Hessen: CDU-Minister drückt umstrittenen Gender-Lehrplan durch

22. September 2016 in Deutschland


Der komplette Landeselternbeirat hatte seine nötige Zustimmung verweigert, doch der CDU-Kultusminister Lorz behalf sich mit Ministerentscheid – Kirchen gespalten: Katholische Kirche dagegen, evangelische dafür


Wiesbaden (kath.net) Das Bundesland Hessen hat einen neuen Sexuallehrplan eingeführt, obwohl der komplette Landeselternbeirat seine nötige Zustimmung verweigert hatte. Ein Ministerentscheid von Kultusminister Alexander Lorz (CDU) drückte das Vorhaben nun aber durch. Das berichtete die „Welt“. Gemäß diesem Lehrplan wird in hessischen Schulen in Zukunft fächerübergreifend die „Vielfalt sexueller Orientierungen und Geschlechteridentitäten“ behandelt. Die „Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen (LSBTI)“ wurde zum offiziellen Unterrichtsziel erklärt. Der Landeselternbeitrag hatte zuvor der Forderung der „Akzeptanz“ von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- oder intersexuellen Menschen widersprochen, dies gehe zu weit, der Begriff der „Toleranz“ sei geeigneter. Ministeriumssprecher Löwer betonte, dass allerdings ausgerechnet der „Akzeptanz“-Begriff „nicht verhandelbar“ gewesen sei.

Die katholischen Bischöfe Hessens kritisierte nach Angaben der „Welt“ in einer Stellungnahme, die in das Beteiligungsverfahren eingebracht wurde: Es nicht „altersgerecht“, wenn sich schon Zehn- oder Zwölfjährige mit Hetero-, Homo-, Bi- und Transsexualität beschäftigen sollen, mangels eigener Erfahrungen könne das die Kinder verunsichern, statt sie aufzuklären.

Die evangelische Kirche äußerte allerdings keine Probleme mit dem neuen Sexuallehrplan. Die „Frankfurter Rundschau“ zitierte den Sprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Rahn: „Wir akzeptieren vielfältige Formen des Zusammenlebens, wenn sie auf Verbindlichkeit und Dauerhaftigkeit angelegt sind“, der Lehrplan passe zu diesem Menschenbild.

Ab diesem Schuljahr werden nach Darstellung der „Welt“ im Bundesland Hessen sechs- bis zehnjährige Kinder in der Schule darüber informiert, was eine „Patchworkfamilie“ ist, mit welchen Problemen sich Alleinerziehende oder Pflegefamilien auseinandersetzen und dass es gleichgeschlechtliche Partnerschaften gibt. Zehn- bis zwölfjährige Kinder lernen, zwischen Hetero-, Bi-, Homo- und Transsexualität zu unterscheiden, 13- bis 16-jährige Jugendliche beschäftigen sich mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch. Die Themen werden außerdem fächerübergreifend aufgegriffen, der Sprecher des Kultusministeriums erläuterte, dass beispielsweise auch im Englischunterricht Coming-out-Literatur gelesen werden könne. Die Unterrichtsteilnahme ist verbindlich, sie ist nicht an die Zustimmung der Eltern gebunden. Auch sollen unbenotete Klassenarbeiten geschrieben werden. Vor allem auch in Fächer wie Religion oder Ethik, Sozial- und Gesellschaftskunde soll auf den neuen Sexuallehrplan reagiert werden.

Das Bundesland Hessen wird seit 2014 von einer CDU/Grünen-Koalition regiert. Ministerpräsident ist der CDU-Politiker Volker Bouffier. Die „Welt“ kommentiert in ihrem Bericht: „Den neuen Lehrplan können sich die Grünen als Erfolg auf die Fahnen schreiben, auch wenn ihn ein Christdemokrat durchgedrückt hat. Denn in deren Wahlprogramm hatte es bereits geheißen, dass in hessischen Lehrplänen „die angemessene Darstellung von sexueller Orientierung und queeren Lebensweisen“ gesichert werden müsse. Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag wurden auf Druck der Grünen ausdrücklich Ziele wie ‚Gleichstellung verwirklichen‘, Begleitung junger Menschen beim Coming-out und eine ‚stärkere Sensibilisierung für das Thema in Schulen‘ festgehalten.“



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