Irakischer Erzbischof: Europa blauäugig gegenüber Islam

29. Juli 2016 in Aktuelles


Syrisch-orthodoxer Erzbischof Saliba: Leiden der Nahost-Christen auch in Europa systematisch verschwiegen - Russland und Amerika wollten Syrienkonflikt offenbar "am Kochen halten"


Wien (kath.net/KAP) "Blauäugigkeit im Umgang mit Migranten aus muslimischen Ländern" wirft der Erzbischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Theophilus George Saliba, den europäischen Politikern vor. "Man übersieht, hoffentlich aus Unwissenheit und nicht willentlich, die sozio-religiöse Sprengkraft dieser Migrationsbewegung nach Europa. Ihr habt keine Ahnung über die Kultur und Entschlossenheit der Menschen", so der Erzbischof in einem bereits im Juni geführten Interview, das nun in mehreren österreichischen Kirchenzeitungen (aktuelle Ausgabe) veröffentlichten wurde.

Europa laufe Gefahr, "den gleichen Terror gegen Christen zu erleben wie wir im Nahen Osten", so der Kirchenmann mit Sitz im irakischen Mossul, der derzeit allerdings im Exil im libanesischen Beirut lebt und ein Mitbegründer der in Wien ansässigen Stiftung "Pro Oriente" ist. Regierungen wie etwa in Schweden sähen tatenlos zu, wie radikale Moslems Kriegsflüchtlinge sogar in europäischen Ländern bedrohten. Setzten sich derzeitige Entwicklungen fort, stehe Europa in zehn Jahren "sehr schwierige Tage" gegenüber, so Saliba.

In Syrien und im Irak finde derzeit ein "Genozid" an den Christen statt, sagte Theophilus. "Wir Christen werden unbarmherzig verfolgt. Kämpfer des radikal-islamistischen IS rauben, morden und verschleppen Christinnen und Christen. Das ist gezielt organisierter Terror." Die christlichen Gemeinden in den beiden Kriegsländern, mit zwei Millionen Mitgliedern die zweitgrößte Kirche in Nahost, stünden vor der Auslöschung; die Behörden und selbst internationale Hilfsorganisationen würden sie als "Menschen zweiter Klasse" behandeln.

Medien verschweigen Leid der Christen

Die Medien würden das Leid der Christen verschweigen, Theophilus kritisierte eine "seltsame Rangordnung der Leidberichterstattung": Es werde nur über Gräuel an Muslime oder manchmal auch an Jesiden gesprochen, "aber wenige wissen, dass uns Christen im Irak und Syrien alles geraubt wurde und vielen nur das nackte Leben geblieben ist". Die IS-Truppen hätten zunächst alle Grundstücke an sich genommen, dann Kirchen und kirchlichen Organisationen wie auch Klöster zerstört. "Wer nicht getötet wurde, musste fliehen. Frauen wurden vergewaltigt und verkauft."

Auch im Exilland Libanon sei die Situation laut dem Erzbischof sehr schwer. Zwar sei ein Christ Präsident, doch verwehre die Regierung den christlichen Flüchtlingen noch immer, wirtschaftlich Fuß zu fassen. Alle geflohenen Christen Syriens und des Iraks wollten wieder zurück in ihre Heimat, doch wisse nur Gott, wann dies möglich sei. Die Region brauche dringend Frieden, der jedoch in den Händen von Amerika und Russland liege. Saliba: "Mein Eindruck ist, man will den Konflikt am Kochen halten."

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