Italiens Kirche nach Urteil zu assistiertem Suizid alarmiert

30. September 2019 in Prolife


Verfassungsgericht in Rom erklärt Beihilfe zum Selbstmord unter bestimmten Bedingungen für nicht strafbar


Rom (kath.net/KAP) Die Italienische Bischofskonferenz ist alarmiert über ein Urteil des Verfassungsgerichts in Rom, das Beihilfe zum Selbstmord unter bestimmten Bedingungen für nicht strafbar erklärt hat. Die "Versuchung, mit Hilfe von Medizin mögliche Todeswünsche von Kranken" zu erfüllen, müsse zurückgewiesen werden, heißt es in einer Erklärung der Bischofskonferenz. Wörtlich schreiben die Bischöfe: "Unsere größte Sorge betrifft den indirekten kulturellen Druck, der sich aus diesem Urteil für kranke Menschen ergeben kann - als ob sie um ihrer Würde willen darum bitten müssten, getötet zu werden."

Sowohl Suizidbeihilfe als auch ein direktes Herbeiführen des Todes auf Wunsch anderer lehnte die Bischofskonferenz in ihrer Erklärung ab. Dies könne nie eine "würdevolle Entscheidung" sein. Die Bischöfe forderten das Parlament auf, "diesen Werten" bei der ausstehenden Überarbeitung des betreffenden Strafartikels 580 größtmöglich Rechnung zu tragen.

"Freie und bewusste Entscheidung"?

Zuvor hatte Italiens Oberstes Gericht am späten Mittwochabend geurteilt, Beihilfe zum Suizid sei "unter gewissen Umständen" nicht strafbar, wenn der Vorsatz zur Selbsttötung sich "autonom und frei gebildet hat". Dies gelte für Patienten mit lebenserhaltenden Maßnahmen, die von irreversiblen Krankheiten mit körperlichen und seelischen Leiden betroffen seien, die der Kranke für "untragbar" halte, sofern dieser in der Lage sei, "freie und bewusste Entscheidungen" zu treffen.

Hintergrund war der Fall des Politikers Marco Cappato (Partito Radicale), der den ab dem Hals gelähmten Musiker DJ Fabo im Februar 2017 in eine Schweizer Sterbehilfe-Klinik begleitet hatte und sich anschließend selbst anzeigte. Damit wollte Cappato eine Änderung der italienischen Rechtslage bewirken.

Vor einem Jahr entschied das Verfassungsgericht zu dem Fall, dass das in Italien geltende Gesetz zur Suizidbeihilfe bestimmten Situationen nicht Rechnung trage, in denen es um den Schutz verfassungsmäßiger Rechte und um eine Güterabwägung geht. Das Parlament bekam von den Höchstrichtern ein Jahr Zeit, den entsprechenden Strafrechtsartikel 580 zu überarbeiten. Da sich die Abgeordneten bislang nicht einigen konnte, entschied nun das Verfassungsgericht.

"Utilitaristische Sichtweise des Lebens"

Kritik am Urteil der Verfassungsrichter übte auch die katholische Organisation "Scienza & Vita" (Wissenschaft und Leben). Mit seiner "Entscheidung, bestimmte Situationen der Suizid-Beihilfe nicht zu bestrafen", gebe das Gericht einer "utilitaristischen Sichtweise des menschlichen Lebens" nach, erklärte der Vorsitzende Alberto Gambino am Donnerstag.

In seiner Konsequenz bedeute das Urteil, dass es "keine soziale Pflicht mehr gibt, immer und überall die Tötung eines Menschen zu verhindern", so Gambino. In seiner Entscheidung sei das Verfassungsgericht "vom Fall schwerer Behinderung" ausgegangen "und nicht von einer Situation unheilbarer Krankheiten", für die es bereits seit 2017 das Gesetz über das Lebensende gibt. Damit habe sich das Gericht "einer ideologischen Lesart" der Radikalen Partei angeschlossen. Gambino kritisierte, das Höchstgericht habe die kulturellen Auswirkungen seines Urteils auf die Gesundheitspraxis zu wenig Blick gehabt. Dazu gehöre leider auch der Faktor Kostenersparnis.

Die 2005 gegründete Organisation "Scienza & Vita" befasst sich mit Fragen des Lebensschutzes von künstlicher Befruchtung über Gentechnik, Sterbehilfe, Gender und Roboethik. Gegründet wurde sie auf Anregung des früheren Bischofskonferenz-Vorsitzenden Kardinal Camillo Ruini.

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