Küng: Hauskirche ist keine 'fromme Ecke' sondern gelebte Solidarität

23. Oktober 2003 in Österreich


Der "Tag der Hauskirche" in der Steiermark unterstrich den Wert der Familien: Sie sind unverzichtbare Partner für Politik und Kirche.


Graz (www.kath.net) Um den Wert der Familie als Keimzelle von Staat und Gesellschaft, aber auch als Schule des Lebens, des Glaubens und der Liebe stärker ins Bewusstsein zu rufen und die Familien bei ihrer wichtigen Aufgabe zu unterstützen, hat der österreichische "Familien"-Bischof Klaus Küng im Jahr 1997 die Bewegung „Hauskirche" gegründet und lädt jedes Jahr zu einem „Tag der Hauskirche" ein, der heuer erstmals in der Steiermark, und zwar im Pfarrsaal Feldkirchen, stattfand. Bischof Kapellari erinnerte in seiner Grußbotschaft an den anspruchsvollen Auftrag der Familie, wie er im Katechismus der katholischen Kirche verankert ist.

„Die christliche Familie ist eine spezifische Darstellung und Verwirklichung der kirchlichen Gemeinschaft", sagte Kapellari: "Sie kann deshalb auch Hauskirche genannt werden. Sie ist eine Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe". Hauskirche bedeute nicht, eine „fromme Ecke zu haben" oder realitätsfernen Illusionen nachzuhängen, erläuterte Bischof Küng in seinem Referat. Vielmehr gehe es darum, mitten im Alltag Familienkultur zu leben, wozu das familiäre Miteinander, die Verteilung der Aufgaben, die Bemühung um herzliche Beziehungen ebenso gehören wie Gesprächs- und Konfliktfähigkeit, praktisch gelebte Solidarität mit den Sorgen der anderen und die christliche Gestaltung des Alltags, vor allem auch des Sonntags und der Feste. Besonders unterstrich Küng auch die Bedeutung der Glaubensweitergabe durch die Eltern: „Eltern sind die ersten und bedeutendsten Glaubensvermittler für ihre Kinder", Elternschaft sei daher als eines der wichtigsten kirchlichen „Ämter" zu sehen. Der Vorarlberger Oberhirte nahm auch die Pfarren in die Pflicht: sie hätten in Zukunft vor allem die Aufgabe, christliche Familien zu begleiten und zu unterstützen.

„Familie ist ein unverzichtbarer Partner der Politik, aber auch der Kirche. Sie ist daher zu stärken, wo immer es möglich ist". Derart deutlich unterstrich der Leiter der Landesstatistik Steiermark, Ernst Burger, die Bedeutung der Familie mit Kindern, die für eine einigermaßen ausgewogene Altersstruktur der Gesellschaft und somit für Stabilität und Gerechtigkeit zwischen den Generationen unverzichtbar seien. Mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft gebe es immer weniger Schultern, die das gesellschaftliche Gefüge tragen, warnte Burger. Gesellschaftspolisches und christlich-geistliches Eingreifen sei dringend erforderlich, um die Geburtenrate zu heben und damit die Zahl der tragfähigen Schultern zu vermehren. Ein „Klimabündnis der anderen Art" solle ein kinder- und jugendfreundliches Klima schaffen und dafür sorgen, dass Familien mit Kindern zumindest nicht schlechter gestellt seien, als kinderlose.

Der Familienseelsorger der Diözese Graz-Seckau, Martin Schmiedbauer spannte den Bogen zum Judentum, wo Hausliturgie als tragendes Element bis heute lebendig geblieben sei. Familien müssten dazu befähigt werden, Träger der Seelsorge in ihren Häusern zu sein. Schmiedbauer verwies vor allem auch auf die Bedeutung von Segenszeichen, sei es ein Hausaltar, das Kreuz, das Tischgebet, das Kreuz das die Mutter dem Kind auf die Stirn zeichne o.a.m. Solidarität für kommende Generationen, Dankbarkeit, Ehrfurcht vor dem Leben, der Mut zur Versöhnung - alles werde in der Familie grundgelegt und „was wir in den Häusern an Gutem säen, geht nie verloren, auch wenn es manchmal verschüttet ist".

Schlichtweg aus Vernunft sollte die Politik die Familie ins Zentrum ihrer Überlegungen stellen, wolle man einer zunehmenden Konfrontation zwischen den Generationen und einem zunehmend rauer werdenden gesellschaftspolitischen Klima begegnen, sagte der Journalist Stefan Baier in seinem Referat über Ehe und Familie. Es gehöre Courage und menschliche Größe dazu, sich in einer Gesellschaft, in der Scheidungszahlen steigen und Kinderzahlen sinken, den hohen Ansprüchen christlicher Ehe mit lebenslanger Treue zu stellen. Ehe sei nicht bequem, dem „Ja" vor dem Traualtar müssten täglich neue Ja-Worte folgen. Nichts sei naturgemäßer als Vaterschaft und Mutterschaft, dennoch seien Kinder kein Privatvergnügen. Es müsse der Gesellschaft und der Politik etwas wert sein, dass Kinder geboren werden, so Baier.

Er kritisierte, dass Familien in den meisten europäischen Staaten von der Steuergesetzgebung diskriminiert werden. „Familien brauchen nicht Almosen, sondern Gerechtigkeit" forderte der Vater von vier Kindern und plädierte für die Anerkennung der Familie als Kleinunternehmen, in dem die Arbeit der Frau in der Familie als „echte" Arbeit anerkannt wird. Um eine tatsächliche Entscheidungsfreiheit für die Frau zu gewährleisten, schlug er vor, die Gelder für Kinderbetreuungseinrichtungen etc den Frauen zu geben. Außerdem solle jedes Kind von Geburt an eine Wahlstimme haben. Neben einem Umdenken der Politiker, die sich wieder stärker an den Familien und damit an der Zukunft des Staates orientieren müssten wünscht sich Baier vor allem auch eine neue Ehrfurcht vor dem Leben, das durch Abtreibung, Biotechnik und Euthanasie bedroht sei. „Hier ist nicht nur der Staat gefordert, sondern jeder Einzelne."


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