Vertrauen dahin

14. November 2018 in Kommentar


„Gerade in den USA klebt der Fall McCarrick wie ein Kainsmal am katholischen Bischofsamt.“ Kommentar zur Vollversammlung der US-Bischofskonferenz angesichts des Missbrauchs- und Vertuschungsskandals. Von Peter Winnemöller


Paderborn (kath.net/Blog „katholon“/pw) Das Selbstvertrauen auch. Die Bischöfe der Vereinigten Staaten von Amerika hatten den Plan ein Antimissbrauchsprogramm zu beschließen, das weltweit einzigartig gewesen wäre. Einzigartig wäre auch die Dekonstruktion des Weiheamtes gewesen, denn in Falle von (angenommenem?) Missbrauch hätten Laien Strafmaßnahmen über Bischöfe verhängen resp. einleiten können. Das ist natürlich stark vergröbert, trifft aber so den Kern der Sache. So weit, so schlecht.

Aus dem Hause Ouellet kam der Einspruch. Stop! Über dieses Programm soll nicht abgestimmt werden. Zum einen gab es erhebliche theologische Vorbehalte in der Bischofskongregation, zum anderen hat der Papst die Bischöfe zu einem Treffen im Februar kommenden Jahres eingeladen. Auf diesem Treffen sollen weltweit gültige Maßnahmen beschlossen werden. Die US-Bischöfe zeigten sich konsterniert. Konservative Katholiken in den USA sehen darin eine Verschleppungstaktik von Papst Franziskus. Diese Einschätzung hat Ursachen. Gerade in den USA klebt der Fall McCarrick wie ein Kainsmal am katholischen Bischofsamt. Nur so sind die krassen Maßnahmen überhaupt zu verstehen. Die Bischöfe trauen sich selber die Lösung nicht mehr zu. Versiegende Spenden machen der Kirche in den USA zu schaffen, da es keine Kirchensteuer gibt.

Keine Hoffnung auf den Papst

Papst Franziskus hatte sich in der Vergangenheit nicht gerade als der große Aufklärer in Sachen sexuellem Missbrauch hervorgetan. Noch immer stehen die Vorwürfe von Erzbischof Viganò unwidersprochen im Raum. Das macht es in den USA umso schwerer, das NoGo aus Rom zu akzeptieren. Das Dilemma ist perfekt. Eine solche Dekonstruktion des Bischofsamtes, wie ihn die Bischöfe in den USA partiell vornehmen wollten, hätte sich nicht einmal WisiKi zu fordern getraut. Auf der anderen Seite fehlt den Bischöfen selber offensichtlich die Kraft, den angerichteten Schaden wieder zu richten.

Kann man das überhaupt, muss man an der Stelle fragen. Denn eines ist klar, ganz gleich welcher (Selbst-)Kasteiungen sich die Bischöfe unterziehen, die Schäden, Verletzungen, Traumata der Opfer gehen davon nicht weg. Die haben ihr Kreuz zu tragen. Und statt sich zu überlegen, wie können wir das Spendenaufkommen retten, indem wir das Amt dekonstruieren, wäre es wohl besser zu überlegen, wie man den Opfern sinnvoll helfen kann. Als Bischof, wohlgemerkt. Es gilt ein Kreuz zu tragen. Das mitzutragen sollte man von einem Hirten, der direkt oder indirekt (mit-)schuldig geworden ist, durchaus verlangen können.

Der Eingriff aus Rom ist nicht geeignet, das Dilemma zu beenden. Die Verwirrung und Verärgerung in der USA ist da und es bleibt die Frage, ob das Dilemma lösbar ist. Die Konferenz im Februar in Rom kommt zu spät. Die Jugendsynode, die eigentlich das Werk des heiligen Papst Johannes Paul II. der Evangelisierung der Jugend hätte in unsere Zeit übersetzen müssen, stand im Schatten des sexuellen Missbrauchs. Ein Skandalon. Die Jugendsynode hat so keine Relevanz. Hätte man sie doch um ein oder zwei Jahre verschoben!

Nun müssen wir fast ein Vierteljahr warten, bis der Weltepiskopat unter Papst Franziskus weltweit einheitliche Lösungen suchen, beschließen und umsetzen soll. Die Frage ist, ob das überhaupt möglich ist. Die Verschiedenheit der Mentalitäten weltweit sind nur die eine Sache. Die ins Werk gesetzte Synodalität und die angebliche Stärkung der Ortskirchen sind eine andere. Plötzlich muss es wieder Zentralismus sein. Hoffnung macht das nicht.

Aufgaben der Bischöfe neu beschreiben

Ein wirkliches Hoffnungszeichen wäre es, würde diese leidige Nabelschau und das modernistische Rücktrittsgeschwafel aufhören. Unfähigen Bischöfen kann man einen Koadjutor zur Seite stellen. Wer Schuld auf sich geladen hat, soll beichten und Buße tun. Und wer Bischof ist, soll gefälligst das Volk im Glauben unterweisen und seinen Leitungsdienst ernst nehmen. Außer Klerikalismus ist nämlich leider der noch viel schlimmere Episkopalismus zu beklagen. Bischöfe, die für ihre Priester nicht zu sprechen sind. Bischöfe, die alles machen, nur nicht die Gläubigen unterweisen. Stattdessen lassen sich Bischöfe in jüngster Zeit auch gerne von (zuweilen ungläubigen) weltlichen Beratern unterweisen.

Aber es geht natürlich auch darum, die Disziplin im Klerus zu überwachen. Vertuschen von Straftaten geht gar nicht und sollte sofortige disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen. Die Idee der US-amerikanischen Bischöfe ist von daher auf dem Grunde nach gut. Sie so in Bausch und Bogen abzuweisen ist schlecht. Eine mit dem Weiheamt konforme Lösung zu suchen, die es ermöglicht, dass Laien gegen Bischöfe vorgehen, ist der richtige Weg.

Vielleicht sollte sich mal eine Bischofssynode mit dem Bischofsamt beschäftigen. Nicht zuletzt die Frage, ob und von wem Bischöfe Geld, d.h. ihr Gehalt annehmen dürfen, könnte dabei auf der Tagesordnung stehen. Die Verpflichtung zur Katechese und zur Erreichbarkeit für Volk und Klerus ebenfalls.

Es gibt viel zu tun. Dabei sollte man nie vergessen: Nicht um Vertrauen geht es, vertrauen muss man vor allem in weltlichen Dingen, z.B. seinem Autohändler, Versicherungsvertreter und Banker. Es geht um den Glauben und damit um ewige Dinge. Diese Verantwortung tragen die Bischöfe. Ob sie das immer so auf dem Schirm haben?

Pressefoto Pe

ter Winnemöller


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