Verfahren gegen Asia Bibi: Der Druck auf die Richter ist groß

5. November 2016 in Weltkirche


Islamisten drohen, bei einem Freispruch einen Krieg zu entfachen


Islamabad/Frankfurt am Main (kath.net/idea) Der gesellschaftliche Druck auf die pakistanischen Richter im Fall der wegen Blasphemie zum Tode verurteilten Christin Asia Bibi ist hoch. Diese Einschätzung äußerte die Referentin für Religionsfreiheit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (Frankfurt am Main), Michaela Koller, gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Einer der drei Richter an Pakistans Oberstem Gericht, Iqbal Hameed-ur-Rehman, hatte sich erst für befangen erklärt und am 26. Oktober seinen Rücktritt aus dem Gericht verkündet. Deswegen wird die Berufungsverhandlung verschoben. Erst muss Staatspräsident Mamnoon Hussain einen neuen Richter ernennen. Laut Koller kommt der Schritt des Richters „wenig überraschend“. Rehman habe ihn zwar nicht offiziell begründet, naheliegend sei aber die Angst vor Todesdrohungen. Zuletzt hatten Medienberichten zufolge Islamisten in mehreren Städten die Hinrichtung Asia Bibis gefordert. Sollte es zu einer Freilassung kommen, dann werde man einen „Krieg entfachen“, drohten die Demonstranten. Setze sich ein Richter vor diesem Hintergrund für den Freispruch Bibis ein, werde er sich anschließend mit hoher Wahrscheinlichkeit im Ausland in Sicherheit bringen müssen, so Koller. Ähnliches sei bereits in der Vergangenheit geschehen. 2011 sei der Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer, von seinem Leibwächter Mumtaz Qadri erschossen worden, weil er sich für die Begnadigung von Asia Bibi und eine Reform des Blasphemiegesetzes eingesetzt hatte. Der Attentäter sei zwar zum Tode verurteilt und gehängt worden, werde aber seitdem verehrt. Eine 2014 gebaute Moschee trage seinen Namen. Hingegen habe der Richter, der Qadri zum Tode verurteilt hatte, aufgrund der Bedrohung durch Extremisten mit seiner Familie ins Exil nach Saudi-Arabien gehen müssen.

Der Anlass war banal

Die fünffache Mutter Bibi war aufgrund des pakistanischen Blasphemiegesetzes 2010 zum Tode durch den Strang verurteilt worden, weil sie im Streit den Islam beleidigt haben soll. Der Anlass war banal: Auf Anweisung eines Landbesitzers hatte die Tagelöhnerin Wasser für Feldarbeiterinnen geschöpft. Doch sie weigerten sich, es zu trinken. Weil sie als Christin auch aus dem Gefäß getrunken habe, sei es „unrein“ geworden sei. Sie beschuldigten die 50-jährige Katholikin, durch ihr Handeln den Islam in den Schmutz gezogen zu haben. Im Juli 2015 hatte das Oberste Gericht eine Berufung gegen das Urteil zugelassen und die Todesstrafe aufgehoben.

Anzeige gegen eine Neunjährigen wurde zurückgenommen

Währenddessen hat laut Medienberichten die Verständigung von Christen und Muslimen in Quetta (Provinz Belutschistan) dazu geführt, dass eine Anzeige wegen Blasphemie gegen einen neunjährigen Christen und seine Mutter zurückgezogen wurde. Sie sollen am 20. Oktober angeblich mehrere Seiten aus dem Koran verbrannt haben und wurden von der Polizei verhaftet. Daraufhin trafen sich muslimische Politiker der Partei „Jamait Ulema Islam“ mit Vertretern der Christen. Anschließend soll der Vorwurf zurückgenommen worden sein. Wer die beiden Christen anzeigte, ist nicht bekannt. Der Direktor der christlichen Menschenrechtsorganisation CLAAS, Nasir Saeed (London), nannte den Blasphemieparagrafen in Pakistan das schlimmste Beispiel für Hass und Intoleranz gegenüber Christen. Die pakistanische Regierung müsse reagieren und den häufigen Missbrauch des Gesetzes unterbinden, forderte Saeed. Von den 174 Millionen Einwohnern Pakistans sind etwa 95 Prozent Muslime, zwei Prozent Christen sowie zwei Prozent Hindus.


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