EU-Familienverband: Individual-"Rechte" gefährden Charta von 1948

13. April 2018 in Familie


FAFCE-Verantwortlicher Antoine Renard: Heute "Müdigkeit unter jenen, die zurecht glauben, dass soziales Handeln besser ist als Individualismus"


Wien (kath.net/KAP) Auf die Gefährdung des Wesens der vor 60 Jahren verabschiedeten UN-Menschenrechtscharta durch eine individualistische Neuinterpretation und Ideologisierung hat der Präsident der Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE), Antoine Renard, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur "Kathpress" am Donnerstag in Wien hingewiesen. "In unserer christlichen Kultur lernt man den Umgang mit Fremden in der Familie. Wir lernen, wie wir Brüder und Schwestern behandeln sollen, ob sie jetzt in unser Familie leben oder außerhalb", sagte Renard. Dies sei Ausdruck eines "christlichen Humanismus", der eine machtvolle Komponente in der Entwicklung der europäischen Staaten sei.

Diese "christlichen Wurzeln Europas" seien auch in der Menschenrechtscharta von 1948 enthalten. Heute drohten sie durch ein anderes, individualistisches Weltbild unterhöhlt zu werden. "Individualismus und Gleichgültigkeit sind die größten Gefahren", so der Franzose: "Es gibt mittlerweile bei denjenigen, die zurecht glauben, dass soziales Handeln besser ist als Individualismus, auch erkennbare Müdigkeit. Sie reagieren nicht mehr. Der Papst rüttelt uns deshalb auf, er sagt: Geht, tut etwas, handelt!"

Als das Menschenrechtsideal nach der Katastrophe des Krieges entstanden war, sei es darum gegangen, Rechte der Person festzuschreiben, sodass der Staat diese nicht außer Kraft setzen könne. "Wir sehen aber, dass - wegen Interessen der Wirtschaft, der Kommerzialisierung usw. - der Individualismus auch die Auffassung der Menschenrechte beeinflusst. Eine kontinuierliche Umschreibung ist im Gang: nicht mehr Rechte der Person, sondern Rechte des Individuums. Es gibt mehr und mehr Forderungen nach angeblichen Rechten des Individuums, die unabhängig von den sozialen Bindungen des Menschen sind", sagte der FAFCE-Präsident: "Das ist das Kernproblem."

Wer den Menschen immer als "einen alleine" sehe, der könne keine Grenzen ziehen. "Als Christ ist aber das, was mich glücklich macht, die Entwicklung meiner Beziehung zu den anderen." Bei der Ehe etwa sei es so gewesen, dass sie Rechte hatte, um die Familie zum schützen. "Die Familie ist der Ort, wo wir aufwachsen. Sie wird geschützt, und die Ehe wird geschützt, im Blick auf die Kinder. Wenn man die Ehe nur im Blick auf das Paar sieht, dann gibt es keinen Grund zu verhindern, warum nicht jeder oder jede jeden oder jede heiraten soll." Die Ehe werde von einer Institution zum Schutz der Familie zu einer Institution zum Schutz der Paare.

Technische und medizinische Entwicklungen würden auch die Familienbildung aushöhlen, so Renard: "Es kommt zu der völlig verrückten Situation, dass eine junge Frau, die Kinder bekommen könnte, gedrängt wird, die Pille zu nehmen oder abzutreiben, damit sie arbeiten kann. Und dann, wenn sie 50 ist, denkt sie: Es wäre gut, ein Kind zu haben, und sie wendet sich an eine technische oder medizinische Einrichtung, die ihr helfen soll, Kinder zu bekommen."

Es werde erwartet, dass Menschen so glücklich werden, aber es funktioniere nicht. Es werde aber als "Recht" deklariert - "Mein Recht ist es, das zu tun, was ich will." Was die Armen, die Umwelt, die Mitmenschen tun, sei egal, wichtig sei, "dass ich mich selbst entfalten kann. Und ich erwarte von der Gesellschaft, dass sie mir hilft, zu tun, was ich will."

So komme es zur Entstehung unglücklicher Menschen, stellte der FAFCE-Präsident fest. Sie gingen Kontakten aus dem Weg, kommunizierten nur mit dem Smartphone und gäben Populisten ihre Stimme: "Wer Populisten wählt, macht einen Aufschrei, er ist nicht glücklich."

Es gebe aber auch - zumindest in Frankreich - eine neue Suche nach dem Glauben. "Die christliche Kultur geht wahrscheinlich zurück, aber der Glaube kommt", sagte Antoine Renard. Wenn diese Menschen eine Ausstrahlung im Sinne von Glücklichsein haben, dann ziehe das an: "Am Anfang braucht es nicht einmal so viele, aber es braucht gute Gläubige." So würden diese Gemeinschaften wachsen. Ein gewisser Prozentsatz guter Familien reiche, um andere aufzuwecken.

Die neue Familienallianz habe in den Lebensschutz-Demonstrationen "Manif pour tous" ein beeindruckendes Zeichen gegeben, erinnerte Renard. Die Teilnehmerzahl werde von Mal zu Mal größer, zuletzt seien es zwei Millionen gewesen, darunter auch viele muslimische Familien. Der Schlüssel für den Erfolg sei dabei die Basis-Arbeit.

Laut Renard sind in Frankreich heute 700.000 Familien in lokalen christlichen Verbänden organisiert. Die meisten davon gingen bei "Manif pour tous" mit. Das Motto "Act locally" sei deshalb aus seiner französischen Erfahrung die wichtigste Lehre für die Europaarbeit. "Geht in die Pfarren, arbeitet mit den Pfarren, das bringt Erfolg", so das wichtigste "Rezept".

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