Freiburger Dogmatiker Hoping verteidigt die 'dubia' der vier Kardinäle

9. Dezember 2016 in Kommentar


Kirchenrechtler Schüller baue „eindrucksvolle Drohkulisse“ gegen die vier Kardinäle auf - Frage der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene sei „für liberale Bischöfe und Theologen“ „Türöffner zur Revision“ der gesamten katholischen Sexualmoral


Freiburg-Vatikan (kath.net) „Die eindrucksvolle Drohkulisse, die der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hier aufbaut, steht beispielhaft für die sich immer weiter zuspitzende Debatte um das päpstliche Schreiben ‚Amoris laetitia‘, das sich in entscheidenden Passagen so oder genau gegenteilig verstehen lässt.“ Dies stellte der Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping (Archivfoto) in einem Gastkommentar in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) fest. Er wies darauf hin, dass dann ja auch Schüller selbst in seinem Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger“ einräume, dass der Papst mittelfristig besser „klarere Regeln für all die vielen Katholiken aufstellen würde, die - wie es kirchenamtlich so schön heißt - in irregulären Situationen leben“. Doch „nichts anderes erbitten die vier Kardinäle, die von Schüller als illoyal abgestraft werden“, kommentierte Hoping.

Bei der formalisierten Klärungsbitte der Kardinäle Brandmüller, Meißner, Burke und Caffarra an den Papst, die unter dem Namen „dubia“ (Zweifel) bekannt geworden waren, handle es sich „um Auslegungszweifel bezüglich „Amoris laetitia“, die „in sachlichem Ton“ vorgebracht worden seien, erläutert der Freiburger Theologe weiter. Die Frage sei: „Hat Franziskus darin die auf Heilige Schrift (Mk 10,2-12) und Tradition gegründete Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe sowie die Praxis, wiederverheiratet Geschiedene nicht zu den Sakramenten zuzulassen, relativiert oder nicht?“ „Weil dies aus dem Schreiben selbst nicht klar hervorgeht und weltweit für sich widersprechende Deutungen sorgt, bitten die vier Kardinäle den Papst um Klärung.“ Die Anfragen der vier Kardinäle durchkreuzen „die Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zu den Sakramenten, die Franziskus offensichtlich im Sinn hat, aber aus seinem Text nicht zwingend hervorgeht“, der Text lasse sich auch „gegenteilig verstehen“. Die „dubia“ der Kardinäle seien „mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten“, doch „Franziskus hat entschieden, dies nicht zu tun. Die klare lehrmäßige Sprache war seine Sache bislang auch nicht.“

Doch da „letztverbindliche normative Klarheit“ ausblieben, würden die Lehrfragen nun „pragmatisch entschieden“: „Während etwa der Erzbischof von Philadelphia die Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene weiterhin ausschließt, wird sie nur eine Flugstunde entfernt durch den Erzbischof von Chicago ermöglicht“, „dieselben Diversifizierungen“ zeigten sich auch in „anderen Teilen der katholischen Weltkirche, etwa Italien, Polen oder Deutschland“.

„Die Lehre vom sakramentalen Eheband“ werde zum „der neuralgischen Punkt“, es gehe letztlich darum, „wie die katholische Kirche mit der Pluralität sexueller Verbindungen umgehen will“. Dabei sei „die Frage der Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene“ „für liberale Bischöfe und Theologen“ „Türöffner zur Revision“ der gesamten katholischen Sexualmoral. „Denn gibt man in ihrem Bindungsanspruch erst einmal die traditionelle Lehre auf, die als Ort gelebter Sexualität ausschließlich die gültige Ehe von Mann und Frau vorsieht, könnte die katholische Kirche wie die evangelische auch eheähnlichen Verhältnissen ihren Segen geben, einschließlich gottesdienstlicher Segensfeiern.“

Amoris Laetitia - TEXT als PDF


Foto Prof. Hoping © Universität Freiburg


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