der "gut integrierte" Elias Shir Hasan Zafari zuletzt lebte, in einer Aussendung am Mittwoch hingewiesen: Der 29-Jährige, vor den Taliban geflüchtete Afghane wurde am 2. Februar von der Fremdenpolizei aus seinem Quartier im burgenländischen Mogersdorf abgeholt, in Schubhaft genommen und am Dienstag abgeschoben. Er lebte die vier Jahre davor in Österreich und wurde vor Kurzem getauft; seither trägt er den Taufnamen Elias. Dass die Abschiebung sein Todesurteil bedeuten könnte, hatte der Eisenstädter Generalvikar Martin Korpitsch warnend angemerkt: Wegen seiner Konversion zum Christentum sei Elias "massiv an Leib und Leben gefährdet".

"Entsetzen" über Vorgehen der Behörden

Auch Bischof Glettler äußerte sich bereits mehrmals kritisch zu den laufenden Abschiebungen nach Afghanistan - ein Land mit einer verheerenden Sicherheitslage, für das nicht umsonst die höchsten Reisewarnstufe gelte. Er wies am Freitag auch auf die breite Unterstützung aus vielen Bereichen der Gesellschaft in dieser Angelegenheit hin. "Nach eingehender Prüfung des Falls" äußerte Glettler nun "große Enttäuschung und wirkliches Entsetzen" über das Vorgehen der Behörden, die in diesen Tagen junge Christen in Länder zurückschicken, in denen sie sich "einem lebensgefährlich fundamentalistischen Islam" gegenübersähen. Er forderte das zuständige Innenministerium zu einer neuen Länderfeststellung auf, um die Verhältnisse in dem von Krisen und Taliban-Terror heimgesuchten Afghanistan "wahrheitsgemäßer einstufen zu können".

Der Bischof prangerte weiters den "Misstrauensvorschuss" bei der juristischen Beurteilung an: "Das Gericht hat Elias die Ernsthaftigkeit seiner Beziehung zu Gott nicht geglaubt. Es hat ihm jegliche Glaubwürdigkeit abgesprochen." Anderen Konvertiten drohe wegen dieses "Generalverdachts" dasselbe Schicksal. Vor Gericht müssten die Betroffenen "nicht nur unter großer psychischer Belastung nochmals über ihre Flucht sprechen, sondern sich auch einer 'Glaubensprüfung' unterziehen", führte Glettler aus. Dabei würden oft "Nebensächlichkeiten" abgefragt oder "eigenartig komplizierte Fragestellungen" vorgelegt, "die auch jedem österreichischen Durchschnittschristen zum Verhängnis würden".

Bei Elias sei es wie bei anderen Übertrittswilligen gewesen: Er wurde nach langer Vorbereitung und Begleitung des Pfarrers von Mogersdorf im November 2019 getauft. Sein Glaube und seine Beheimatung in der katholischen Kirche sind laut Glettler kontinuierlich gewachsen, wie auch sein Taufpate und andere Pfarrmitglieder bezeugen könnten. Die katholische Kirche lege höchsten Wert darauf, Menschen auf die Taufe gut vorzubereiten und "erst dann, wenn Motivation und Voraussetzung geprüft sind, das Sakrament zu spenden".

Glaubensüberprüfung ist "Einmischung"

"Als Verantwortliche der Kirche lehnen wir die Glaubensüberprüfungen vor dem Asylgericht als staatliche Einmischung in Religionsangelegenheiten entschieden ab", betonte der Innsbrucker Bischof. Die Beurteilung einer Glaubensentscheidung "kann und darf nicht in einem gerichtlichen Interview passieren", darüber hätten einzig und allein die kirchlichen Zuständigen zu befinden. Glettler erinnerte daran, dass sich auch die evangelische Kirche in diesem Sinne mit Verweis auf Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes (der anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften das Recht zugesteht, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu ordnen, Anm.) äußerte.

Abschiebungen von zum Christentum konvertierten Flüchtlingen sind waren zuletzt mehrmals Konfliktthemen zwischen Kirche und Behörden. Anfang Jänner unterstützte Bischof Benno Elbs den Protest gegen den davon bedrohten Iraner Hashem Arefi; im November hatte die Erzdiözese Salzburg die "Gewissensentscheidung" des Unkener Pfarrers unterstützt, einen von Abschiebung bedrohten afghanischen Kochlehrling zu beherbergen. Und den Pakistani Ali Wajid hatte im Vorjahr ein mehrmonatiges Kirchenasyl in Salzburg vor der Abschiebung bewahrt. Die Österreichische Bischofskonferenz forderte bereits mehrmals eine großzügige Anwendung des humanitären Bleiberechts in Asylverfahren.

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Foto Bischof Glettler (c) Diözese Innsbruck


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