Ingrid Betancourt: Ich habe meinen Entführern vergeben

29. September 2016 in Chronik


Die kolumbianische Politikerin war mehr als sechs Jahre Gefangene der FARC-Rebellen. Anlässlich des Friedensvertrages spricht sie im Interview mit der Deutschen Welle über ihre Erfahrungen.


Paris (kath.net/jg)
Als sie 2012 vom Beginn der Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und den linksgerichteten FARC-Rebellen erfuhr, sei sie zur Basilika Sacré-Couer gegangen, um sich zu bedanken. Das sagt die kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt im Interview mit dem Nachrichtensender Deutsche Welle.

Nach dem Abschluss des Friedensvertrages hofft sie auf Frieden in ihrem seit mehr als 50 Jahren von Bürgerkrieg betroffenen Heimatland. „Wenn sein (Präsident Santos’, Anm.) Plan aufgeht, wird er in die Geschichte Kolumbiens eingehen“, sagt sie wörtlich.

Ein erheblicher Teil des Interviews ist ihrem persönlichen Schicksal gewidmet. Ingrid Betancourt war im Februar 2002 von den Rebellen der FARC entführt und mehr als sechs Jahre in Geiselhaft gehalten worden. Im Juli wurde sie vom kolumbianischen Militär befreit. Neben der Stimme ihrer Mutter, die sie immer wieder im Radio hören konnte, sei es vor allem ihr katholischer Glaube gewesen, der ihr geholfen habe diese Zeit zu überstehen. „Ohne den Glauben an Gott ist es schwer zu akzeptieren, dass es für alles eine Erklärung gibt, auch wenn man sie zunächst nicht versteht. Es besteht die Gefahr, dass Rachgefühle und Bitterkeit überhand nehmen“, sagt sie wörtlich gegenüber der Deutschen Welle.

Sie habe sich entschieden ihren Entführern zu vergeben, fährt sie fort. Gleichzeitig zeigt sie Verständnis für jene, denen das unmöglich ist. „Versöhnung und Vergebung sind etwas sehr persönliches und intimes“, sagt sie wörtlich. Vergebung umfasse persönliche Wünsche, Reflektionen und Gefühle. „Und wer hat schon seine Gefühle unter Kontrolle?“ fragt sie und gibt zu, auch acht Jahre nach ihrer Befreiung mit ihren Gefühlen zu kämpfen.


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