Papst will Indigenen-Figuren bei Messe im Petersdom zeigen

26. Oktober 2019 in Aktuelles


Wiener Kardinal Schönborn ordnet Statue als "pro life" ein - Kurienkardinal Koch erinnert: Inkulturation sei sehr wichtig, sie müsse aber einhergehen mit einer kritischen Purifikation


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Papst Franziskus hat sich für den Diebstahl indigener Holzfiguren aus einer Kirche in Rom entschuldigt. "Dies ist in Rom geschehen, und als Bischof von Rom bitte ich jene Menschen um Verzeihung, die durch diese Geste beleidigt wurden", sagte er laut anwesenden Journalisten am Freitagnachmittag zu Beginn der Synodensitzung. Am Montag hatten zwei Männer die Figuren gestohlen, in den Tiber geworfen und ein Video davon ins Netz gestellt.

Die vier Holzfiguren, die kniende schwangere Frauen darstellen, seien von Carabinieri unbeschädigt aus dem Tiber geborgen worden, so der Papst. Dem Vorschlag, die Figuren am Sonntag während der Synoden-Abschlussmesse im Petersdom aufzustellen, wolle er nachkommen, so Franziskus. Die Darstellungen seien Teil einer Randveranstaltung der Synode und "ohne götzendienerische Absicht" in der Kirche ausgestellt gewesen, so Franziskus.

Die Darstellung der schwangeren Frauen, mit anderen symbolischen Gegenständen indigener Alltagskultur vor einem Seitenaltar in der Kirche Santa Maria in Traspontina aufgebaut, waren manchen Katholiken ein Dorn im Auge. Auf verschiedenen Websites wurden sie als heidnische Symbole und "Fruchtbarkeitsgöttinnen, Götzen oder Patchamama" bezeichnet.

Nach Aussage der bolivianischen Kulturexpertin Tania Avila haben die hölzernen Darstellungen keine feste Bedeutung. Allein dies sei eine typisch westliche Vorstellung. Das amazonische Symbol-Ensemble in der Traspontina-Kirche sei eine Weise, "gemeinschaftliches Leben mit der Natur darzustellen", so Avila. Die geraubten Figuren symbolisierten "das Leben selber, dass wir lebendig sind, und das Leben, das nach uns kommt".

Schönborn: Statue ist "pro life"

Zur Entwendung der Holzfiguren bezog auch Kardinal Christoph Schönborn im Interview mit "Kathpress" am Samstag deutlich Stellung: "Dieser Akt war skandalös und empörend" betonte er und verwies darauf, dass er als dienstältester Kardinal während der Synode in der ersten Reihe und somit unmittelbar gegenüber einer indigenen Statue gesessen sei, die eine schwangere Frau zeigt. Die Statue sei für ihn Ausdruck für die Sensibilität der Indigenen für die Heiligkeit des Lebens, für die sich die katholische Kirche dezidiert einsetze, erklärte der Kardinal, und sagte: "Wer 'pro life' ist, sollte in dieser Statue ein deutliches Zeichen für das Leben sehen." Selbst wenn man sich durch die Statue einer nackten schwangeren Frau provoziert fühle, sei das noch lange keine Rechtfertigung, sie in den Fluss zu werfen.

Im Blick auf die Frage, wie die Kirche mit nichtchristlichen Kulturen und religiösen Ausdrucksformen umgehen solle, verwies der Wiener Erzbischof auf den kürzlich heiliggesprochenen Kardinal John Henry Newmann und dessen theologische Studien. Demnach habe die katholische Kirche in anderen Religionen immer Anknüpfungspunkte für die Verkündigung des Evangeliums gefunden. "In allen Religionen gibt es Elemente, die gereinigt, aufgenommen und christianisiert werden können", so Schönborn.

Inkulturation zu wenig kritisch

Auf welche Weise indigene Elemente in den Ortskirchen Lateinamerikas verknüpft werden bzw. wie die christliche Botschaft mit indigenen und anderen Kulturen in Dialog treten soll, war eines der bei der am Sonntag endenden Amazonien-Synode diskutierten Themen. Zu einer kritisch-selektiven Inkulturation hat Kurienkardinal Kurt Koch aufgerufen. Inkulturation sei sehr wichtig, sie müsse aber einhergehen mit einer Purifikation, also Reinigung, forderte Koch am Samstag im Interview mit "Kathpress". Davon habe er auf der Synode allerdings nur wenig gehört.

In diesem Dialog der Kulturen müsse man immer auch fragen: "Welche Elemente einer Kultur sind nicht zu übernehmen? Welche Elemente sind nicht mit dem Glauben zu vereinbaren und müssen kritisch unterschieden werden?", mahnte der Schweizer Kurienkardinal. Im Übrigen sei Inkulturation nicht nur ein Thema für Amazonien, sondern für die ganze Weltkirche.

Den Erfolg pentekostaler und evangelikaler Freikirchen in Südamerika führt Koch indes nicht darauf zurück, dass diese Elemente und Symbole indigener oder anderer Kulturen oft radikal ablehnen. Eher seien diejenigen Gemeinden interessant, die Elemente der jeweiligen Kultur der Menschen aufnehmen. Der aus Basel stammende Kurt Koch hat in seiner Funktion als Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen an der dreiwöchigen Bischofsversammlung teilgenommen.

Vergleiche dazu auch folgende kath.net-Artikel über die umstrittene Frauenfiguren:

Papst nennt die umstrittenen Figuren wörtlich "Statuen der Pachamama"!

- Armin Schwibach: Der Skandal der Zweideutigkeit und des Spielens mit dem Heidentum

- Petra Lorleberg: Rätselraten um die Bedeutung der umstrittenen Figuren nackter schwangerer Frauen – Vatikan schweigt



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