Grüner Vorstoß: Religionsunterricht Christen, Juden, Muslime

2. November 2018 in Deutschland


Grüner Vorstoß in Schleswig-Holstein sieht Religionslehrer als Moderatoren eines Mehr-Religionenunterrichts – Katholische Reaktion: Religionsunterricht ist „keine Folklorekunde“ - UPDATE: kath.net fragt an, Erzbistum Hamburg nimmt Stellung


Kiel (kath.net) Die Grünen des Bundeslandes Schleswig-Holstein schlagen einen „Religionsunterricht für alle“ vor. Imame und Rabbiner sollen verpflichtend mitunterrichten. Die Grünen bilden gemeinsam mit CDU und FDP eine sogenannte „Jamaika“-Koalition und stellen den Stellvertreter des Ministerpräsidenten. Die grüne Landtags-Fraktionschefin Eka von Kalben erläuterte zu der Initiative: „Wir wollen den Religionsunterricht interreligiöser machen“, er soll damit zu einem Angebot an alle Schüler aller Religionen, Konfessionen und an Atheisten werden, sagte sie gemäß den „Lübecker Nachrichten“. Sie bezeichnete es als „grundfalsch, Klassen gerade dann auseinanderzureißen, wenn im Unterricht über Werte gesprochen“ werde. Die (christlichen) Religionslehrer sieht sie künftig in der Rolle von Moderatoren eines Unterrichts, der alle Religionen im Vergleich vorstellt. Damit würde der Religionsunterricht zu einer Art Religionskunde und die eigene Konfession des Lehrers träte im Unterricht in den Hintergrund. Der erste Schritt wäre, dass die evangelischen und die katholischen Religionslehrer verpflichtend Imame und Rabbiner in den Utnerricht mit einbeziehen sollten. Allerdings sei auch innerhalb der Grünen noch nicht zu Ende diskutiert, nach welchen Kriterien die muslimischen und die jüdischen Geistlichen für den Unterricht ausgewählt werden sollen, denn man träfe hier auf teilweise sehr unterschiedliche Richtungen innerhalb ihrer Religionen. In der Jamaika-Koalition sind solche Pläne umstritten, CDU- und FDP-Verantwortliche äußern sich zurückhaltend. Unterstützung kommt allerdings von der SPD, die aktuell im Landtag in der Rolle der Opposition ist.

Energischer Widerspruch kommt von den beiden christlichen Konfessionen, berichteten die „Lübecker Nachrichten“ weiter. Beate Bäumer, Leiterin des Katholischen Büros in Kiel, stellte fest, dass man niemals auf den eigenständigen katholischen Religionsunterricht verzichten werde. Der katholische Religionsunterricht sei Ausdruck der Religionsfreiheit und „kein buntes Allerlei und keine Folklorekunde, wo es um etwas Ethik und Kultur geht“. Peter Schulze, Vize-Sprecher der evangelischen Nordkirche, erläuterte: „Man kann den konfessionellen Unterricht auf der verfassungsrechtlichen Grundlage nicht einfach durch einen interreligiösen Unterricht ersetzen, auch wenn das immer wieder angeregt und diskutiert wird.“

An den Schulen Lübecks besuchen inzwischen bereits 44 Prozent der Kinder an den weiterführenden Schulen keinen evangelischen oder katholischen Religionsunterricht mehr.

UPDATE
Auf die Presseanfrage von kath.net an das Erzbistum Hamburg antwortete Dr. Christopher Haep, Leiter Abteilung Schule und Hochschule im Erzbistum Hamburg – kath.net dokumentiert das Statement zu der von der Grünen-Fraktionschefin im Kieler Landtag eingebrachten Diskussion um die Einführung eines interreligiösen Religionsunterrichtes in Schleswig-Holstein in voller Länge:

„Das Erzbistum Hamburg unterstreicht den besonderen Wert des konfessionellen beziehungsweise konfessionell-kooperativen Religionsunterrichtes in Schleswig-Holstein. Im konfessionellen Religionsunterricht stellt die staatlich ausgebildete Lehrkraft aus der eigenen religiösen Identität heraus dar, wie ihr Glaube aktuell lebbar ist und welche religiösen Anforderungen das Leben in unserer pluralen Gesellschaft stellt. Dazu gehören eben nicht nur ethische Fragestellungen, sondern auch Fragen, die in keinem anderen schulischen Fach zur Sprache kommen – wie beispielsweise die Frage nach dem Woher und dem Wohin des Menschen, nach Gerechtigkeit und Leid in der Welt.

Jede Religion hat auf diese Fragen ihre eigenen Antworten. Deshalb ist es so wichtig, dass sich Lehrkräfte im Theologiestudium mit ihrer eigenen Religion auseinandergesetzt haben. Das Erzbistum Hamburg tritt dafür ein, dass in Deutschland die staatliche Ausbildung von Islamlehrkräften vorangetrieben und Islamunterricht an den Schulen angeboten wird. Der Dialog der Lehrkräfte unterschiedlicher Konfessionen und Religionen wäre ein Gewinn für das gesamte Kollegium und würde die Pluralität unserer Gesellschaft auch im Lehrerzimmer realistisch abbilden und Toleranz fördern.

Die Begegnung mit Vertretern anderer Konfessionen oder Religionen in der Schule oder bei Besuchen von Kirchen, Moscheen oder Synagogen fördert die Dialogfähigkeit von Schülerinnen und Schülern. Sie werden herausgefordert, ihre eigenen Glaubensvorstellungen zu begründen und bilden sich ein eigenes Urteil über deren Tragfähigkeit in ihrem Leben. Schulischer Religionsunterricht versteht sich damit nicht als der Ort der „Glaubensvermittlung“. Das ist Aufgabe der Pfarrgemeinde.“


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