Die wahre Lehre kann mit der Irrlehre keinen Kompromiss eingehen

11. Dezember 2018 in Kommentar


Kompromisse werden zwischen Interessen geschlossen, nicht zwischen richtig und falsch - Die Monatskolumne von Sebastian Moll


Linz (kath.net)
Kompromissfähigkeit gehört zu den entscheidenden Tugenden der Politik. Immer wieder werden wir dieser Tage daran erinnert, dass die erste Demokratie auf deutschem Boden an der ideologischen Verhärtung und der daraus hervorgehenden Unfähigkeit zur Zusammenarbeit scheiterte. Aber auch im zwischenmenschlichen Bereich ist diese Tugend unumgänglich. Eine Ehe beispielsweise ist nicht zum Erfolg zu führen, wenn nicht beide Partner bereit sind, ihre eigenen Interessen zugunsten des jeweils anderen zurückzustellen. Doch wie sieht es im Bereich der kirchlichen Lehre aus? Auch hier gibt es zahlreiche Streitpunkte, die uns nahezu täglich vor Augen geführt werden. Wie also verfahren bei strittigen Themen wie Homosexualität, Frauenordination, Abtreibung etc.? Führt auch hier am Ende nur der Kompromiss zum Ziel?

Einige Kirchen versuchen es derzeit mit solchen Kompromissen. Sowohl in der anglikanischen wie auch der methodistischen Weltkirche wird darüber diskutiert, ob beispielsweise Trauungen von homosexuellen Paaren in einigen Regionalkirchen erlaubt werden sollen, in andern aber weiterhin verboten bleiben. Im Klartext würde das heißen: In Deutschland hält Gott seine schützende Hand über das schwule Ehepaar, aber in Südafrika ist ihm diese Verbindung ein Greuel.

Wie albern ein derartiges Vorgehen ist, liegt unmittelbar auf der Hand. Warum aber verfallen Menschen einem derartigen Irrsinn? Weil sie das Konzept eines Kompromisses nicht verstehen. Kompromisse werden zwischen Interessen geschlossen, nicht zwischen richtig und falsch.

Nehmen wir ein Beispiel aus der Politik: Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften über das Lohnniveau diskutieren, so haben beide Seiten berechtigte Forderungen, zwischen denen ein Mittelweg gefunden werden muss. Zwischen Wahrheit und Irrtum ist ein derartiger Mittelweg aber nicht möglich. Stellen Sie sich vor, Sie sind in der kommenden Woche zu einer Konferenz eingeladen, wissen aber nicht mehr, ob diese am Dienstag oder am Donnerstag stattfindet. Was tun Sie? Gehen Sie am Mittwoch hin, sozusagen als Kompromiss? In diesem Fall hätten Sie zwar das Risiko der Abweichung auf einen Tag minimiert, aber Sie wären auf jeden Fall am falschen Tag da. Entweder die Konferenz ist am Dienstag oder am Donnerstag. Sie müssen sich entscheiden. Ebenso verhält es sich in der kirchlichen Lehre. Die wahre Lehre kann mit der Irrlehre keinen Kompromiss eingehen, sie würde dadurch (im wahrsten Sinne des Wortes) kompromittiert. Entweder stehen homosexuelle Bindungen unter Gottes Segen oder sie tun es nicht.

Wir müssen uns entscheiden.
Ähnlich wie bei der Frage des korrekten Termins einer Konferenz sind wir aber nicht auf bloßes Raten angewiesen. Durch gründliches Forschen können wir eine informierte Entscheidung treffen, hier durch Rückgriff auf unseren Kalender, dort durch zu Rate ziehen von Schrift und Bekenntnis. Gänzlich ausmerzen lässt sich die Möglichkeit eines Irrtums natürlich auch dadurch nicht. Aber wer aus Angst, die falsche Entscheidung zu treffen, lieber gar keine trifft, wird enden wie der Diener, der sein Talent in der Erde vergrub.


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