Ukraine: Erzbischof betont Verbundenheit mit Konstantinopel

6. Oktober 2019 in Chronik


Oberhaupt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, Schewtschuk: "Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel ist unsere Mutterkirche".


Kiew (kath.net/ KAP)
Für die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche (UGKK) ist und bleibt das orthodoxe Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel die Mutterkirche. Das hat Großerzbischof Schewtschuk in einem Interview für die offizielle Website der UGKK betont. Das Oberhaupt der UGKK war vor Kurzem in Rom mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios zusammengetroffen. Die Begegnung fand am 16. September im vatikanischen Gästehaus Santa Marta statt. Der Großerzbischof betonte nun, wie wichtig ihm gute Beziehungen zum und die Verbundenheit mit dem Ökumenischen Patriarchat seien.

Die katholischen Ostkirchen spielten in der heutigen katholischen Kirche eine besondere Rolle, u.a. indem sie Träger der byzantinischen Tradition seien, so Schewtschuk. Er erinnerte weiters an den Appell von Papst Johannes Paul II. in seinem Schreiben "Ut unum sint" (1995), in dem er die Kirchenführer und Theologen der nichtkatholischen Kirchen aufrief, mit ihm über mögliche alternative Formen des Einheitsamt des Bischofs von Rom nachzudenken und einen Dialog zu führen. Hier könnten die katholischen Ostkirchen eine alternative Perspektive einbringen.

Die katholischen Ostkirchen seien auch Mitglieder der offiziellen katholisch-orthodoxen Dialogkommission, so der Großerzbischof. Von den orthodoxen Kirchen würden sie allerdings als Teil der katholischen Gruppe angesehen. Man würde in diesem Dialog aber lieber eine eigenständigere Rolle spielen, so Schewtschuk. Weiters zitierte er Papst Johannes XXIII. (1958-1963), der schon betont hatte, dass Katholiken und Orthodoxe weit mehr verbinde als trenne.

Zur angespannten kirchlichen Situation in der Ukraine meinte der Erzbischof, dass er persönlich keine Gründe sehe, mit den "orthodoxen Brüdern" nicht in einen Dialog einzutreten. Dabei gelte es vor allem auch die gemeinsamen Wurzeln in den Blick zu nehmen. Schewtschuk: "Wenn wir nach Wegen suchen, um uns näher zu kommen, dann müssen wir Gemeinsamkeiten finden. Und wir sind durch eine gemeinsame Mutter verbunden", so der Großerzbischof im Blick auf die gemeinsame Geschichte der unierten und orthodoxen Kirchen in der Ukraine.

Wenn man dies ernst nehme, dann könne man auch gemeinsam beten, so der Großerzbischof, der auch einmal mehr darauf bestand, dass die Kiewer Sophienkathedrale die gemeinsam Kathedrale aller Christen in der Ukraine sein sollte. Im vergangenen März/April war es zu Spannungen gekommen, weil die UGKK in der historischen Sophienkathedrale einen Gottesdienst feiern wollte. Von Seiten der orthodoxen Kirchen des Landes wurde an dem Vorhaben Kritik geübt. Der Großerzbischof sagte den für den 7. April geplanten Gottesdienst deshalb aus Rücksicht auf die ökumeischen Beziehungen ab.

Ein Positives habe die Sache zumindest gehabt, so Schewtschuk: Erstmals habe die ukrainische Gesellschaft erkannt, wo die Ursprünge der Griechisch-Katholischen Kirche liegen. Und für einen wirklichen Dialog sei es elementar, dass man über das Gegenüber tatsächlich Bescheid wisse, so der Großerzbischof.

Im Anschluss an die Begegnung des Großerzbischofs mit Patriarch Bartholomaios hatte die UGKK in einer Erklärung mitgeteilt, dass die ökumenische Situation in der Ukraine im Gespräch breiten Raum eingenommen habe. Schewtschuk äußerte demnach die Hoffnung, dass die Verleihung der Autokephalie an die (neugegründete) Orthodoxe Kirche der Ukraine den ökumenischen Dialog im Land erleichtern werde, denn die "orthodoxe Ortskirche sei der wichtigste Gesprächspartner der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche".

Mit Kiewer Rus untrennbar verbunden

Die griechisch-katholische Kirche der Ukraine ist eine Ostkirche eigenen Rechts, die ihre Gottesdienste im byzantinischen Ritus feiert und zugleich mit Rom uniert ist, d.h. sie steht in der eucharistischen Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche und anerkennt den Papst als Oberhaupt der Kirche.

Historisch ist die griechisch-katholische Kirche mit der Christianisierung der Kiewer Rus im 10. Jahrhundert untrennbar verbunden. Den institutionellen Beginn als eine Kirche in Gemeinschaft mit Rom nimmt sie in der 1596 geschlossenen sogenannten "Union von Brest", einer Stadt an der heutigen Westgrenze Weißrusslands. Damals ging die Mehrheit der orthodoxen Bischöfe die Kiewer Metropolie im polnisch-litauischen Staat eine Union mit dem Papst von Rom ein. Ein kleiner Teil der Kirchenhierarchie beharrte aber auf der Zugehörigkeit zum Patriarchat von Konstantinopel. So kam es 1620 mit der Wiedererrichtung der orthodoxen Metropolie zu einer Spaltung der historischen Kiewer Metropolie in einen unierten und einen orthodoxen Zweig.

Die kommunistische sowjetische Führung verbot die griechisch-katholische Kirche 1946 und ordnete ihre Zwangsvereinigung mit der russisch-orthodoxen Kirche an. Zahlreiche Bischöfe und Geistliche wurden verhaftet und starben in sibirischen Gulags. Erst 1989 wurde die Kirche nach der langen Untergrundperiode vom sowjetischen Staat legalisiert und spielte vor allem seit der Unabhängigkeit der Ukraine eine bedeutende gesellschaftliche Rolle. Sie ist mit rund vier Millionen Gläubigen in der Ukraine und einer großen Zahl von Mitgliedern in Nord- und Südamerika die weltweit größte katholische Kirche des byzantinischen Ritus.

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