Schönborn: Grundform des priesterlichen Dienstes bleibt zölibatär

4. November 2019 in Österreich


Wiener Kardinal bekräftigt Vorrang des Weges der ehelosen Nachfolge Jesu - Es soll aber auch verheiratete Priester geben - Zölibat kein missbrauchsbegünstigender Faktor - Schönborn hofft, dass Papst seinen Rücktritt mit 75 Jahren annimmt


Wien (kath.net/KAP) Nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn wird die Grundform des priesterlichen Dienstes in der katholischen Kirche die ehelose Lebensform bleiben. Wie der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz als Studiogast in der ZIB 2 am Sonntag zur vor einer Woche zu Ende gegangenen Amazonien-Synode erklärte, halte er parallel dazu verheiratete Priester für sinnvoll und wünschenswert, der Weg der ehelosen Nachfolge Jesu bleibe jedoch der Normalfall. Die Synodalen hatten sich bei ihrer Zusammenkunft in Rom für die Weihe bewährter verheirateter Männer zu Priestern ausgesprochen - als Ausnahme in der pastoral unterversorgten Region Amazonien. Er selbst habe für diesen Vorschlag im Schlussdokument votiert, berichtete Schönborn.

Der Kardinal wandte sich gegen einen verkürzten Blick auf die Synode, deren zentrale Botschaft die Bedrohung einer für das Weltklima entscheidenden Weltgegend gewesen sei. Dieses Problem sei "viel ernster" als die Frage der priesterlichen Lebensform. Schönborn kritisierte in diesem Zusammenhang auch den Wiener Pastoraltheologen Paul Zulehner, der in einem vor dem Interview eingespielten Beitrag Amazonien mit dem ebenfalls seelsorglich unterversorgten Waldviertel verglich. Das sei "an den Haaren herbeigezogen", so Schönborn; Amazonien umfasse ein Gebiet, das so groß wie Europa bis zum russischen Ural sei.

Auf die Frage von Moderator Martin Thür, ob der Priesterzölibat Missbrauchsfälle in der Kirche begünstigt habe, reagierte der Wiener Erzbischof skeptisch: Der weitaus größte Teil an Übergriffen geschehe im familiären Umfeld - durch Täter, die verheiratet sind. Zudem seien die kirchlichen Missbrauchsfälle in den letzten Jahren, seit viel strengere Maßstäbe bei der Ausbildung und beim Umgang mit Missbrauch angelegt würden, stark zurückgegangen. Nicht der Zölibat begünstige Missbrauch, sondern eine Lebenseinstellung, die von der getroffenen Entscheidung für den priesterlichen Dienst abweiche, sagte der Kardinal. Niemand werde zur Ehelosigkeit gezwungen, auch er selbst habe sich frei dafür entschieden, fügte Schönborn hinzu.

Auf die Frage nach seinem Rücktritt als Wiener Erzbischof nach der Vollendung des 75. Lebenjahres (mit diesem Alter müssen Diözesanbischöfe laut Kirchenrecht ihren Rücktritt anbieten) bestätigte Schönborn, er habe Papst Franziskus um Entbindung von seiner Aufgabe ersucht. 75 sei ein Alter, in dem man ein so gewichtiges Amt zurücklegen sollte, meinte der am 22. Januar 1945 geborene Kardinal. Ob der Papst sein Gesuch zeitnah annehmen wird, wisse er allerdings nicht.

Die Langversion des ZIB-Interviews mit Kardinal Schönborn kann in der ORF-TVThek nachgesehen werden. (https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2-am-Sonntag/13890057/ZIB-2-am-Sonntag/14030953)

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Foto Kardinal Schönborn (c) Erzdiözese Wien


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