Budapest: Neue Appelle zum Schutz der Nahost-Christen

14. Oktober 2017 in Chronik


Syrischer Patriarch Aphrem: Christen fühlen sich vom Westen allein gelassen - Premier Orban verknüpft Hilfe für Nahost-Christen mit Lage in Europa und positioniert Ungarn erneut als christliches Bollwerk.


Budapest (kath.net/ KAP)
Ungarns Regierung legt weiterhin einen politischen Schwerpunkt auf die Unterstützung von verfolgten Christen. Weltweit werde alle fünf Minuten ein Christ wegen seiner Religion ermordet, sagte Premier Viktor Orban bei einer internationalen Konferenz mit hochrangigen Kirchenführern, die am Freitag in Budapest zu Ende ging. Im Fokus des vom ungarischen "Staatssekretariat zur Hilfe für verfolgte Christen" organisierten Kongresses stand vor allem die Lage der Nahost-Christen. Man erlebe das Verschwinden eines alten und friedlichen Volkes, meinte etwa der chaldäisch-katholische Erzbischof Baschar Warda mit Blick auf die Situation der Christen im Irak. Es brauche mehr internationale Hilfe um die Christen zu schützen und ihnen die Rückkehr in die Heimat zu ermöglichen.

Zu der insgesamt dreitägigen Konferenz über Christenverfolgung reisten auch der syrisch-orthodoxe Patriarch Mar Ignatius Aphrem II., der syrisch-katholische Patriarch von Antiochien, Mar Ignatius Yousif III. Younan und der Außenamtschef des orthodoxen Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, nach Budapest, ebenso der EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit außerhalb der Union, Jan Figel.

Würden die Christen aus dem Nahen Osten vertrieben, verliere die Gesellschaft ihre Vielfalt und der Fanatismus setze sich durch, warnte Patriarch Aphrem nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI. Er sieht die bedrohten Christen vom Westen allein gelassen. Die internationale Gemeinschaft kümmere sich mehr um gefährdete Pflanzen und Tiere als um den Schutz der Christen, meinte Aphrem. Es scheine aber auch so, dass sich selbst Christen in den westlichen Ländern nicht allzusehr um das Schicksal ihrer Glaubensbrüder kümmerten.

Die Ungarn hätten besonderes Verständnis für die Lage der Christen im Nahen Osten, sagte der Vorsitzende der katholischen Ungarischen Bischofskonferenz, Andras Veres. Der Bischof von Györ verwies dazu auf die Mongolenstürme im 13. Jahrhundert, die spätere türkische Herrschaft in Ungarn und die sowjetische Besatzung. In all diesen Fällen sei die Existenz der Christen in Ungarn auf die Probe gestellt worden.

Veres warnte aber auch vor Entwicklungen in Europa die "uns mit Furcht erfüllen". Er nannte hier islamistische Attentate wie die Ermordung des französischen Priesters Jacques Hamel, aber auch die Verbannung christlicher Symbole und die Verspottung des christlichen Glaubens, "die sich seit einigen Jahren in Europa ausbreitet", so der Bischofskonferenz-Vorsitzende.

Auch Regierungschef Orban verknüpfte beim Kongress die Christenverfolgung im Nahen Osten mit der Lage in Europa und positionierte sein Land einmal mehr als christliches Bollwerk. Die Zukunft und Identität Europas stehe auf dem Spiel, meinte er in seiner Rede vor den Kirchenführern und Kongressteilnehmern. "Die größte Gefahr ist die Gleichgültigkeit Europas, dass es seine christlichen Wurzeln verleugnet", sagte er, freilich nicht ohne im Gegensatz dazu die diesbezüglich andere Lage in Ungarn zu betonen. "Der liebe Gott hat uns diesen Teil Europas anvertraut und wir wollen seinen christlichen Charakter bewahren", betonte Orban.

Auch Außenminister Peter Szijjarto und Vizepremier Zsolt Semjen traten bei der Tagung auf. Wie zuvor Orban versicherte Szijjarto, dass verfolgte Christen weltweit auf die Hilfe Ungarns vertrauen könnten. Der Minister für Humanressourcen und Pastor der Evangelisch-Reformierten Kirche, Zoltan Balog, dessem Ressort das seit einem Jahr bestehende "Staatssekretariat für die Hilfe für verfolgten Christen" unterstellt ist, sagte, die Regierung in Budapest sehe im Einsatz für bedrohte Christen auch die Möglichkeit, die christlichen Wurzeln Europas zu erneuern.

Der Blick auf das Schicksal verfolgter Christen könne dazu beitragen, dass die Europäer den Wert der Glaubensfreiheit auf ihrem Kontinent stärker würdigen und sich für den Erhalt des christlichen Glaubens einsetzen. Balog beklagte ein geistiges und intellektuelles Vakuum in Europas Christenheit. Europa veröde geistig während die Christen schüchtern über ihren Glauben schwiegen oder von Selbsthass gekennzeichnet seien.

EU-Sonderbeauftragter Figel kritisierte den Missbrauch von Religion für Gewalt, der heute nicht nur für Christen eine Bedrohung darstelle. Er lobte die Initiativen Ungarns für die Nahostchristen unter dem Motto "Ungarn hilft". Daraus sollte allerdings "Mitteleuropa hilft" werden, rief er auch andere Staaten auf, tätig zu werden.

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