10. Jänner 2004 in Österreich
Vor kirchlichen Ehegerichten kann es sich "niemand richten" - Bei der Annullierung der Ehe von Außenministerin Ferrero-Waldner wurde "völlig korrekt" vorgegangen
Wien (kath.net/PEW/red)
Die kirchliche Eheannullierung ist "keine Frage von Geld oder Prominenz", betonte der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, am Freitag. Vor den kirchlichen Ehegerichten könne es sich "niemand richten", es gehe einzig und allein um die Beweisführung. Auch bei der Annullierung der Ehe von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner sei "völlig korrekt" vorgegangen worden. Das Verfahren sei im Jänner 2002 in Salzburg eröffnet und im Sommer 2003 in zweiter Instanz in Wien beendet worden. Das sei die "klassische Länge" eines Annullierungsverfahrens, so Leitenberger.
In jeder österreichischen Diözese gibt es ein Diözesangericht, wo Interessierte kostenlos Auskunft und Beratung erhalten. Bei vielen Gerichten stehen den Klienten sogar eigene Anwälte und Rechtsbeistände zur Verfügung. Zuständig für die Durchführung eines Ehenichtigkeitsverfahrens ist in der Regel das kirchliche Gericht jener Diözese, in der der Trauungsort oder der Wohnsitz des nichtklagenden Ehepartners liegt. Unter bestimmten Voraussetzungen darf auch dasjenige Gericht den Prozess führen, in dessen Bereich der Antragsteller (Kläger) oder die meisten Zeugen wohnen.
Am mangelnden Geld ist noch kein Eheprozess gescheitert. Von der Bischofskonferenz ist festgelegt, dass ein Prozess in erster Instanz 225 Euro kostet, solange nicht zusätzliche Ausgaben, wie etwa für ein Fachgutachten, anfallen. Für die zweite Instanz kommen 152 Euro dazu. Als zeitliche Richtschur gelte: Ein Prozess in erster Instanz soll nicht länger als ein Jahr, in zweiter Instanz etwa ein halbes Jahr dauern.
Das Kirchenrecht verleiht der Ehe einen besonderen Rechtsschutz. Es geht deshalb von der Rechtsvermutung aus, dass in der Regel eine Ehe gültig zu Stande kommt. Im Zweifelsfall muss daher so lange für die Gültigkeit einer Ehe eingetreten werden, bis das Gegenteil bewiesen ist. Eine Ehe gilt erst dann als annulliert, wenn zwei voneinander unabhänge Gerichte übereinstimmend eine Ehe für ungültig erklären. Erst mit dem Vorliegen von zwei gleich lautenden Urteilen ist man berechtigt, eine neue kirchliche Ehe einzugehen. Aus der annullierten Ehe hervorgegangene Kinder gelten für das Kirchenrecht aber nach wie vor als ehelich.
Wann ist eine Ehe ungültig?
Häufige Gründe für eine Ehe-Annullierung sind neben formalen Fehlern oder Hindernissen die "Ehewillens-Mängel": Psychische Erkrankungen, gestörte Verhaltensweisen oder Abhängigkeiten können eine wirklich freie Willensentscheidung bei der Eheschließung unmöglich gemacht haben. Auch das fehlende Abschätzen der Rechte und Pflichten einer Ehe kann ein Annullierungsgrund sein. Auch wenn jemand nur aus Gefälligkeit den Eltern gegenüber eine Ehe schließt, ist sie nicht gültig zu Stande gekommen. Ein mangelnder Ehewille ist auch dann gegeben, wenn jemand sich von Anfang an die Möglichkeit einer Scheidung vorbehält oder sich klar vornimmt, die Treue nicht zu halten oder von vornherein Kinder ausschließt.
Foto: (c) Außenministerium
© 2004 www.kath.net