Papst verurteilt Ukraine-Krieg einen Tag nach Putin-Besuch

5. Juli 2019 in Aktuelles


Bischöfe der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche der Ukraine erörtern bis Samstag im Vatikan die Lage ihrer Kirche


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Einen Tag nach Wladimir Putins Besuch im Vatikan hat Papst Franziskus ukrainische Bischöfe empfangen und den Konflikt in ihrem Heimatland beklagt. Franziskus sprach von einer "hybriden" Kriegsführung, deren Drahtzieher sich tarnten und die von "propagandistischen Fälschungen und Manipulationen" geprägt sei, "auch von dem Versuch, den religiösen Aspekt hineinzuziehen". Den Namen Russland erwähnte er in seiner Ansprache nicht. Das Treffen des Papstes mit der Führung der mit Rom unierten ukrainischen griechisch-katholischen Kirche am Freitag war schon länger vereinbart. Die Bischöfe erörtern bis Samstag im Vatikan die Lage ihrer Kirche.

Auch beim Empfang des russischen Präsidenten Putin durch den Papst am Donnerstag war die Ukraine ein Thema. Das knappe offizielle Kommunique nannte jedoch keinerlei Einzelheiten.

Franziskus rief die katholische Kirche in der Ukraine zu Einheit und Wachsamkeit auf. "In der Nacht des Konflikts, den ihr durchlebt, bittet der Herr die Seinen wie in Getsemani, zu wachen und zu beten - nicht, sich zu verteidigen, geschweige denn anzugreifen", sagte der Papst. Jesus erwarte von seinen Jüngern "das Gebet und die Selbsthingabe bis zum Ende". Nur so lasse sich die Spirale der Gewalt aufhalten.

Der Papst warnte davor, sich für kirchliche, nationalistische oder politische Sonderinteressen aufzureiben. Vor dem Hintergrund des andauernden militärischen Konflikts gehe es bei dem Bischofstreffen um politische und kirchliche Prozesse, die über den Bereich der katholischen Kirche hinausreichten.

Franziskus hatte die griechisch-katholische Kirchenleitung der Ukraine, den den sogenannten Ständigen Synod mit dem 49-jährigen Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk an der Spitze, vor zwei Monaten zu Beratungen über die aktuelle Lage und über Möglichkeiten der Friedensförderung in den Vatikan eingeladen. An den Beratungen nehmen u.a. auch der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die Präfekten von Glaubens- und Ostkirchenkongregation, Kardinal Luis Ladaria und Kardinal Leonardo Sandri sowie Kardinal Kurt Koch als Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Kirchen teil.

Großerzbischof Schewtschuk benannte im Vorfeld des Gipfels im Vatikan drei Aspekte, in denen eine "Strategie für die Ukraine" zum Ausdruck kommen müsse: "Das aufmerksame Hinhören, um zu verstehen, wie der Papst eingreifen kann, um einer Kirche in einer schwierigen Situation zu helfen; die Stärkung der Ortskirche und die Notwendigkeit, eine organische Entwicklung für diese Kirche zu garantieren", sagte er in einem Interview. Ausführlich diskutiert werden dürfte auch der Wunsch der Rom unterstehenden griechisch-katholische Kirche der Ukraine vom Papst zum Patriarchat aufgewertet zu werden.

Größte katholische Ostkirche

Die griechisch-katholische Kirche der Ukraine ist die größte katholische Ostkirche. In der mehrheitlich orthodoxen Ukraine ist etwa jeder zehnte der mehr als 40 Millionen Einwohner griechisch-katholisch. Die Griechisch-katholischen leben vor allem in den westlichen Landesteilen. Wesentlich kleiner ist mit rund einer Million Mitgliedern die römisch-katholische Kirche in der Ukraine.

Mehr als die Hälfte der Diözesen der mit Rom unierten ukrainischen griechisch-katholischen Kirche bestehen im Ausland, allein zwölf in Nord- und Südamerika. In der Ukraine zählt sie rund 3.400 Pfarren sowie 2.700 Priester und 1.100 Ordensmänner und -frauen.

Hervorgegangen ist die griechisch-katholische Kirche aus der 1596 geschlossenen sogenannten Union von Brest - einer Stadt an der heutigen Westgrenze Weißrusslands. Damals unterstellten sich die orthodoxen Bischöfe des polnisch-litauischen Staates, unter ihnen auch die Kiewer Metropolie, dem Papst. Ein Großteil der dortigen Kirchenhierarchie und der Gläubigen beharrte aber auf der Zugehörigkeit zum Patriarchat von Konstantinopel. So kam es 1620 zur Wiedererrichtung einer orthodoxen Metropolie.

Den Namen der Kirche führte 1774 die österreichische Kaiserin Maria Theresia ein, zu deren Reich die Westukraine gehörte. Die Gottesdienste zelebrieren die ukrainischen Unierten im sogenannten byzantinischen, also ostkirchlichen Ritus. Wie die orthodoxen Kirchen feiern sie Weihnachten und Ostern nach dem Julianischen Kalender. Ebenso weiht die griechisch-katholische Kirche auch verheiratete Männer zum Priester, nicht jedoch zum Bischof.

Katakombenexistenz im KP-Regime

Die kommunistische sowjetische Führung verbot die griechisch-katholische Kirche 1946 und ordnete ihr bei der sogenannten "Synode von Lwiw" die Zwangsvereinigung mit der russisch-orthodoxen Kirche an. Die Kirche führte danach eine Katakombenexistenz, zahlreiche Bischöfe und Geistliche wurden verhaftet und starben in sibirischen Gulags. Erst 1989 kam die Kirche durch Verhandlungen - u.a. in Wien - im Vorfeld des Besuches von Michail Gorbatschow bei Papst Johannes Paul II. am 1. Dezember 1989 wieder aus dem Untergrund.

Unter ihrem Oberhaupt Kardinal Lubomyr Husar (2001-2011) verlegte die Kirche 2005 den Hauptsitz von ihrer westukrainischen Hochburg Lviv (Lemberg) in die Hauptstadt Kiew. Zudem errichtete sie Exarchate in der Ostukraine. Das führte zu schweren Spannungen mit der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats.

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