Ist die Bibel grausam?

16. November 2017 in Kommentar


„Einen Großteil der sogenannten grausamen Stellen oder der Stellen, bei denen wir nicht wissen, wie wir mit ihnen umgehen sollen, lösen sich schon dadurch, wenn man unterscheidet, wo wird denn etwas gut genannt und wo nicht.“ Von Johannes Hartl


Augsburg-Balderschwang (kath.net) Auszüge aus dem Vortrag von Dr. Johannes Hartl/Gebetshaus Augsburg in Radio Horeb am 1.7.2016

Auge um Auge, Zahn um Zahn lassen immer wieder die Frage laut werden: Ist die Bibel grausam?

Zu der Meinung, dass Koran und Bibel beide etwa gleich grausam sind, kommt man nur, wenn man 3 wesentliche Punkte hat, von denen man grundsätzlich ausgeht.

1. Dass man davon ausgeht, dass alles, was in der Bibel erzählt und berichtet wird, deswegen in der Bibel auch für gut befunden wird.

2. Dass alles, was in der Bibel steht, gleichwertig ist, also auf einer Stufe steht und alles für uns gleich verbindlich für uns noch heute ist.

3. Dass es immer absolut böse, unrecht und gemein ist, wenn einer sterben muss.

Zum 1. Punkt: Nicht alles, was in der Bibel steht, wird auch als gut befunden.

Es werden im Alten Testament grausame Sachen erzählt, aber einen großen Teil der sogenannten grausamen Stellen oder der Stellen, bei denen wir nicht wissen, wie wir mit ihnen umgehen sollen, lösen sich allein schon dadurch, wenn man unterscheidet, wo wird denn etwas gut genannt und wo nicht.

Die Bibel ist ein Bericht über Gottes Weg mit den Menschen, aber nicht nur, wo dieser Weg gut gelaufen ist und die Menschen alles richtiggemacht haben, sondern es ist auch ein Bericht von Sünde und den Auswirkungen der Sünden und vom Unheil, das durch die Sünde kommt.
Hier müssen wir völlig klarsehen, was die Lehre der Bibel ist und was nicht.

Die Lehre der Hl. Schrift ist, dass Gott gut ist und zwar in allem, was Er tut und immer.

Gottes Plan für den Menschen beinhaltete ursprünglich weder Leiden noch Tod noch irgendwelche zwischenmenschlichen Konflikte, Blut vergießen, nichts dergleichen, sondern all das Negative kam durch die Sünde in die Welt. Die Bibel macht völlig klar, dass das nicht Gottes Wille und Gottes Absicht war.

Die Heilsgeschichte – also die Geschichte Gottes mit Seinem Volk - geht aber davon aus, dass es Sünde und das Böse gibt.

Gottes Geschichte mit Seinem Volk steht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Menschen Böses tun.

Nochmals zurück: Wenn in der Bibel berichtet wird, dass das eine Volk das andere umgebracht hat, oder dass der Eine den Anderen umgebracht hat, wird damit nicht gesagt, dass Gott das gut geheißen hat. Jesus sagt: Rache und Vergeltung hat nichts mit Meinem Geist zu tun.

So viel zum 1. Punkt: Nicht alles, was berichtet wird, wird deswegen gutgeheißen.

2. Punkt: Bibelstellen, wo Gott Seinem Volk den Auftrag gibt, ein anderes Volk zu bekämpfen oder ein anderes Volk zu vernichten und im AT gibt es die Todesstrafe – wie gehen wir damit um?

Da ist ein sehr entscheidender und wichtiger Punkt, den du kennen musst, um mit der Bibel richtig umzugehen: Jedes Buch hat eine bestimmte innere Anleitung, wie du damit umgehen sollst.

Ein Beispiel: Niemand käme auf die Idee, das Telefonbuch durchzulesen und sich darüber zu beschweren, dass es so eine langweilige Handlung hat. Logisch, denn das Telefonbuch ist nicht dafür gemacht.

Wenn du ein Telefonbuch zur Hand nimmst, weiß du, dass es alphabetisch geordnet ist, dass es keine grammatikalisch richtigen Sätze beinhaltet, weil es ein Telefonbuch ist.

Jedes Buch hat ein in sich eingebautes Muster, eine Gebrauchsanweisung, wie du es verstehen sollst.

Wie ist es mit der Bibel? Eine entscheidende Sache ist: Die Bibel funktioniert nicht wie z.B. der Koran. Der Koran ist von seinem Anspruch her ein Wort für Wort verbal inspirierter Text, der auf einer Stufe steht, einer Person diktiert wurde. Da gibt es auch interne Auslegungsregeln, z.B. dass die späteren Suren die früheren ausstechen, aber grundsätzlich ist es ein Text aus einem Guss. Das ist bei der Bibel nicht der Fall.

Die Bibel ist vom Hl. Geist inspiriert – aufgeschrieben von Menschen.

Der menschliche Stil trägt sich durch. Unterschiedliche Bücher haben unterschiedliche theologische Schwerpunkte. Es stehen auch menschliche Sachen darin, wie wo Paulus sagt: Bring mir den Mantel mit, den ich vergessen habe. Das heißt nicht, dass die Bibel deswegen nicht Gottes Wort ist, sondern das heißt einfach nur, dass Gott in Seinem Offenbarungsgeschehen mit Menschen kooperiert.

Das bedeutet, dass unterschiedliche biblische Bücher unterschiedliche Schwerpunkte haben.

Du kannst nicht aus einer einzigen Bibelstelle, nicht mal aus einem einzigen Buch, die Gesamtbotschaft herauslesen, sondern das Gesamte ist eine Gesamtbotschaft. Fast immer, wenn jemand irgendetwas aus dem Zusammenhang reißt, irgendetwas zitiert, den Rest der Bibel übersieht, kommt ein Zerrbild und kommen die komischsten Sachen dabei heraus.

Es ist natürlich eine Mühe, zu sagen: Die Bibel ist ein ganzes Offenbarungsbuch Gottes, das nur als Ganzes Sinn ergibt. Es ist viel einfacher, Irgendetwas aus dem Zusammenhang zu reißen, aber trotzdem, nur das Ganze ist die ganze christliche Botschaft.

Steht dies bei uns Christen alles auf einer Stufe? Nein, natürlich nicht!

Es ist völlig logisch, dass im neuen Bund (das ist alles, was nach Jesus ist) nicht mehr alles in der gleichen Weise gilt wie im alten Bund. Um genau zu sein: Auch schon im alten Bund gibt es verschiedene Phasen. Gott ist nicht einfach nur ein Buchautor, der ein fertiges Buch vom Himmel schmeißt, sondern Gott hat sich im Laufe der Geschichte Menschen offenbart. Das ging los mit Abraham, mit seinen Söhnen, mit dem daraus hervorgegangenen Volk Israel, mit den unterschiedlichen Propheten mündend in das unglaubliche radikale Ereignis, dass Er selber Mensch wird in Jesus Christus.

Jesus Christus wird in der Bibel das Wort Gottes genannt.
Nicht die Bibel wird in erster Linie das Wort Gottes genannt, sondern in erster Linie eine Person:
Jesus Christus. Im Menschen Jesus Christus drückt Gott sich verbindlich aus.
Was bedeutet das, was sagt das über alles Frühere?
Was sagt das über Moses, über die 10 Gebote und über das Alte Testament?
Ganz einfach: Dass du all das im Licht Jesu lesen musst und nicht anders herum.
Ein Beispiel: Jesus sagt: Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen.
Im AT wird das Volk Israel aufgefordert, die Feinde zu vernichten. Was von den Beiden gilt?
Einfache Antwort: Das, was Jesus gesagt hat, gilt!
Im AT ist in gewissem Sinne Scheidung erlaubt. Jesus sagt: Es gibt keine Scheidung - Ehe ist für immer.
Was gilt? Natürlich das, was Jesus sagt.
Nun fragst du, was soll das AT, das ist doch voll der Widerspruch. Es ist nicht der Widerspruch.
Die Offenbarung ereignet sich in Stufen, weil die menschliche Kultur-Entwicklung sich auch in Stufen ereignet hat und Gott mit realen Menschen gesprochen hat.

Ein Beispiel: Ich habe 4 Kinder, die auf unterschiedlichen Stufen ihrer Entwicklung stehen. Ich kann einem 2-Jährigen noch nicht den kategorischen Imperativ beibringen. Ich kann einem 2-jährigen Kind nicht sagen: Hör mal her, Schatz, was auch immer du tust, sollte auch zur Grundlage der Maxime eine allgemeinen Gerechtsprechung werden können. Handle einfach danach. Das ist unsinnig. Ich muss ihm erst mal sagen: Nimm den Ball nicht dem anderen Kind weg und hau ihm keine über die Rübe. Dies ist der 1. Schritt.

Anderes Beispiel: Ein 3-jähriges Kind - zwei Dreijährige streiten sich – ich kann einem 3-jährigen Kind noch nicht wirklich beibringen, nachzugeben und Rücksicht zu nehmen, sondern erst mal, muss das Kind lernen, dass es grundsätzlich Regeln gibt. An die muss sich jeder halten und wenn sich einer nicht daran hält, dann gibt es eine Strafe usw. Ich muss ein 3-jähriges Kind auch lehren, für seine eigenen Rechte einzustehen, wenn ich nicht will, dass das Kind völlig gebeugten Hauptes und mit verschobenem Selbstwertgefühl durch die Welt läuft. Dann möchte ich, dass das 3- oder 4-jährige Kind lernt, da kann nicht jeder alles mit mir machen. Es gibt Grenzen und ich sage Nein und ich möchte das nicht.

Es gibt eine 2. Lektion, aber die muss später kommen und die lautet: Hier ist eine Grenze, eigentlich will ich das nicht, aber dir zu liebe tu ich es. Aber dies kommt erst zu einer späteren Zeit.

Oder zu sagen: Eigentlich ist das die Regel, aber weil dieser höhere Wert dahintersteht, mache ich eine Ausnahme. Wenn wir im Auto sitzen und ich fahre bei Orange über die Ampel und die 5-jährige Tochter sagt: Papa, das darfst du nicht, das ist doch verboten. Es kann Situationen geben, wo ich mich über eine Verkehrsregel hinwegsetzen muss, z.B. um ein Menschenleben zu retten. Doch so etwas kann ein 4- oder 5-jähriges Kind noch nicht verstehen. Worauf will ich hinaus?

Gottes Offenbarung und Gottes Kontakt mit den Menschen ist in echtem Raum und Zeit passiert und unterliegt deswegen auch der Reife und dem Entwicklungsschritt der entsprechenden Nation.

Wenn Gott anfängt, mit einem Volk aus der Bronzezeit zu sprechen, ist das Erste, was Er diesem Volk beibringt nicht: Liebe deine Feinde, weil wenn sie das machen, kommen die anderen und machen sie einfach platt. Dies ist ein eiskalter Überlebenskampf, wo Gott erst mal sagt: Liebe Leute, ich stehe auf eurer Seite, tut kein Unrecht. Zum Beispiel sagt Er: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wenn du ein bisschen die Geschichte der Menschheit studierst, kannst du dir überlegen, wie viel besser die Welt wäre, wenn Auge um Auge, Zahn um Zahn herrschen würde. Die meisten sagen, da wäre jeder blind, doch die Wahrheit ist, das normale menschliche Gesetz ist das Gesetz einer grenzenlosen Vergeltung. Einer hat etwas Böses gemacht, da sagt der andere: Ich bring ihn um. Das eine Volk hat ein bisschen unsere Grenze verletzt, deshalb verübe ich ein Massaker unter der Bevölkerung.

Das ist das Gesetz, wie Menschen normalerweise sind.

Wenn du die antiken Kulturen studierst – es gibt zwar Hochformen wie das ägyptische Recht – aber in der Regel waren die primitiven Urgesetzgebungen der Völker der frühen Kulturen nicht Auge um Auge, sondern so etwas wie: Du verletzt mir die Hand – ich bring dich dafür um. Es gab eine unverhältnismäßig stärkere Rache. Gott kommt nicht gleich damit, worauf Er eigentlich hinauswill, nämlich auf Barmherzigkeit und sein Leben hinzugeben für seine Feinde – das, was Jesus getan hat, sondern Er kommt erst mal mit der 1. Stufe und sagt: Übt gerechtes Gericht! Übt Gericht, das nicht einfach nur motiviert ist von der Sehnsucht nach Rache, sondern es gibt Regeln, an die jeder sich halten muss.

Wenn du dir die Gesetzgebung des AT anschaust, siehst du, es ist ein unglaublich weises, gutes Recht, das für die Zeit, wo es entstanden ist, also vor 1.000 vor Christus, absolut radikal fortschrittlich ist.

Die Stellung der Frau, die Stellung der Sklaven ist radikal fortschrittlicher als ganz viele Rechtssysteme, die es heute noch in manchen Ländern gibt. Dass es z.B. im AT keine verbindliche Leibeigenschaft gibt, musst du dir mal vorstellen, d.h. nach 7 Jahren wurde der hebräische Sklave entlassen. Die Vereinigten Staaten haben Sklaverei erst vor ein paar Jahrhunderten abgeschafft. Leibeigenschaft gab es im Mittelalter noch überall. Doch hier im AT gibt es dies schon nicht mehr, d.h. es ist ein fortschrittliches Recht.

Doch ich bin trotzdem nicht der Meinung, dass wir Ehebrecher steinigen sollen und ich bin nicht der Meinung, dass wir all das tun sollen, was im AT steht.

Dies ist auch nicht notwendig, denn Jesus ist gekommen und hat Erneuerung gebracht und hat ein neues Gesetz, einen neuen Bund aufgerichtet, der auf der Radikalität der Gnade Gottes basiert.

Wir müssen ganz klar sagen: Auf welcher Stufe ist was gegeben und was entspricht der Pädagogik Gottes dahinter? Wenn Gottes Plan der ist, dass Er aus einem Volk den Messias Jesus hervorgehen lässt, der alle Menschen vor dem ewigen Tod rettet - das ist Sein Plan, dann muss im AT ein leidenschaftlicher Kampf darum entstehen, ob diese Nation, dieses Volk überlebt oder nicht.

Nur so kannst du das AT verstehen und nur in diesem Kontext machen Sachen Sinn, wie dass Gott Seinem Volk den Auftrag gibt, sich gegen andere Völker zu verteidigen. Wenn wir lesen, die Juden ziehen ein nach Kanaan und sollen - übrigens nicht alle Bewohner einfach platt machen, sondern es sind bestimmte Völker, über die Gott Gericht verhängt, dann ist das schockierend, aber im Kontext betrachtet, ist es nichts Anderes als Kampf um Leben und Tod, Fressen oder Gefressen werden.

Gott sagt: Ich habe einen so großen Plan des Heils für alle Menschen, für die ganze Menschheit, dass das Überleben dieses Volkes von absoluter Wichtigkeit ist.

3. und härtester Punkt: Es gibt diese Stellen im AT, da wird ein Volk ausgerottet – das fühlt sich so an,
da müssen Unschuldige sterben, da kommt Gericht. Wie gehen wir damit um auch im NT?

Das Gericht Gottes ist ein Thema, das können wir nicht wegleugnen. Gott ist der absolut voll radikal Gnädige und Liebende dem gegenüber, der sich umkehrt zu Ihm.

Er ist gleichzeitig der Strafende und Rächer derer, die nichts von Ihm wissen wollen und im Bösen verharren. Das ist die Wahrheit! Es werden nicht automatisch alle gerettet. Nein, das ist nicht so.

Es bedarf einer echten Umkehr zu Gott.

Dann fragst du: Wie kann es sein, dass Gott dann unschuldige Menschen sterben lässt?

1. Antwort auf diese Frage: Das Konzept von unschuldigen Menschen gibt es in der ganzen Bibel nicht.

Es ist nicht so, dass wir in einer neutralen Welt leben und eigentlich sind wir alles liebe Leute, nur Gott ist irgendwie sauer. Nein, die Welt ist nicht in Ordnung und wir sind nicht unschuldig.

Der große Zustand der Welt nach der Hl. Schrift ist, dass der Mensch herausgefallen ist aus diesem Ideal Gottes von Liebe und Gemeinschaft und sich in Sünde hinein gegeben hat und zwar bis zu einem Maß, dass er aus eigener Kraft aus diesem Ding nicht mehr herauskommt. Das ist der Grundzustand.

Wenn Jesus in die Welt kommt, dann kommt Er nicht nur, um die Kinder um sich zu scharen und nett zu allen zu sein, sondern in Johannes 1 lesen wir: Das Licht kam in die Finsternis, doch die Finsternis hat das Licht nicht gewollt. Die Welt wird charakterisiert als böse und Menschen werden charakterisiert als böse, die aus ihrer eigenen Kraft heraus nicht gerettet werden können, sondern verloren sind.

Gott bringt Gericht über die Sünde. Er tut das tatsächlich. Wenn du fragst, wie kann Gott zulassen, dass hier ein paar Hundert Leute in der Bibel in einem der Kriege sterben, dann musst du dir eine Frage stellen: Wie kann Gott zulassen, dass heute auf der ganzen Erde 50.000 – 80.000 Menschen sterben werden. Jeden Tag fordert Gott das Leben von zig Tausenden von Menschen zurück. Dann musst du fragen, wie kann Gott zulassen, dass Menschen überhaupt sterben?

Gott will nicht den Untergang des Sünders, Gott will, dass alle sich bekehren, aber der Punkt ist: Gott ist der Herr des Lebens. Wir lesen in der Bibel: Du sollst nicht morden! Wir lesen auch, dass wir nicht übereinander richten sollen. Aber der Punkt ist: Gott ist der Richter. Uns Menschen kommt es nicht zu, über Leben und Tod zu richten, aber Gott schon. Gott hat allen Menschen das Leben gegeben, deswegen hat Er, aber nur Er, das Recht, das Leben zurückzufordern. Wir als Geschöpfe sind nicht in einer Position, Gott sagen zu können, was gerecht ist und was nicht gerecht ist.

Manche Leute sagen: Ich kann nicht an Gott glauben, weil es so viel Unheil in der Welt gibt.

Der Punkt ist: Vieles, was nach Unheil aussieht, ist – aus einer Distanz von vielen Jahren betrachtet – vielleicht kein Unheil mehr, sondern entfaltet einen Sinn in einem größeren Kontext.

Ob Gott mit Seinem Plan, die Welt zu erschaffen, in der Unheil und Leid möglich ist, im Letzten Recht hatte oder nicht, im Letzten gerecht war oder nicht, kann niemand von uns beurteilen. Wir stehen nicht auf so einer Perspektive, wir stehen nicht auf so einer Höhe von Übersicht. Schon im menschlichen Kontext sehen wir ein, dass in einem Krieg wie dem 2. Weltkrieg, wo ein Soldat sein Leben dafür gibt, dass Tausende andere leben können. Zum Beispiel ein Trupp von amerikanischen Soldaten versucht Tausende Menschen aus einem KZ zu befreien, etliche amerikanische oder russische Soldaten sterben bei dem Versuch, doch trotzdem wird das KZ befreit. Falls es diese Situation gegeben hätte, würde jedem einleuchten, der Tod von diesen Menschen ist schrecklich, aber trotzdem war er nicht sinnlos, sondern hat seinen Sinn entfaltet in einem größeren Ganzen. Ich kann dir nicht sagen, was das größere Ganze in der Welt ist und warum es Sinn machen kann, dass Gott über ein Volk Gericht bringt, um eine größere Heilsabsicht zu verwirklichen. Ich kann dir das nicht sagen. Ich kann nur sagen, der Einzige, dem ich zutrauen kann, das in Gerechtigkeit zu machen, ist Gott.

Das Einzige, was ich will und was für mich aus der Bibel klar hervorgeht, ist, dass das Ende vom Lied ein Gutes ist.

Das Ende ist nicht, die Welt endet im Desaster, ein paar Wenige werden gerettet und sonst ist alles furchtbar, das Ende ist, dass Gott gepriesen wird in der Offenbarung, Er wird gepriesen als der Treue, der Wahrhaftige, der Gerechte – alle Deine Wege waren gut.

Ich bin überzeugt, dass am Schluss jeder bekennen wird: Herr alle Deine Wege waren gerecht, alles, was Du getan hast, hat sich am Schluss als das erwiesen, was das absolut Weiseste von allem war. Was wir völlig klarsehen müssen, die Welt ist kein neutraler Ort. Es gibt Böses in der Welt und es ist nicht immer der einzige Weg, einfach nur tolerant zu sein.

Als Beispiel: Wenn die Alliierten 1940 gesagt hätten: Wir tolerieren, was Hitler macht, wir schauen da einfach zu, wir wollen nicht, dass unschuldige Menschen sterben und wir lassen den machen, dann wäre das Unheil nicht gestoppt worden und es wäre viel schlimmer gekommen. Es wäre zynisch zu sagen, wie unfair von den Amerikanern, hier anzugreifen oder von den Briten. Man kann immer noch fragen, ob es gerecht war, mit dem Bombenkrieg über deutschen Städten, aber wenn es Böses in der Welt gibt, dann muss man es stoppen. Gott tut genau das. Er stoppt wirklich Unrecht in der Welt aber zu Seiner Zeit.

Wir sehen quer durch die Bibel schon, dass Gott auch jetzt schon Unrecht stoppt und Gericht bringt, wie auch im AT. Er sagt: Dieses Volk ist so kaputt und ist so in Sünde gefangen, ich muss dieses Volk
stoppen, damit diese Sünde nicht überspringt.

Nochmals zurück zu der Stelle mit den Amoritern, wo Gott sagt: Du musst dieses Volk ausrotten. Hier müssen wir genau hinschauen, was beschrieben wird, was die Sünden der Amoriter waren. Gott hat nicht einfach gesagt, ich find die doof, sondern Gott sagt:
Ihr könnt jetzt noch nicht in das Land Kanaan einziehen, denn die Sünden der Amoriter sind noch nicht voll.
Damit ist gemeint, es wird ein Zeitpunkt kommen, wo die Sünden so radikal sein werden, dass ich nicht mehr anders kann, als einzugreifen. Wenn sie umkehren würden, wenn sie sich bekehren würden, hätte Gott keinen Gefallen an ihrer Vernichtung, Gott mag nicht, dass Menschen sterben. Aber wir lesen, dass dies ein Volk war, in dem es üblich und normal war, die eigenen Kinder zu ermorden und für Götzen im Feuer zu verbrennen. Und viele andere absolut grauenhafte schreckliche Sünden, von denen Gott sagt,
ich habe da überhaupt keinen Gefallen daran. Wenn ihr, das Volk Israel, euch mit diesem Zeug einlasst
und das auf euch überspringt und Mein Plan, Heil zu bringen für die ganze Welt dadurch draufgeht, ist es unendlich größeres Leid und unendlich schlimmer, als wenn dieses Volk jetzt gestoppt wird.
Wir müssen einer sehr harten Sache ins Auge schauen: Sünde zieht Konsequenzen nach sich.
Sünde zieht Konsequenzen von Menschen nach sich, z.B. ich nehme dem Einen was weg und er rächt sich an mir. Sünde zieht Konsequenzen aus dem Dämonischen und vom Teufel nach sich.
Dem Bösen, dem ich den kleinen Finger gebe, der nimmt die ganze Hand. Sünde zieht auch Konsequenzen Gottes nach sich. Gott ist Derjenige, der Sünde zur Rechenschaft zieht.

Ich glaube, dass Gott meistens gar nicht aktiv eingreifen muss, weil die zentrale Strafe der Sünde einfach der Schrott ist, den wir uns selber durch die Sünde zuziehen – das ist meine Meinung. Aber Gott ist der Herr von allen und Er lässt zu, dass Sünde negative Folgen hat, um uns zur Umkehr zu bringen, aber auch, um Sünde zu stoppen, wenn es nicht mehr anders geht. Wo genau Gottes aktives Eingreifen ist, wo die Aktivität des Teufels ist, wo wir uns einfach selber in den Schrott reingeritten haben und selber rauskommen müssen, lässt sich oft nicht mehr klar sagen. Das Einzige, was sich klar sagen lässt, Sünde hat wirklich reale Konsequenzen. Doch nun kommt das Gemeine: Nicht immer wird nur der von den Konsequenzen der Sünde betroffen, der selber gesündigt hat. Wenn meine Eltern schreckliche Dinge getan haben oder wenn das Volk, in dem ich lebe, Schuld auf sich häuft und dadurch das ganze Volk von negativen Dingen getroffen wird oder meine ganze Familie von negativen Dingen getroffen wird, kann es sein, dass ich als Unschuldiger Teil von negativen Folgen der Sünde trage. Das ist eine traurige und schreckliche Sache, die wir aber überall und ständig sehen. Natürlich sterben Unschuldige in Situationen, wo Sünde Strafe nach sich zieht. An dieser Situation kannst du – wenn du nicht an Gott glaubst oder Atheist bist, nur verzagen und sagen: Was konnten denn die ganzen Leute dafür, die im 2. Weltkrieg gestorben sind, z.B. die Deutschen, die da gestorben sind, nur, weil ihre Führung, die sie vielleicht gar nicht gut fanden, so viel Unsinn gemacht haben. Du kannst daran zerbrechen und davon ausgehen, dass die Welt sinnlos und ein grausamer Ort ist. Oder du kannst glauben, dass es einen Gott gibt, einen Herr der Geschichte, der auf den krummen Zeilen der menschlichen Geschichte gerade schreiben kann auf eine Art und Weise, die wir nicht kennen und die dazu führt, dass am Schluss trotz allen Leides, trotz all dem Schrecklichen, trotz all dem, was wir nicht verstehen,
ein Plan steht, ob dessen jeder sagt: Herr – wahr, gerecht und treu waren alle Deine Wege!

Ist die Bibel grausam? Die einfache Antwort ist: Nein, die Menschheitsgeschichte ist grausam.

Gott hat sich eingelassen, in Beziehung zu treten mit Menschen, die grausam sind und deren Taten grausame Reaktionen mit sich führen.
Gottes Wille in all dem ist immer ein absolut entschieden Guter, ein Heilender, ein Rettender.
Gott will, dass Menschen gerettet werden - nicht, dass sie sterben. Gott will, dass Menschen glücklich sind, nicht, dass sie unglücklich sind. Gott will, dass Menschen heil sind, nicht, dass sie krank sind.
Gott will, dass Menschen zu Ihm in die Ewigkeit, in den Himmel kommen, nicht, dass sie verloren gehen – das ist das, was Gott will. Gott will, dass menschliche Gemeinschaft funktioniert, dass Familien funktionieren, dass Staaten funktionieren, dass es Leuten finanziell gut geht, dass es Leuten gesundheitlich gut geht. Gott will das Gute. Seine Heilsabsicht für uns gewinnt da an Boden, wo wir Ja sagen zu Ihm.
Ja sagen zu Gottes Plan funktioniert nur, wenn wir Ihn Gott sein lassen. Er ist der Herr des Lebens,
wir sind nicht die Richter der Welt, der Mensch ist nicht Mittelpunkt der Geschichte.
Wir haben einen sehr begrenzten Einblick in das, was wirklich gut ist und was wirklich objektiv gut ist.

Wenn wir sagen, wenn Gott so und so ist, dann will ich mit Ihm nichts zu tun haben, dann schau her:
Es gibt eine Schule von Ethik oder von Moral, die nennt man Utilitarismus. Hier sagt man, wenn du so handelst, dass es für die meisten Menschen oder für eine möglichst große Anzahl von Menschen positive Effekte hat, dann handelst du gut und handelst du moralisch richtig. Eine zentrale Form diesen utilitaristischen Ansatz in der Ethik oder Moral zu kritisieren, ist zu sagen: Wer kann denn ermessen, was der größtmögliche Nutzen für möglichst viele Leute ist? Und wer kann das über Jahrzehnte hinweg beurteilen?

Kann es nicht sein, dass etwas, von dem eine kleine Gruppe von Leuten sagt: Das passt uns überhaupt nicht,
das wollen wir nicht, sich aber auswirkt auf viele andere Leute und zwar absolut negativ.
Beispiel: Den einen Verbrecher lebenslänglich einzusperren, ist eine Beschneidung seiner Rechte, d.h.
du bist nicht nett zu ihm, aber du bist nett zu den vielleicht 20 Leuten, die er sonst vielleicht missbraucht, vergewaltigt oder umgebracht hätte. Du kannst nicht zu dem Einzelnen nett sein und gleichzeitig zu allen andern auch nett sein. Die Frage, die am Ende steht ist, wer kann beurteilen, was den größtmöglichen Nutzen für die größtmögliche Anzahl von Leuten bringt?

Hier stehen wir vor der Frage: Wer entscheidet, wer gut und böse definieren darf?
Im Garten Eden hat der Mensch versucht, gut und böse zu definieren, sich selber vom Baum der Erkenntnis zu nehmen und das ist sauber in die Hose gegangen.

Wir sollten Gott - Gott sein lassen!
Was für eine gute Nachricht, dass Er ein guter und liebender Gott ist.
In Jesus Christus wird das so was von klar.

Langer Rede – kurzer Sinn: Lies Jesus! Lies das Leben Jesu und studiere die Person Jesus und dir wird klar, wer Gott ist. Und lies im Licht dieser Klarheit auch die schwierigen Stellen des AT und frage Jesus, wie soll ich damit umgehen? Aber verwende nicht die schwierigen Stellen, die du nicht verstehst, die komisch sind, um das, was völlig klar und offensichtlich über Gottes Herz in Jesus Christus aufstrahlt, runter zu drücken und für undeutlich zu erklären.

Jesus ist das Wort Gottes – in Ihm erkennen wir, wer der Vater ist.

Dr. Johannes Hartl/Gebetshaus Augsburg: Warum lässt ein ´guter Gott´ so viel Leid zu? - 90 Sekunden Hard Facts


Foto oben: Johannes Hartl (c) Gebetshaus Augsburg


© 2017 www.kath.net