11. November 2016 in Kommentar
Jeden Freitag auf kath.net BeneDicta: Warum der 9. November für Christen keineswegs negativ behaftet ist - Ein Kommentar von Isabella Gräfin von Kageneck
Linz (kath.net)
Als ich gestern Morgen den Hörsaal ansteuerte, um die Vorlesung über die Athenische Demokratie zu hören, merkte ich, dass irgendetwas anders war. Es herrschte keine, wie sonst üblich, noch etwas verschlafene fast gelangweilte Stimmung. Die Studenten, jung wie alt, steckten die Köpfe eifrig zusammen und sprachen natürlich über d a s Thema. Trump. Hier und da nahm man die üblichen Wortfetzen auf, die allesamt Schockierung, Empörung und völliges Unverständnis zum Ausdruck brachten. Zum Glück dauerte es nicht lange, der Professor für alte Geschichte betrat den Hörsaal und begann seine Vorlesung. Zufall oder nicht kam er ganz in schwarz mit schwarzer Krawatte gekleidet. Dann begann er seine Vorlesung mit den bedeutungsschweren Worten: Meine Damen und Herren, der 9. November wird wohl historisch betrachtet leider immer ein fürchterlicher Tag bleiben.
Alle Anwesenden schauten ihn erwartungsvoll an. Sie hofften geradezu, dass dieser, in ihren Augen, gescheite Professor nun die Dinge beim Namen nennt, sich ebenso empört, wie sie es eben taten. Dies tat er aber nicht und schloss mit den Worten, dass dies auch alles sein werde, was er dazu zu sagen habe, was vermutlich auch besser so war. Nun denn, dann konnte es ja losgehen und wir reisten in die Athenische Demokratie.
Freilich fiel es mir zu Beginn nach diesem Einstieg schwer, mich sofort auf das Thema zu konzentrieren. Ich war fassungslos, wie ein Althistoriker den 9. November historisch so einseitig betrachten konnte. Es ist so symptomatisch für unsere Zeit. Manche Menschen denken gerne nur bis in die nationalsozialistische Vergangenheit zurück und blenden alles aus, was davor geschehen ist. Dann müssten wir nämlich zu der Erkenntnis kommen, dass der 9. November auch der Weihetag der Lateranbasilika ist. Kaiser Konstantin ließ die Lateranbasilika errichten und stellte sie mit dem Gebiet um den Lateran 324 dem Papst zur Verfügung. Dies war ein ungemein bedeutender Akt des Staates der Kirche gegenüber. Bis zu Kaiser Konstantins Zeiten und selbst noch unter seiner Herrschaft wurden Christen verfolgt, ermordet und mussten teilweise schlimmste Folterungen und Misshandlungen über sich ergehen lassen.
Erst mit Kaiser Konstantins Bekehrung in der Nacht vor der Schlacht an der Milvischen Brücke wendete sich das Blatt langsam und das Christentum wurde später dann zur Staatsreligion, zur religio licata (Toleranzedikt des Galerius). Welch ein Triumph! Mussten unsere frühen Glaubensbrüder und schwestern ihre Religion bis dahin geheim halten, die Heilige Messe in so genannten Hauskirchen feiern, konnten sie dies nun öffentlich tun. In Kirchen, die vom Kaiser dazu geschenkt, gebaut und auch beschützt wurden. Die Kirche möchte mit diesem Tag auch an die Bedeutung des Gotteshauses als Versammlungsort und Kraftquelle der Gläubigen besonders erinnern.
Für uns Christen ist der 9. November also keineswegs so einseitig negativ behaftet, wie es der Professor darzustellen versuchte. Als ich mich nun wieder mehr auf die Vorlesung konzentrieren konnte, ging es gerade um die Frage, wieso die Athenische Demokratie in eine Krise geraten war. Wieder horchte ich auf, denn die Antworten sind frappierend: Es war eine Unordnung, griechisch Dysnomia, entstanden, bedingt durch die Habgier und Gewinnsucht der politischen Elite, die nicht mehr rechtschaffen lebte und der Verantwortung der ihr anvertrauten Menschen nicht mehr gerecht wurde. Jetzt war ich plötzlich ganz elektrisiert, während meine Kommilitonen wieder in ihren gewohnten Trott gefallen zu sein schienen.
Der 9. November, wahrlich ein historischer Tag, an dem mir aber auch klar wurde, dass wenn Gott es geschafft hat, Kaiser Konstantin zu bekehren, er auch schon weiß, wie er den neuen US-Präsidenten Donald Trump zum Guten gebrauchen wird. Beten wir dafür.
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