Ramelow und Schwesig verharmlosen ein Unrechtsregime!

11. Oktober 2019 in Kommentar


„Ramelow und Schwesig fremdeln mit dem Begriff ‚Unrechtsstaat‘. Aber anders als Frau Schwesig, die erst vor einigen Jahren getauft wurde, bin ich mit dem Katholischen Glauben in der DDR groß geworden. Ich weiß also…“ Gastkommentar von Claudia Heber


Berlin (kath.net) Der Wessi Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, und die mecklenburgische Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) haben ihr Nein zum Begriff "Unrechtsstaat" gesagt. Ich kritisiere das. Ja, natürlich verstehe ich Frau Schwesig, die in meinem Alter ist. Sie hat wahrscheinlich nie Repressalien erlebt und schöne Erinnerungen an ihre Kindheit und den ersten Teil ihrer Jugend in der DDR.

Ich selbst habe auch sehr viele schöne Erinnerungen an meine Kindheit, aber anders als Frau Schwesig, die erst vor einigen Jahren getauft wurde, bin ich mit dem Katholischen Glauben in der DDR groß geworden. Ich weiß also was es bedeutet, wenn Erwachsene den Glauben der eigenen Familie verächtlich machen. Ich kenne die Zerrissenheit, einfach die Klappe zu halten und still zu sein oder sich zu bekennen und Ärger zu provozieren. Denn anders als heute galt, wer einmal im Visier der Staatsmacht war, ist aus diesem Teufelskreis nie wieder herausgekommen. Ich hab mich für ein klares Bekenntnis und damit für den Ärger entschieden, aber ich hatte großes Glück, weil ich 1989 noch jung genug war und mir alle Wege offen standen.

Ramelow und Schwesig bestreiten zwar nicht, dass die DDR eine Diktatur war, sie fremdeln aber mit dem Begriff "Unrechtsstaat", weil sie denken, dass wir Ossis damit ein Problem haben.

Ich jedenfalls habe nur ein Problem mit Politikern, die Angst vor der Wahrheit und vor Fakten haben, weil sie angeblich niemanden auf den Schlips treten wollen. Dabei treten sie aber die in Sack und Asche, die in diesem SED-Unrechtsstaat enteignet, misshandelt, eingesperrt und sogar hingerichtet wurden. Meine eigene Familie war davon betroffen. Sie verharmlosen ein Unrechtsregime, das Biografien gebrochen und Familien zerstört hat. Ich verstehe diese Debatte nicht!

Das klare Bekenntnis zum Unrechtsstaat macht doch die Menschen nicht schlecht, die hier gelebt haben! Aber ich habe auch keine Lust, denen, die sich schuldig gemacht haben, die Absolution zu erteilen, weil ein zugezogener Gewerkschaftsfunktionär und seine ewiggestrigen Fans nicht bereit sind, sich mit unserer Vergangenheit zu beschäftigen, obwohl er es vor fünf Jahren zusagte und auch den Begriff Unrechtsstaat im Koalitionsvertrag unterschrieb.

Diese Woche sah man nun einen unbeherrschten Ramelow, der seine Ablehnung des Begriffs im Fernsehinterview (moma 08.10.19) bekräftigte. Sein Argument: Unrechtsstaat gelte nur für die NS-Zeit, aber nicht für die DDR, weil es keine Vernichtungslager gab. Er unterstrich das ganze mit der These, dass ja sonst alle Entscheidungen aus der DDR ungültig seien und aufgehoben werden müssten. Ein cleverer Einwurf und sehr geschickte Dialektik. Tatsächlich gelten aber auch heute noch viele Gesetze, die zwischen 1933 und 1945 verabschiedet wurden und nach dieser Theorie wären auch alle Ehen dieser Zeit ungültig. Dieses Argument zieht also nicht. Und Ramelow unterschlägt, dass Internierungslager in der DDR geplant waren und es sogar Listen gab.

Natürlich wurde in der DDR Recht gesetzt und gesprochen, aber Justiz und Gesetzgebung waren eben nicht unabhängig, die Partei stand über allem. Schwesig und Ramelow sagen deshalb richtigerweise, dass die DDR KEIN Rechtsstaat war. Aber was war es dann?

Natürlich gab es keinen millionenfachen Mord, aber auch die DDR hat Leben vernichtet, willkürlich. Dabei fallen mir sofort die Mauertoten und andere politisch motivierte Hinrichtungen ein. Das ist nicht fehlendes Recht, es ist himmelschreiendes Unrecht!

Die Wortklauberei macht mich einfach nur fassungslos, weil sie denen das Wort redet, die im Thüringer Wahlkampf die "Wende 2.0" propagieren und 2019 mit 1989 vergleichen. Ein Anmaßung die jeglicher Grundlage entbehrt.

Hat eigentlich mal jemand gefragt, warum die AfD im Osten so einen Zulauf hat, obwohl die führenden AfD Kader alle Wessis sind?

1989 haben wir unser Schicksal und die Kerzen noch selbst in die Hände genommen und jetzt legt man das eigene Schicksal in Thüringen in die Hände von Westmigrant Höcke, der die friedliche Revolution maximal aus Funk und Fernsehen kennt?!

Merkt eigentlich jemand, was das für ein abstrußes Spiel ist? Natürlich ist nicht alles toll in diesem Land, aber man bestellt sich doch kein Essigwasser, wenn die Suppe nicht schmeckt.

Wir haben uns seit 1989 weiterentwickelt und viel erreicht und wir sind eben kein Unrechtsstaat.

Wir brauchen keine Neudefinition von 1989, weder von links, noch von rechts. Die friedliche Revolution und deren Deutung gehört nicht denen, gegen die sie gerichtet war, die sie nicht wollten oder überhaupt nicht dabei waren.

Die friedliche Revolution im Herbst 89 gehört den Menschen, die sie mutig erkämpft und etwas daraus gemacht haben. Wer 2019 mit 1989 vergleicht, versündigt sich an den Opfern der SED Diktatur ebenso, wie die, die den Unrechtsstaat DDR leugnen.

Claudia Heber ist seit 24 Jahren CDU-Mitglied und seither in der Kommunalpolitik und auf verschiedenen Ebenen innerhalb der CDU ehrenamtlich aktiv. Sie ist Vorsitzende des Katholischen Arbeitskreises in der CDU Thüringen. Die 43-Jährige ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Siehe auch: Weitere kath.net-Beiträge von Claudia Heber.

Pressefoto Claudia Heber



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