Frankreich: Erzbischof beklagt 'hysterisches' Vorwahl-Klima

5. Mai 2017 in Weltkirche


Bischofskonferenz gibt keine Wahlempfehlung - FAZ: Bis zu 46 Prozent der Katholiken wollen Le Pen wählen - „Deutschlandfunk“: Abtreibung ist in Frankreich zum Wahlkampf-Thema avanciert


Vatikanstadt-Paris (kath.net/KAP/red) Die französischen Bischöfe halten an ihrer Position fest, für die Stichwahl um das Präsidentenamt keinen der beiden Kandidaten zu unterstützen. Das sei "nicht die Rolle der Kirche", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Georges Pontier von Marseille, in einem Interview, wie Radio Vatikan am Donnerstag berichtete. Wenige Tage vor der Stichwahl zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen beklagte der Erzbischof das "hysterische Klima" im Land. Das mache es schwerer, sich in Ruhe "eine Meinung zu bilden".

33 katholische Verbände und Gruppen riefen unterdessen implizit dazu auf, den "Front National" von Marine Le Pen nicht zu wählen. In einer Anzeige in der katholischen Tageszeitung "La Croix" vermeiden sie allerdings eine klare Wahlempfehlung für Emmanuel Macron bei der Stichwahl fürs Präsidentenamt am nächsten Sonntag. Ähnlich wie die französischen Bischöfe in ihrer Erklärung, die sie vor der ersten Wahl-Runde veröffentlicht hatten, ermutigen die katholischen Verbände auch für die Stichwahl dazu, sich mit dem Stimmzettel für eine "Akzeptanz der Unterschiede", für "Öffnung und Dialog" sowie für ein "gerechteres Europa" einzusetzen.

Die stellvertretende Chefredakteurin von "La Croix", Isabelle de Gaulmyn, hatte am Wochenende das "Schweigen der Bischöfe" kritisiert. Allerdings hatten sich kurz davor mehrere französische Bischöfe für eine Wahl Macrons und gegen Marine Le Pen positioniert. Demgegenüber sprach sich die Christdemokratin Christine Boutin dezidiert für Le Pen aus, und die Sprecherin des Pro-Life-Bündnisses "Manif pour tous", Frigide Barjot, erklärte, Macron sei wegen seiner Positionen bei Bioethik und Lebensschutz nicht wählbar.

Für viele passt keiner der Kandidaten

Die ansonsten vorhandene breite Unterstützung Macrons kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich viele Franzosen vom am 7. Mai gewählten Präsidenten - egal, wer von beiden es wird - nicht wirklich repräsentiert fühlen werden. Der von der Linken als "neoliberal" attackierte Macron führt in Umfragen klar.

Der Philosoph Michel Onfray analysierte am Wochenende in einem Interview mit der Zeitung "Le Figaro" die angespannte Situation, wobei er mit scharfer Kritik an Macron nicht sparte. Die politische Elite Frankreichs, insbesondere die Linke, habe die Arbeiter und die einfachen Menschen verraten, gleichzeitig aber den Front National zum Gottseibeiuns erkoren, um in Ruhe weiter regieren zu können. "Sie haben bewusst diesen Dämon, den sie angeblich hassen, seit einem Vierteljahrhundert genährt. Er ist ihnen sehr nützlich, damit das Präsidentenamt der Republik immer für einen der Ihren gesichert bleibt - für einen Freund des Kapitals." Der Lebenslauf des 39-jährigen Macron stehe für jenes Frankreich, "das es sich richten kann". Auch viele frühere Linkswähler machen die Elite, der Sozialisten ebenso wie Konservative angehören, für die politische und wirtschaftliche Malaise des Landes verantwortlich.

Bis zu 46 Prozent der französischen Katholiken wollen Le Pen wählen, ergab eine Umfrage der Zeitung „Le Monde“, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete. Wähler „ohne Religion“ gaben nur zu 34 Prozent an, dass sie für Le Pen stimmen werden. Nach Darstellung des „Deutschlandfunks“ ist Abtreibung in Frankreich aktuell zum Wahlkampf-Thema avanciert.

Kandidat Macron setzt sich für Erleichterungen bei Abtreibungen ein und spricht sich für Zugang zu künstlicher Befruchtung für gleichgeschlechtliche weibliche Paare aus. Immerhin wendet er sich deutlich gegen die Legalisierung der Leihmutterschaft. Auch fordert er eine neue Debatte über Sterbehilfe, der er ebenfalls nicht kritisch gegenübersteht.

Demgegenüber wendet sich Le Pen gegen aktive Sterbehilfe und gegen eine Legalisierung der Leihmutterschaft aus. Auch das Abtreibungsgesetz will sie nicht abschwächen. Die sogenannte „Ehe“ für gleichgeschlechtliche Paare lehnt sie ab, spricht sich aber für Verbesserungen bei eingetragenen Partnerschaften aus. Insgesamt vertritt auch ihre Partei ein eher klassisches Bild von Ehe und Familie.

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