Feindbild Kirche

27. Februar 2019 in Kommentar


Wer den Skandal der Kirche nutzt, um die eigene Agenda durchzusetzen, wird zum Trittbrettfahrer des Verbrechens - Kritik an den Glaubenswächtern der "Süddeutschen" & Co. - Ein Zwischenruf von Peter Seewald


München (kath.net)
Als ich heute morgen in der Messe war, saßen da mit mir nur einige wenige Gläubige in dem riesigen Gotteshaus. Die Treuen, die Mutigen, die nicht davon ablassen, sich zu ihrem katholischen Glauben zu bekennen und ihn tatsächlich auch leben wollen. Irgendwelche Medienleute sah ich da nicht. Feindbild Kirche. Aus allen Kanälen, aus allen Rohren, von allen Kanzeln wird geschrien, angeklagt und gespuckt. Muss man noch sagen, wie furchtbar, wie beschämend die schrecklichen Vergehen von Priestern, Bischöfen und sogar Kardinälen sind? Aber wie glaubwürdig ist es, wenn ausgerechnet eine Bild-Zeitung der Kirche einen Moral-Kodex vorschreiben will und hierzu einen 12-Punkte-Forderungskatalog aufstellt?

Wie glaubwürdig ist es, wenn die bekannten Katholikenfresser in den einschlägigen Medien dem Missbrauch in der Kirche seit Jahren mit unzähligen Seiten einen Platz einräumen, als sei die katholische Kirche eine einzige Verbrecherorganisation? Wie glaubwürdig ist es, wenn Papst Franziskus vorgehalten wird, er wolle mit dem Hinweis auf den Missbrauch in anderen Bereichen nur ablenken – wenn nicht auch der massenhafte Missbrauch von Kindern ein Thema ist, die heute seelischen Schaden nehmen, weil sie ungeschützt jeder Art von Pornografie ausgesetzt sind?

Wie glaubhaft ist es, wenn niemand der Glaubenswächter in der „Süddeutschen“ und anderswo es überhaupt groß erwähnenswert findet, wenn die Jugendorganisation der SPD Abtreibung bis vor der Geburt erlauben und damit die Tötung lebensfähiger Kinder legalisieren will? Wie glaubhaft sind die Forderungen gegen die katholische Kirche nach Aufklärung, nach Öffnung, nach Demokratisierung etc., wenn es in denselben Medien um einen wirklich aufklärenden, sachlichen, offenen, ausgewogenen Journalismus immer schlechter bestellt ist?

Missbrauch ist ein Problem der Kirche, aber nicht nur. Das wissen wir nicht erst seit „Mee too“ und Odenwald. Fast einhundert Prozent der Missbrauchsfälle geschehen in Familien, in Sportverbänden, in öffentlichen Einrichtungen etc. Wer dann den Skandal der Kirche aber nutzt, um die eigene Agenda durchzusetzen – die Vorstellung einer ominösen „Zivilreligion“ und einer katholischen Kirche, die ihrer Katholizität entkernt ist –, macht sich nicht nur unglaubwürdig, sondern wird zum Trittbrettfahrer des Verbrechens.

Hat sich irgendeine andere Institution – der Staat, die Sportverbände, die Vereinten Nationen etc. – in einem ähnlichen Ausmaß des Skandals des Missbrauchs angenommen wie die katholische Kirche? Dass sie allen Grund dazu hat, ist keine Frage. Dass es furchtbare Versäumnisse gab – etwa die bessere Einbindung der Opferinitiativen jetzt in Rom –, auch nicht. Aber wer getraut sich überhaupt noch, diese Maßnahmen auch einmal fair zu würdigen?

Stattdessen gereicht jede Äußerung, jede neue Studie, jede Tagung, jeder Prozess, jeder Gipfel zu ganzen Zeitungsseiten voller neuer Anklagen. Anklagen vorwiegend von Meinungsmachern, die selbst wenig Ahnung davon haben, was katholischer Glaube und katholische Kirche eigentlich bedeuten.

Über 220 Millionen Kinder werden nach Angaben von UNICEF weltweit jährlich zum Sex gezwungen. Das geschieht nicht im „Dunkelraum Kirche“. Die internationalen Kinderschänder-Ringe bestehen nicht aus Priestern und Ordensleuten, sondern vielfach auch aus Politikern und Managern. Täglich werden in Deutschland hundertausendfach pornografische Kinderbilder aus dem Internet heruntergeladen. Diese Täter leben nicht zölibatär. Und das Problem der Pornografisierung einer ganzen Gesellschaft ist keine Folge von kirchlicher Sexualmoral, sondern von deren Abhandenkommen.

Hört also auf mit Euren Belehrungen! Hört auf, Eure Macht in den Medien zu missbrauchen, wie sie früher die Mächtigen auf den Königsthronen und in den Adelshäusern gegenüber der Kirche missbraucht haben! Gerade eine Gesellschaft, die sich in ihrer Gottesfinsternis immer mehr verirrt, sollte darüber nachdenken, was sie verliert, wenn sie mit einem Furor ohnegleichen eine Institution in Bausch und Bogen verdammt, deren Ethik für eine demokratische, gerechte, freie Gesellschaft unverzichtbar ist.

Kritik ist gut und notwendig. Aber wer jedes Maß, jeden Sachverstand, jede Differenzierung vermissen lässt, kann nicht auch als glaubwürdig gelten wollen. Dem geht es offenbar um eigene Ziele.


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