"Gebet für die Diözese": Kärntner Kirche auf "Apollo-13-Mission"

3. Juli 2019 in Österreich


Vesper im Klagenfurter Dom war Zeichen der Solidarität mit abgelöstem Diözesanadministrator Guggenberger - Seelsorgeamtsdirektorin Hennersperger: Ortskirchen sind keine "Filiale" römischer Zentrale - Dechant Burgstaller: Aufklärer zu Tätern gemacht


Klagenfurt (kath.net/KAP) Mit einem Hilferuf a la "Houston, wir haben ein Problem" hätten sich Vertreter der Diözese Gurk-Klagenfurt bereits vor elf Jahren an kirchliche Leitstellen in Wien und Rom gewandt, um Lösungen für die schon damals unbefriedigende Situation einzumahnen. Jedoch, so die Gurker Seelsorgeamtsdirektorin Anna Hennersperger am Montagabend im Rahmen des "Gebets für die Diözese" im Klagenfurter Dom, anders als bei der Apollo-13-Mission vor knapp 50 Jahren - "dank der Kompetenzen der Besatzung und der absolut stimmigen Kooperation mit der Leitstelle" -, habe es auf die im Notruf der Diözese gemeldeten Schieflagen "wenig nachhaltige lösungsorientierte Resonanz" gegeben.

Den Hintergrund der Veranstaltung bildete die Kritik des Gurker Domkapitels an der Amtsführung und Finanzgebahrung des früheren Kärntner Bischofs Alois Schwarz, der vor einem Jahr in die Diözese St. Pölten wechselte. Die interimistische Diözesanleitung unter Engelbert Guggenberger erstellte dazu einen Prüfbericht, der nicht nur nach Rom übermittelt, sondern auch der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Kern der Vorwürfe: Das Bischöfliche Mensalgut - das direkt dem Gurker Bischof unterstellte Bistum - habe in den vergangenen Jahren eine besorgniserregende wirtschaftliche Entwicklung aufgewiesen. Im Jänner wurde der Salzburger Erzbischof Lackner von Rom mit einer Apostolischen Visitation beauftragt, die die gesamte Diözese ab 2008 und auch die Zeit der Sedisvakanz in Gurk - nach dem Wechsel von Bischof Schwarz nach St. Pölten - in den Blick nahm.

Für Problemlösungen in Systemen sei es Voraussetzung, "dass Konflikte bearbeitet und nicht unter den Teppich gekehrt werden, wo sie nur erkalten und ein Klima der Auflösung und des Abbruchs erzeugen", wies die Seelsorgeamtsdirektorin hin. Hennersperger hielt die Predigt bei der als "Gebet für die Diözese" angekündigten, von Dompropst Guggenberger geleiteten Vesper und hielt mit dem Unmut unter Kärntner Katholiken über dessen Ablösung als Diözesanadministrator nicht hinter dem Berg. Zu dem Gebet hatten der Vorstand der Dechantenkonferenz, Herbert Burgstaller, der Leiter des Referates für Priester, Johann Sedlmaier und Dompfarrer Peter Allmaier eingeladen, gekommen waren neben Mitgliedern des Gurker Domkapitels, Kärntner Geistlichen und Gläubigen auch der evangelische Superintendent Manfred Sauer.

Seelsorgeamtsdirektorin Hennersperger erinnerte daran, dass im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils jede Ortskirche als vollständige Teilkirche zu verstehen ist. Dies bedeute, "dass jede Diözese in vollem Sinn Kirche und keine Filiale einer wie auch immer gedachten oder erlebten römischen Zentrale" sei. Somit gelte: "Wir sind nicht das Volk der Bischofskongregation, sondern das Volk Gottes."

Hennersperger dankte Engelbert Guggenberger dafür, im vergangenen Jahr als Diözesanadministrator gemeinsam mit dem Domkapitel "einen Weg der Transparenz beschritten und auf diesen gepocht zu haben". Dieser Weg entspreche der Würde und dem Recht auf Transparenz der ganzen Diözese. Es helfe niemandem, "außer vielleicht dem schlechten Gewissen der Verantwortlichen in der Zentrale, die Vergangenheit umzudeuten und dabei eine Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben".

"An Konflikt haben alle ihren Anteil"

Dabei sei es ratsam, die Augen nicht davor zu verschließen, "dass an einem kollektiven Konflikt alle ihren Anteil haben". Die Aufteilung in Schuldige und Unschuldige heile nicht an der Wurzel, betonte Hennersperger. "Wir brauchen eine Konfliktbearbeitung, die in der Sache klar ist, dabei aber nie die Würde der anderen Seite verletzt". Niemand - "auch kein Nuntius" - dürfe sich das Recht herausnehmen, "uns zu demütigen: nicht die Christgläubigen, die man unglücklicherweise Laien nennt, nicht die Diözese als solche, nicht die Pfarrgemeinden und schon gar nicht die Frauen", so die Seelsorgeamtsdirektorin.

"Wir sind in turbulenten Tagen unserer 'diözesanen Apollo-Mission' im Landeanflug auf die Zukunft", sagte Hennersperger. Abschließend ermutigte sie dazu, "darauf zu vertrauen, dass sich die eigentliche Leitstelle beim Landeanflug in die Zukunft unserer Ortskirche nicht in Rom, sondern in Gott befindet". Die Diözese Gurk möge "bald wieder den Freiraum bekommen, mutig in die Zukunft weiterzugehen".

Aufruf zu Kooperation mit Bischof Freistetter

Im Anschluss an die Vesper bezeichnete Dechant Burgstaller das "Gebet für die Diözese" als Zeichen der Solidarität und des Dankes gegenüber Dompropst Guggenberger für dessen "unermüdlich beschrittenen Weg der entschiedenen und lückenlosen Aufarbeitung der Altlasten". Dessen "unbegründete Abberufung" als Diözesanadminístrator habe zwar "Unverständnis, Befremden und Enttäuschung" hervorgerufen. Die Kooperation mit dem nunmehrigen Apostolischem Administrator Militärbischof Werner Freistetter sei jedoch "zum Wohl der Diözese unerlässlich und soll von gegenseitiger Wertschätzung getragen sein".

Die Aufklärungsarbeit Guggenbergers gemeinsam mit dem Domkapitel sei stets "ausschließlich den Kriterien der Objektivität geschuldet gewesen", betonte der Vorsitzende der Dechantenkonferenz. Handlungsmotiv für alle gesetzten Maßnahmen seien "Verantwortung und Gewissenspflicht gegenüber Bistum, Diözese, dem Kirchenbeitragszahler und der Öffentlichkeit" gewesen. Die Aufarbeitung habe in der Öffentlichkeit große Zustimmung gefunden, mancherorts aber auch Irritation und Widerstand verursacht, erinnerte Burgstaller. Als Konsequenz der "ungehorsamen Wahrheitsinitiative des Domkapitels", nämlich der Veröffentlichung des Abschlussberichts der Arbeitsgruppe Bistum, habe es eine Apostolische Visitation gegeben.

"Die Aufarbeitung der Hinterlassenschaften spaltete und spaltet die Diözese insofern, dass einerseits das Bild des allseits beliebten Oberhirten nolens volens beschmutzt wird, und andererseits - um das makellose Bild zu bewahren - objektiv festgestellte Mängel schlichtweg ignoriert werden", sagte Burgstaller. Auf diese Weise seien die Aufklärer zu Tätern gemacht und der Bischof als Opfer einer "perfiden Verschwörung" dargestellt worden.

An die Kärntner Katholiken appellierte Burgstaller, "mutig, entschlossen und auch geschlossen aufzutreten, aber nicht auszutreten". Resignation sei keine Alternative, der Blick müsse in die Zukunft gerichtet sein. Weitere Schritte würden erleichtert werden, "wenn die auf sich warten lassenden relevanten Ergebnisse der Apostolischen Visitation durch die Bischofskongregation öffentlich gemacht werden".

Superintendent Sauer verwies in seinen Dankesworten für Dompropst Guggenberger darauf, dass die Evangelische Kirche in Kärnten die Vorgänge, Entwicklungen und Konflikte in der Diözese Gurk "mit großer Betroffenheit verfolgt und mit ihr mitleidet". Konflikte würden zwar zum Menschsein gehören, man müsse diese aber offen ansprechen und sich Unstimmigkeiten offen stellen dürfen. Dies habe Dompropst Guggenberger als Diözesanadministrator "in beeindruckender Weise gemacht und dabei Mut und Haltung bewiesen".

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