"Synodaler Weg": Theologin vermisst Forum über Evangelisierung

30. August 2019 in Weltkirche


An der Universität Wien lehrende Marianne Schlosser betont in "Tagespost"-Beitrag: Kirche in Deutschland müsse Ermüdung des Glaubenslebens und sichtbaren Schwund ihrer Relevanz als grundlegendes Problem "bei den Hörnern packen"


Würzburg-Wien (kath.net/KAP) Die an der Universität Wien lehrende Theologin Marianne Schlosser hat sich skeptisch zur Umsetzung des jüngsten Papstbriefs an die deutschen Katholiken im Rahmen des geplanten "Synodalen Wegs" in der deutschen Kirche geäußert. In einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung "Die Tagespost" bezeichnet es Schlosser als "erstaunlich", dass unter den vier Foren, die den "Synodalen Weg" vorbereiten, jenes Thema fehle, welches im Brief des Papstes vom Juni die größte Rolle spiele. "Warum gibt es kein Forum 'Evangelisierung', 'geistliche Erneuerung', 'Erneuerung des Glaubens', oder wie man es benennen mag?", fragt die Theologin.

Schlosser, die Theologie der Spiritualität an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien lehrt, gehört selbst dem Forum "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" an. In den weiteren Foren zur Vorbereitung des Dialogs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland geht es um die Themen Macht und Gewaltenteilung, kirchliche Sexualmoral und die Lebensform der Priester.

Damit die genannten Themen-Komplexe, die nicht zuletzt auf je eigene Weise mit der sakramentalen Struktur der Kirche verbunden sind, überhaupt adäquat in den Blick kommen können, müsse "das grundlegende Problem bei den Hörnern gepackt werden", schreibt Schlosser in der "Tagespost", nämlich "die Ermüdung des Glaubenslebens und der sichtbare Schwund von Relevanz der Kirche in unserem Land, auch und gerade unter den Getauften". Im Fokus dürfe aus Sicht der Theologin nicht die Reputation der Kirche oder gar deren Mitgliederzahlen stehen, sondern die Sendung der Kirche. "Evangelisierung ist kein religiöser Imperialismus", so Schlosser wörtlich.

Der Brief des Papstes sei Ausdruck sehr ernster Sorge, so die Theologin weiter u.a. mit Blick auf eine Passage des Schreibens von Franziskus, in dem dieser vor einer Suche nach "unmittelbaren Ergebnissen mit voreiligen und medialen Folgen" warnt, "die flüchtig sind wegen mangelnder Vertiefung und Reifung oder weil sie nicht der Berufung entsprechen, die uns gegeben ist".

Dass diese Sorge bislang so wenig Beachtung finde, könne man "nur mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen", hält Schlosser fest. Der Papst warne in seinem Brief näherhin vor einer Macher-Mentalität und vor der alten Falle des "Pelagianismus", so die Theologin. Wie ein roter Faden ziehe sich die Sorge um die Einheit der Kirche durch das Schreiben. Der "Synodale Weg" einer Teilkirche könne nur ein Weg mit der ganzen Kirche sein. Es könnte scheinbare Lösungen von Problemen geben, die Spaltung zur Folge haben.

Start Anfang Dezember

Unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals haben die deutschen katholischen Bischöfe im Frühjahr einen "verbindlichen synodalen Weg" zur Erneuerung der Kirche angestoßen. Mit ihm wollen sie Lehren aus dem Skandal ziehen und Vertrauen zurückgewinnen.

Anfang Juli stellten der Bischofskonferenz-Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Stern, einen ersten Fahrplan für den Reformdialog vor. Der Startschuss für die eigentlichen Reformgespräche soll Anfang Dezember fallen. Das erste große Treffen ist für das Frühjahr 2020 geplant. Die Regeln wollen Bischofskonferenz und ZdK bis Herbst in einem Statut festlegen.

Der Dialog ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Die inhaltliche Vorbereitung übernehmen vier Foren unter der Leitung der Bischöfe Karl-Heinz Wiesemann (Speyer), Georg Bätzing (Limburg), Felix Genn (Münster) sowie Franz-Josef-Bode (Osnabrück).

Allerdings sind der kirchenrechtliche Status und die Kompetenzen eines "synodalen Wegs" unklar. Auch Papst Franziskus, der die Synodalität der Kirche voranbringen möchte und sie als "einen gemeinsamen Weg unter der Führung des Heiligen Geistes" beschreibt, betonte in seinem Brief an die Katholiken in Deutschland, dass der Begriff noch unklar sei und "sicherlich noch tiefer in Betracht gezogen werden" müsse.

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