Kirchensteuer, Kindergärten, Caritas – weg damit

21. Jänner 2019 in Kommentar


Die sozialen und medizinischen Dienste müssen um ihrer selbst und der Kirche willen aus dem Komplex der Kirche und der Kirchensteuer entlassen werden - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)
Ganz gleich, wie grausam das klingen mag, es ist eine Chance für die Kirche. Man darf den Gedanken durchdeklinieren. Auf dem Neujahrsempfang seines Bistums regte Bischof Gregor Maria Hanke an, über die Zukunft der Kirchensteuer nachzudenken. Er ist wohl der erste Diözesanbischof, der über den „engen Junktim zwischen Geld und Gnade“ sprach. Bischof Hanke ging es dabei um den Glauben, um die Gefahr der „Homöopathisierung des Glaubens“.

Ein Aspekt davon ist das Sozialengagement der Kirche. Der Glaube ist gesellschaftlich nicht einmal mehr in homöopathischer Potenzierung vorhanden. Er ist so weit verdunstet, dass er im Alltag der Menschen keine Rolle spielt. Die Kirche als Arbeitgeber betreibt zahlreiche wertvolle Einrichtungen. Nur eines muss man diesen Einrichtungen bescheinigen: Das Attribut katholisch gebührt ihnen nicht mehr. Zwar herrscht da nominell ein irgendwie katholischer Geist, dieser ist von katholisch deutlich verschieden. Das Christentum ist kein reines Lehrgebäude, es ist eine Begegnung mit dem lebendigen Christus. Es ist die Begegnung mit Zeugen für Christus. Katholische Pfarrer dürfen froh sein, wenn in ihrem Kindergarten eine wirklich katholische Erzieherin arbeitet, die zudem idealerweise nicht in irregulären Verhältnissen lebt.
Wie soll das Konzept „katholischer Kindergarten“ funktionieren, wenn das lebendige Zeugnis fehlt? Andere Frage: Wäre katholischer Kindergarten mit Erziehung zum Glauben, täglichem Gebet und katechetischer Unterweisung der Kinder überhaupt noch in der Breite der Bevölkerung akzeptiert?

Gleiches lässt sich äquivalent über Krankenhäuser, Altenheime, Sozialstationen, Schulen und vieles andere mehr sagen. Die Kirche war Pionier in den sozialen Diensten, der Medizin und der Bildung. Das ist ein Verdienst, der betont werden muss. Die Geschichte ist weitergelaufen. Standards haben sich gesellschaftlich durchgesetzt.

Der Glaube hingegen spielt keine Rolle mehr. Die Kirche ist ein milliardenschwerer Player in Sozialbusiness. Die kirchliche Arbeitsordnung musste(?) wider die Moral der Kirche geändert werden.

Sonst hätte man die meisten Mitarbeiter hätte entlassen müssen. Ein Chefarzt in einem katholischen Krankenhaus muss entlassen werden, wenn er sich scheiden lässt und erneut zivil heiratet. Muss?

Es ist so ein Aspekt von „Homöopathisierung des Glaubens“, wenn kirchliche Einrichtungen um jeden Preis in der Kirche gehalten werden, die Mitarbeiter auf Grund ihrer Lebensführung und ihrer persönlichen Ansichten aber keine lebendigen Zeugen sein können. Muss ein Chefarzt die Moral der Kirche teilen, um ein guter Chefarzt zu sein? Man erkennt das Dilemma.

Niemand möchte sich lieber von einem frommen Quacksalber als von einem qualifizierten Häretiker operieren lassen. Niemand, der das Leben für eine Gabe Gottes hält, möchte hingegen in die Hände eines Euthanasiebefürworters geraten.

Es ist ein Konflikt zwischen Glaube, Qualität und Ethik. Die Kirche muss - um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit wegen - den Ballast der Sozialkonzerne, nicht jedoch den Anspruch der Caritas als authentischer Ausdruck christlichen Lebens abwerfen. Es geht definitiv nicht um Schließungen. Ein gesellschaftliches Chaos wäre der Fall. Es geht um ein geregeltes Outsourcen.

Die sozialen und medizinischen Dienste müssen um ihrer selbst und der Kirche willen aus dem Komplex der Kirche und der Kirchensteuer entlassen werden. Den Werken das ethische und qualitative Erbe des christlichen Glaubens mitzugeben, ist dabei sicher eine Herausforderung. Entscheidend ist die Abkopplung, die eine größere Ehrlichkeit herstellt. Entscheidend ist es, Werke aus den Händen der Kirche zu nehmen, die Kräfte binden, die die Kirche nicht mehr hat.


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