Christen als kreative Minderheit – ‚The Benedict Option’

25. Mai 2017 in Weltkirche


Um an ihrer christlichen Identität festhalten zu können, werden sich Christen in Zukunft aus der Gesellschaft zurückziehen und in Basisgruppen eine Gegenkultur bilden müssen. Von dort können sie auf die Gesellschaft einwirken, schreibt Rod Dreher.


Würzburg (kath.net/Die Tagespost/jg)
Damit das Christentum in den säkularen westlichen Gesellschaften überleben kann, müssten die Gläubigen lokale christliche Basisgruppen bilden. Aus diesen Zentren einer bewusst christlich geprägten Gegenkultur sollen sie auf die Gesellschaft wirken, ähnlich wie es die Klöster in der Zeit nach der Völkerwanderung getan hätten. Diese Strategie entwickelt der Journalist und Blogger Rod Dreher in seinem Buch „The Benedict Option“. Tobias Klein hat das Buch in der Zeitung „Die Tagespost“ vorgestellt.

Dreher knüpft bei seinen Überlegungen an Thesen des Philosophen Alasdair MacIntyre an, der wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen dem Untergang des antiken Römischen Imperiums und der Gegenwart sieht. Benedikt von Nursia habe auf diese Situation reagiert, indem er Klöster gegründet habe, in denen nicht nur das Christentum, sondern auch ein guter Teil des Wissens der Antike bewahrt worden sei.

Eine ähnliche Bewegung schlägt Dreher für die Gegenwart vor. Für Christen werde es immer schwerer, in einer Gesellschaft zu leben, die sich mehr und mehr vom Christentum entferne, ohne unakzeptable Kompromisse eingehen zu müssen. Nach dem Sieg der sexuellen Revolution werde es beispielsweise für christliche Ärzte und Juristen immer schwieriger, in ihrem Berufsleben Dinge zu vermeiden, die mit ihrer Moral unvereinbar seien.

Dreher sieht keine Möglichkeit für eine Trendwende. Die Christen, die ihren Glauben an der Offenbarung orientieren, seien sogar innerhalb ihrer Religionsgemeinschaften zur Minderheit geworden. Für die meisten, die sich als „religiös“ oder „christlich“ bezeichneten, sei der Glaube stark von persönlichen Vorstellungen und Wünschen geprägt und habe wenig mit dem Evangelium, regelmäßigen Gottesdienstbesuchen und einer christlichen Prägung des Alltags zu tun.

Dreher schweben allerdings keine monastischen Gemeinschaften als Alternative zur Gesellschaft vor, sondern engmaschige Netzwerke von Christen aller Konfessionen. Seine Vorschläge reichen von Berufs- und Konsumnetzwerken über Wohn- und Gebetsgemeinschaften bis hin zu ländlichen Gemeinschaften mit eigenen Schulen und Kirchen, die sich weitgehend selbst versorgen. Dort könnten Christen ihr Leben, ihren Alltag nach den Prinzipien ihres Glaubens gestalten und von diesen sicheren Basen auf die Gesellschaft einwirken.

Das sei sinnvoller, als zu versuchen, die postchristliche Gesellschaft zu verändern, die mit den Ansichten der Christen nichts anfangen könne, ja nicht einmal deren Sprache verstehe, ist Dreher überzeugt.

Einwände gegen den Vorschlag würden in erster Linie mögliche Abschottungstendenzen betreffen, welche die gewünschte gestalterische Wirkung auf die Gesellschaft in Gefahr bringen würden. Dreher antwortet darauf mit einem Hinweis auf den emeritierten Papst Benedikt XVI., der mit Bezug auf den britischen Historiker Arnold Toynbee von der „kreativen Minderheit“ als mögliches Konzept für das zukünftige Christentum in säkularen Gesellschaften gesprochen. Gerade durch ihr Festhalten an der christlichen Identität könnten diese Gemeinschaften in die größere Gesellschaft hinein wirken, ist Dreher überzeugt.


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