Vom Ablass sollte man nicht ablassen

5. November 2018 in Kommentar


Allerheiligen wird groß gefeiert. Allerseelen leise, den Friedhof segnend, umschifft - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)
Das große Schweigen an Allerseelen mutet teilweise etwas peinlich an. Viele Gläubige wissen um den Allerseelenablass, viele wissen auch um dessen Bedeutung und Wirkung. Den meisten davon wird bewusst sein, wie man ihn erwirbt und unter welchen Bedingungen. Das gilt sicher auch für Priester. Trotzdem sind Hinweise auf diesen besonderen Ablass eher selten geworden.

Der Ablass im Allgemeinen ist zudem recht notleidend geworden. Die sehr enge Bindung an die Beichte mag durchaus ein Grund dafür sein. Die Beichte ist in Deutschland inzwischen die Ausnahme in der Pfarrei und doch ein längst wieder gehobener Schatz in oft noch jungen geistlichen Bewegungen und Gemeinschaften. In gleicher Weise gilt das für den Ablass. Nicht sonderlich verwunderlich, wenn insbesondere altrituelle Gemeinschaften das Wissen um den Ablass pflegen und natürlich auch zu Allerseelen darauf verweisen. Es ist das tradierte oder neu erweckte Wissen um diesen geistlichen Schatz der Kirche, welches hier wie dort lebt.

Ob charismatisch oder tridentinisch offensichtlich ist hier wie dort das Bewusstsein um den geistlichen Reichtum dessen, was die Kirche bereit hält einfach größer. Es ist sicher auch der Blick auf das Leben an sich, der hier prägend wirkt. In der „modernen" Pfarrei, so scheint es immer wieder, ist der Blick auf die letzten Dinge insgesamt prekär. Man kapriziert sich eher darauf seine Umwelt zu gestalten, d. h. die diesseitige Welt zu verbessern.

Der Karnevalsschlager „Wir kommen alle, alle in den Himmel“ scheint hier Maßgabe moderner Pastoral zu sein. Allerheiligen wird groß gefeiert. Allerseelen leise, den Friedhof segnend, umschifft. Besser nichts zu Seelen und so. Das zeigt schon vieles auf.

Warf man der Kirche früher gerne ein Vertrösten auf das Jenseits vor, so steht heute das Diesseits ganz in der Mitte. Aber das ist es nicht allein. Die Unsitte „Beerdigungsmessen“ in weiß zu feiern, kann den Blick noch mal deutlicher auf das Problem werfen. Nimmt man ein solches Requiem in weiß, eine sog. Auferstehungsmesse, wie sie zuweilen genannt wird, wirklich ernst, dann ist es eine (illegale) Heiligsprechung. Das traditionelle 30-Tages- oder Jahresamt müsste dann konsequenterweise zu Ehren des neuen Heiligen gefeiert werden. Das macht keiner. Warum eigentlich nicht? Zum einen vielleicht doch noch ein Rest Wissen oder Ahnung von den Letzten Dinge will man hoffen.

Solcherlei Praxis erklärt aber durchaus, aus welchen Quellen sich der Verzicht auf Ablässe speist. Wer braucht schon einen Nachlass zeitlicher Sündenstrafen, wenn man sowieso sofort in den Himmel kommt? Und da ahnt auch der von Katechese unbeleckte Katholik die Ungereimtheit. Da steht man vor einer geöffneten Schatzkammer unglaublicher geistlicher Schätze und greift nicht zu. Zu verstehen ist das nicht. Also: Mut zum Ablaß!

Hintergrund:

Vom 1. bis zum 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablass für die Verstorbenen gewonnen werden. Neben den üblichen Voraussetzungen (das sind: eine Beichte, wobei eine zur Gewinnung mehrerer vollkommener Ablässe genügt; entschlossene Abkehr von jeder Sünde; sakramentaler Kommunionempfang und Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters - diese Erfordernisse können mehrere Tage vor oder nach der Verrichtung des jeweiligen Ablasswerkes erfüllt werden) sind vonnöten:
am Allerseelentag (einschließlich 1. November ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, mit Gebet des Vaterunser und des Glaubensbekenntnisses; oder
vom 1. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.

Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, ist es ein Teilablass für die Verstorbenen. Ein solcher kann an diesen und auch an den übrigen Tagen des Jahres durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.

http://www.kathpedia.com/index.php/Allerseelen

Foto: (c) Sarah Börner


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