Kanadischer Psychologe: In der Erziehung (liebevoll) autoritär sein

13. Oktober 2016 in Familie


Eine Generation von verzweifelten „Alphakindern“ wächst heran - Die kindliche Abhängigkeit dürfe aber nicht wegtrainiert werden


Berlin/Vancouver (kath.net/idea) Eltern dürfen keine Angst vor der Erziehung haben. Sie sollten sich stattdessen trauen, autoritär zu sein. Diese Ansicht vertritt der kanadische Psychologe und fünffache Vater Gordon Neufeld (Vancouver) in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ (Berlin). Neue Forschungsergebnisse bestätigten, dass für die Kinder die Beziehung zu den für sie verantwortlichen Erwachsenen der „alles entscheidende Faktor“ sei. Heute würden Kinder dauernd zum Selbstständigsein angetrieben. Die kindliche Abhängigkeit dürfe aber nicht wegtrainiert werden: „Nur wer sich fallen lassen durfte, kann später selbstständig und selbstbewusst vorwärtsgehen.“

Der Umgang mit Gleichaltrigen reicht nicht

Neufeld kritisierte in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass Kinder vor allem die Bindung an Gleichaltrige brauchten. Er halte diese Einstellung für alarmierend: „Sie ist inzwischen fast der Normalfall und hat schlimme Konsequenzen fürs emotionale Wohlbefinden der Kinder.“ Es bestehe die Gefahr, dass sie später unsichere und aggressive Erwachsene werden. Laut Neufeld spricht dies nicht gegen eine Betreuung außerhalb des Elternhauses. Sie dürfe nur die Bindung zu den Eltern nicht stören. Es müsse sich dabei auch nicht unbedingt um die leiblichen Eltern handeln: „Eine einzige nährende Beziehung reicht.“

Kinder brauchen das Gefühl, geliebt zu sein

Eltern müssen ferner laut Neufeld ihre führende Rolle in der Beziehung zum Kind deutlich machen. Stattdessen gebe es heute eine „Epidemie von Alphakindern“. Sie befänden sich in der verkehrten Rolle, seien in einem permanenten emotionalen Alarmzustand und unsicher. Neufeld: „Sie wirken stark und unabhängig und sind dabei verzweifelt. Sie brauchten das Gefühl, umsorgt und geliebt zu sein.“


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