Mitarbeiter als Quertreiber

2. Oktober 2017 in Kommentar


Über Mayer, Niemeier und die Selbstversenkung deutscher Diözesen. Ein Gastkommentar aus aktuellem Anlass von Franz Norbert Otterbeck


Fulda-Köln (kath.net) Die Bischöfe, im Vollherbst zu Fulda unter Führung ihres Ersten Sekretärs aus Bonn versammelt gewesen, machten stattliche Schlagzeilen. "Keine Eile bei Messbuch und Gesprächen mit der AfD." Ihr Erster Pressesprecher, mit dem Titel eines Vorsitzenden, formuliert nachvollziehbar: "Es gibt kein generelles Gesprächsverbot." Aha, Kommunikation ist noch erlaubt! Wie gnädig. Die Langendörferkonferenz bekräftigte demnach ihren bisherigen Kurs, "die rechtspopulistische Partei nicht direkt zu verurteilen", sondern zu benennen, was an ihr "aus christlicher Sicht inakzeptabel" sei. Das ist das neue Modewort im Sektor: "Inakzeptabel". Gerade, zeitgleich bekam ich einen Brief von Bischofskaplan Niemeier (Münster), der gleichfalls bestimmte Meinungsäußerungen "inakzeptabel" nennt. Unter Christen sollte man aber begründen: Warum? Das ist in den Nichtgesprächen mit der AfD auch unterblieben. "Gründe machen" ist der schwere Job der Richter. Das bedeutet Arbeit: Urteile sind zu begründen, der gerichtliche Vergleich erspart das. Es wird keinen außergerichtlichen Vergleich der Kontrahenten DBK-AfD geben, denn Sekretär Langendörfer SJ hält sich offenbar noch für kompetent, notfalls ein Verbot der Partei zu erlassen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Hier ist nur das Bundesverfassungsgericht zuständig.

Mir fehlt jede Sympathie für die AfD, für Programm und Personen. Insbesondere Frauke Petry hat niemals eine gemäßigte Linie vertreten. Sie wollte bald regieren und übertrug daher scheinbar "akademisch" den grünen Fundi-Realo-Streit auf ihre gärende Truppe, die doch so ganz anders tickt als Linksgrüne damals. Ich empfinde mich gleich weit weg von Linksgrün und Kornblumenblau, aber inzwischen auch ziemlich weit weg von den gravitätischen Erlassen der gesamtdeutschen Bischofskonferenz. Kirchenrechtlich unterstehe ich nur meinem Bischof in Köln, der mich beizeiten exkommunizieren mag wegen kath.net-Kommentaren oder nicht, aber "die Konferenz" ist für einen Laien, der weit außerhalb des konfessionellen Beschäftigungssektors steht, völlig uninteressant. In meiner Jugend habe ich die Heftchen aus der Kaiserstraße in Bonn mitunter gelesen, DIE DEUTSCHEN BISCHÖFE. Schwer war das schon damals, weil diese Sprache nur auf den eigenen Sektor zielt, auf ihr Raumschiff, völlig losgelöst von der Erde, hundert Millionen Meilen von jeder Zivilisation entfernt. "Enterprise" kann man das aber nicht nennen, denn das hieße ja "Unternehmen" und nicht Unterlassung. Der Zug zu den Sternen geht also unverdrossen weiter, schon am Pluto vorbei. Auch beim Messbuch gibt es keine Eile. Logisch. Denn es gibt ja kaum noch Interesse an der Gemeindemesse.

Besonders witzig wird es, wenn deutsche Bischöfe ihren Papst Franziskus zitieren, etwa mit dem Bonmot vom An-die-Ränder-gehen. Hallo! Auch ich bin Peripherie, aber "inakzeptabel". Bischof Felix Genn zitierte an Mariä Geburt in Kevelaer sogar den Gott, der "uns überrascht". Irrtum. In Münster überrascht nicht Gott, sondern Domvikar Niemeier. Auf eine Denkschrift an Genn vom 25. Mai (größtenteils in THEOLOGISCHES publiziert, Jg. 2017, Sp. 361 ff.) erhielt ich die Aufforderung, es doch bitte zu unterlassen, über die "sexuelle Orientierung" des jüngeren Klerus zu spekulieren. Das sei diskriminierend. Mir war zwar eine einleitende Bemerkung missglückt, aber "spekuliert" hatte ich gar nicht. Ich weiß nichts über "Orientierungen" rund um den Paulusdom und erforsche dieses weite Feld auch nicht. Wenn sich aber irgendein Reizwort in Eingaben an diözesane "Parteileiter" findet, dann ist der lästige Querulant flott abgefertigt. Man muss erst wieder diese Sprache von schwebender Wichtigkeit erlernen, die nichts sagt, aber wertschätzend formuliert. Dann darf man noch Briefe schreiben. Die nützen aber auch nichts. Es spielt überhaupt gar keine Rolle, was ein militanter Katholik einem Bischof oder Generalvikar oder Domvikar vorträgt. Ohne Position im Stellenplan hat er keine Chance, überhaupt als Person mit einem Anliegen entziffert zu werden. Keine Zeit! Schon 1986 antwortete mir ein Repetent im Albertinum auf einen jugendlich unreifen, aber doch liebenswürdigen Brief an Kardinal Höffner: "Wir machen uns große Sorgen um Sie!" Besten Dank. Bei mir machen sich zwar auch erste, leichte "Altersbeschwerden" bemerkbar, aber das hehre Erzbistum ist seither auf vielleicht 5% seiner damaligen Bedeutung geschrumpft. Müsste es gewählt werden, so flöge es bald aus dem Parlament. Die herrschende Struktur, egal wer an der Spitze die Tagesbefehle ausgibt, ist nicht darauf eingerichtet, das "Zeugnis des Laien" wahrzunehmen. Das kommt davon, wenn man Hierarchie nicht mehr theologisch begreift, sondern nach dem Vorbild des Großkonzerns. "Bei uns" geht es aber nicht um die 'Wonne des Bestimmens' - Direktor - Mediendirektor - Erdbeerschorsch, sondern um das gemeinsame Hören auf ein Wort, das unser aller Geschreibsel um Dimensionen übersteigt. Wort? Wörter? Wörterbuch? Nö. Verbum Dei. Ein bestätigtes Gerücht!

Und jetzt zu Mayer: Unbestätigten Gerüchten zufolge wird das Erzbistum Köln von "Frau Schlüter" regiert. Die ist nicht Domvikarin, sondern Vorzimmerdame ihres Kardinals. Über die sexuelle Orientierung spekuliere ich nicht, auch nicht bei Ansgar Mayer, den sie uns möglicherweise eingebrockt hat. In einem nahezu denunziatorischen Artikel seines guten Bekannten, des erlauchten kath.net-Kritikers Joachim Frank, auch kein Domvikar, wurde jüngst publiziert, dass Ansgar Mayer "das Boot" importiert habe, um 2016 das Fronleichnamsfest zu ruinieren, also: "Medienecho" zu generieren. Nichts hat Medienecho so wenig verdient wie das Hochfest von Corpus Christi. Eine Kirche, die Medienecho will, die wird es bekommen. Aber auch sehr viel verlieren. Denn Medien vermitteln gar nichts, sub specie aeternitatis. Gnadenvermittlung war aber im Lutherjahr sowieso tabu. Ab 2018 können wir uns dann wieder darum bemühen, das "sola gratia" zu verstehen: Völlig gratis tut ein Mediendirektor allerdings nichts, wie auch keine Käßmann u.v.a.m. Man hat sie sich verdient, die Bereicherung aus prallen Kirchentöpfen! Beim Oktoberfest kann man die Kalbshaxe dann gleich dreifach ordern. "Wir heißen nicht nur Kinder Gottes, wir sind es." Auch eine Option für die Armen: Das Ehrenamt ist ja nur noch dazu da, solcher hauptberuflichen "Armut" eine Basis vorzutäuschen. Mithin konnte sich Mayer in seiner reichlich bemessenen Freizeit außerkirchlicher Aufklärung zuwenden, beispielsweise einen "Tweet" absetzen. Dieser "Tweet" offenbart Gesinnung und zwar die wirkliche Gesinnung, die im Geltungsbereich "wertschätzender Sprache" vorherrscht. Es ist überhaupt keine Kunst, einem Briefschreiber in wertschätzender Sprache die vollste Verachtung zuteil werden zu lassen, indem etwa ein Brief an den Generalvikar Münster ungelesen dem "Beschwerdemanagement" zugeleitet wird. Ablage P. Als ob ich mich bei der Hausverwaltung über mangelhafte Treppenreinigung beschwert hätte! Die Antwort, unerbeten, war dann wieder bezeichnend: Angeblich hatte ich einen "Drohbrief" gegen die so gen. "interreligiöse" Friedenswallfahrt (Kevelaer, 27. August) beigelegt. Verwechslung der Beilagen? Ich hatte nur den Zeitungartikel über den angeblichen "Drohbrief" beigelegt, als ein Indiz für zunehmende Verschlagenheit in der "Pastoral". Den Protestbrief kenne ich gar nicht, weder seinen Inhalt noch seinen Autor. Aber wenn gewisse Reizworte auftauchen, dann wird die Kritik einfach mit dem Textbaustein "gegen rechts" abgefertigt. Es gibt überhaupt keine Elemente "rechter" Haltung bei mir, die es rechtfertigen würden, meine wenig relevante Person mit wertschätzender Sprache niederzuknüppeln. Das Wahlergebnis vom 24 September bestätigt hingegen, dass der "menefreghismio", also die Gelassenheit, der richtige Stil im Umgang mit der AfD gewesen wäre. Angesichts des unausrottbaren Antikatholizismus des größeren Teils der deutschen Nation haben namhafte Exponenten der DBK vermutlich der AfD noch drei Prozentpunkte zugetrieben (vor allem aus dem antikatholischen Lager!) und weitere drei bis vier Prozentpunkte vermittelten vielleicht die Medien, die im Säkulum ja manches vermitteln, z.B. hohe Einkommen für Illner, Maischberger und Anne Will. Die "Retter der Nation" unter den Klerokraten haben freilich auch wohlerworbene Ansprüche. Geschenkt. Seelsorge aber sähe anders aus, wie im Fernsehen so auch außerhalb.

Und dann kams raus, der Tweet! Hurra, Atommüll aus Tschechien rein, Sachsen raus. Selten so gelacht. Da wird sich der Titularerzbischof von Gorleben aber freuen. Nebenbei bemerkt: Man muss bisweilen diskriminieren, d.h. unterscheiden. Die "sexuelle Orientierung" mancher kirchlicher Mitarbeiter hat der Pastoral durchaus geschadet, beispielsweise in geschätzt 60% der in Rom dokumentierten Missbrauchfälle. Aber in diesen Zeiten nennt man ja "queer" ganz normal und bezahlte Quertreiber auch Mitarbeiter. Wenn's um Geld geht: Erzbistum.

Der Verfasser, Dr. iur. Franz Norbert Otterbeck, ist Rechtshistoriker und Wirtschaftsjurist. Siehe auch kathpedia: Franz Norbert Otterbeck.


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