Vatikan-Sicherheitschef tritt nach 'Steckbrief-Affäre' zurück

14. Oktober 2019 in Aktuelles


Interne Dienstanweisung mit Namen und Fotos von Verdächtigten bei Ermittlungen zu verlustreichen Immobilientransaktionen war im italienischen Magazin "L'Espresso" als Faksimile erschienen


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Papst Franziskus hat den Rücktritt des langjährigen vatikanischen Sicherheitschefs Domenico Giani angenommen. Das teilte das vatikanische Presseamt am Montagnachmittag mit. Der 57-Jährige übernahm demnach die Verantwortung für die jüngste Veröffentlichung einer internen Dienstanweisung an die Mitglieder der vatikanischen Gendarmerie sowie der Päpstlichen Schweizergarde.

Darin ging es um die Verhängung eines Zutrittsverbots für vier Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats und den Direktor der Finanzaufsicht AIF im Zuge von Ermittlungen der vatikanische Staatsanwaltschaft zu verdächtigen und verlustreichen Immobilientransaktionen in London. Die Liste mit Namen und Fotos der Verdächtigten war im italienischen Magazin "L'Espresso" als Faksimile erschienen.

Der Vatikan betonte am Montag in einer ungewöhnlich ausführlichen Rücktrittsmitteilung, Giani treffe "keinerlei persönliche Verantwortung". Wer die interne Dienstanweisung nach außen getragen habe, sei nach wie vor nicht bekannt. Giani nimmt demnach seinen Hut, um eine "geordnete Fortsetzung der Ermittlungen" sicherzustellen. Papst Franziskus habe sich nach Vatikanangaben lange mit dem bisherigen Sicherheitschef unterhalten und ihm "seine Wertschätzung für diesen Schritt" ausgedrückt. Franziskus betonte zudem die "nicht in Zweifel stehende Treue und Loyalität" seines ehemaligen Sicherheitsverantwortlichen.

Dass die Dienstanweisung an die Öffentlichkeit durchgestochen wurde, hatte den Papst nach Angaben des Portals "Vatican News" erbost. Franziskus hatte das Vorgehen demnach mit einer "Todsünde" verglichen, "denn es verletzt die Menschenwürde und die Unschuldsvermutung".

Auch der Rücktritt Gianis war durch Indiskretionen vorab verbreitet worden. Am Sonntag holte der Polizeichef seine Mannschaft zusammen und bat sie, bis zur offiziellen Mitteilung Schweigen zu bewahren. Montagfrüh fand sich sein Appell in italienischen Zeitungen.

Giani war 1999 nach beruflichen Stationen bei der italienischen Finanz- und Justizpolizei sowie beim Inlandsgeheimdienst zum Vatikan gekommen. 2006 übernahm er die Leitung der Gendarmerie. Als Direktor der Sicherheitsdienste und des Katastrophenschutzes im Vatikanstaat war er für das gesamte Sicherheitskonzept verantwortlich, diente aber auch als Personenschützer des Papstes, unter anderem bei rund 70 Auslandsreisen des Kirchenoberhaupts.

Seine freundlichste Rolle spielte Giani, wenn er bei Fahrten des Papstes im Papamobil Kleinkinder aus der Menge zum Papst brachte, damit dieser sie segnen kann. Der blankköpfige, imposante Sicherheitschef erfüllte diesen Dienst mit zartfühlender Geduld und Umsicht, unter Franziskus wie schon unter Benedikt XVI.

Dass der zweifache Familienvater auch schnell und hart zupacken kann, zeigte er an Weihnachten 2009, als eine Schweizerin beim Einzug des Papstes zur Christmette die Absperrung übersprang. Giani brachte die Frau mit einem Tackling zu Boden, im Dominoeffekt fiel ein 87-jähriger Kardinal und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu.

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