Rücktritte gefordert – Der Fürst der Welt verlangt Opfer

3. Juni 2019 in Kommentar


Der Weg der Kirche ist eben nicht der Weg der Welt, die uns weismachen will, mit Rücktritten sei alles erledigt - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)
Zu erwarten war es längst. Jetzt ist es nicht nur die Frage einer Journalistin, jetzt ist es die Forderung eines Wissenschaftlers. Bischöfe und Generalvikare sollen gefälligst die Verantwortung übernehmen und von ihren Ämtern zurücktreten, wenn sie in Vertuschung von Missbrauchsfällen verstrickt waren oder sind und persönliche Verantwortung tragen. Das ist die Weise der Welt, mit Schuld und Verstrickung umzugehen.

Die Krise des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in der Kirche ist noch lange nicht vorbei, wie Harald Dreßing, Leiter der MHG- Studie zu Recht feststellt. Es passiert immer noch und man darf Zweifel daran haben, wie groß der Wille zur unbedingten Aufklärung einschlägiger Straftaten in den Ordinariaten wirklich ist. Die Situation ist verfahren. Das ist gerade das innere Wesen der Sünde.

Der Mensch kann sich selber nicht aus der Sünde befreien. Das kann nicht durch Aufgeben von Ämtern passieren, das kann nicht durch Strafverfolgung passieren, das kann nicht durch Studien passieren.
Es geht kein Weg an einer radikalen Umkehr vorbei. Schuld ist niemals ein Kollektivum, Schuld ist immer persönlich. Einzelne Menschen laden Schuld auf sich, nicht Gruppen und nicht Institutionen. Wo die eigene Schuld nicht wahrhaftig eingestanden wird, wo nicht erkennbar Umkehr erfolgt und wo nicht wahrhaftig Buße getan wird, da ist das Ende der Krise noch ganz lange nicht in Sicht. Laden viele in gemeinsamer Verstrickung Schuld auf sich, so schafft die Schuld Strukturen der Sünde, aus denen es kaum noch ein Entrinnen gibt.

Das alles mag nicht den Wert einer wissenschaftlichen Untersuchung mindern. Wahrheit und Klarheit gehören zur Erkenntnis bestehender Strukturen unbedingt dazu. Wer Teile der Wahrheit ausblendet, macht sich zum Kumpan der Lüge. Da ist beispielsweise der Einfluss, den der sittliche Verfall schon vor 1968 - und noch mal sehr viel stärker danach, wie Papst Benedikt XVI. dies in seiner Analyse zu Recht betont, auf die Kirche und die Entwicklung der Moraltheologie genommen hat. Da ist der dramatisch überwiegende Teil an gleichgeschlechtlichem sexuellem Missbrauch, der nicht geleugnet werden kann. Es kommen viele Aspekte zusammen, die noch lange nicht alle angemessen gewürdigt wurden. Es gibt noch vieles zu klären.

Eines aber ist ein Faktum, an dem es kein Vorbeireden gibt: Jeder einzelne Fall ist ein Einzelfall von persönlicher Schuld. Umkehr, Vergebung und Buße bedarf jeder dieser Menschen. Für jede Verstrickung in Vertuschung, Unterdrückung der Opfer durch Drohungen und andere Maßnahmen, sowie Verhinderung von Aufklärung und Strafverfolgung gilt das ebenso, wie für die Täter. Mag jeder sein Gewissen erforschen und sich die nötigen Fragen stellen. Ganz gleich, ob man dem weltlichen Richter entgeht oder nicht. Dem ewigen Richter entgeht keiner. Auch diese Wahrheit gilt es immer neu zu bedenken.

Jeder Bischof, jeder Priester und jeder Mitarbeiter in der Verwaltung ist gehalten, sich selber zu fragen, welche Konsequenzen sein Verhalten haben muss. Sollte ein Bischof oder ein Generalvikar zu der Gewissensentscheidung gelangen, dass es der Kirche dient, sein Amt aufzugeben, so mag er dies als Bischof dem Papst und als Priester seinem Bischof anbieten. Wer im Amt belassen wird, übe dies in Demut bis zum Ende aus. Der Weg der Kirche ist eben nicht der Weg der Welt, die uns weismachen will, mit Rücktritten sei alles erledigt.


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