San Pietro in Carcere - das Gefängnis der Apostelfürsten

14. Juli 2016 in Buchtipp


Der Mamertinische Kerker – Leseprobe aus dem Buch von Ulrich Nersinger: "Dem Glauben auf der Spur. Auf Pilgerschaft in der Ewigen Stadt"


Rom (kath.net) Nach langjährigen Restaurierungsarbeiten wird der Mamertinische Kerker, das antike Staatsgefängnis Roms, jetzt wieder eröffnet. Aus diesem Anlass bringt kath.net eine Leseprobe aus dem Nersinger-Buch:

San Pietro in Carcere - das Gefängnis der Apostelfürsten Zwischen dem Kapitolinischen Hügel und dem Forum erhebt sich auf einer kleinen Anhöhe die Kirche San Giuseppe dei Falegnami, ein dem heiligen Joseph, dem Nährvater Christi, geweihtes Gotteshaus. Es waren die Falegnami, die Schreiner und Zimmeleute der Ewigen Stadt, die im 16. Jahrhundert den Bau des Gotteshauses erwirkt hatten. An der Errichtung waren so berühmte Architekten wie Giacomo della Porta, Giovanni Battista Montano und Antonio del Grande beteiligt, und erlesene Kunstschätze schmücken es - doch sein bedeutendster Schatz liegt im „Untergrund“.

Die Kirche ist errichtet an einer geschichtlichen Stätte, nämlich über dem antiken römischen Staatsgefängnis, dessen Ursprünge sich bis in das 4. Jahrhundert vor Christus zurückverfolgen lassen, möglicherweise sogar bis in die römische Königszeit hinein. Der von außen sichtbare Teil des Gebäudes besitzt eine Fassade aus Travertin; eine Inschrift mit den Namen der Konsuln C. Vibius Rufinus und M. Cocceius Nerva verrät, dass sie in der Kaiserzeit, unter der Regierung des Tiberius, errichtet wurde. Eine Rampe mit Stufen führt auf die Höhe des antiken Niveaus. Der innere Teil des Gebäudes besteht aus zwei übereinander liegenden Komplexen; der obere trägt den Namen "lautumiae" (Steinbrüche), weil er in die antiken Tuffsteinbrüche hineingehauen ist. An dieser Stelle befanden sich die Kerker für die weniger bedeutenden und nicht zum Tode verurteilten Gefangenen Roms, denen man sogar den Besuch von Angehörigen und Freunden gestattete. Vom Dichter Naevius (270-200 v. Chr.) wird berichtet, dass er hier zwei seiner Komödien geschrieben haben soll. Im Fußboden des Hauptraumes der Lautumiae zeigt sich ein kreuzförmiges Loch, das in früheren Zeiten der einzige Zugang in den zweiten Komplex, in die darunter liegende Kerkeranlage, war.

Der römische Geschichtsschreiber Sallust gibt eine beeindruckende Schilderung dieses Ortes: „Das Gefängnis besitzt einen Tullianum genannten Teil, auf der linken Seite etwa zwölf Fuß unter der Erde gelegen. Er ist ringsum mit dicken Wänden umgeben und mit einem steinernen Gewölbe überdeckt. In seiner Verwahrlosung, seiner Finsternis und seinem Gestank bietet er einen abstoßenden Anblick“ (Cat. 55).

Die Bezeichnung „Tullianum“ geht vermutlich auf eine im Kerker vorhandene Wasserquelle (lateinisch "tullus") zurück. Archäologen sind der Meinung, dass dieser älteste Teil des Gefängnisses vom römischen König Servius Tullius erbaut wurde; vielleicht daher auch dessen ungewöhnlicher Beiname.

Eine schwere Eisentür in dser Wand gab einst den Zugang zu einem unterirdischen Gang frei, unter dem sich ein Kanal befand, der zur Cloaca Maxima führte. Der Abwasserkanal diente auch dazu, sich schnell und bequem der Leichen der zum Tode Verurteilten zu entledigen. In dem düsteren Kerkerbau wurden die Staatsfeinde Roms - so der numidische König Jugurtha (104 v. Chr.), der gallische, von Cäsar bezwungene Stammesfürst Vercingetorix (46 v.Chr.) und Simon bar Gioras (71 n. Chr.), der Verteidiger Jerusalems - in Haft gehalten und hingerichtet. Jugurtha verschwand in der dunklen Öffnung des Tullianum mit den Worten: „Wie kalt sind doch eure Bäder, Römer!“ Aber auch Bürger der Römischen Republik fanden hier den Tod, so die Anhänger des Volkstribunen Gaius Sempronius Gracchus und die Mitverschwörer des Catilina. Von den Letztgenannten, die von Cicero des Hochverrats überführt worden waren, berichtet Sallust: „Nachdem Lentulus in diesen Raum hinuntergelassen worden war, brachen ihm die Henker, wie befohlen, mit dem Strang das Genick. So fand jener Patrizier aus dem berühmten Geschlecht der Cornelier, der in Rom die Stellung des Konsuls innegehabt hatte, das Ende, das seinem Charakter und seinen Taten würdig war. An Cethegus, Statilius, Gabinius, Caeparius wurde auf gleiche Weise die Todesstrafe vollstreckt.“

Der Überlieferung nach wurden die Apostel Petrus und Paulus in dem Kerker gefangen gehalten, bevor der eine im Circus des Nero das Martyrium erlitt, der andere vor den Toren Roms durch Enthauptung sein irdisches Leben verlor. Es wird berichtet, der heilige Petrus habe zuvor die beiden Kerkermeister Processus und Martinianus und viele seiner Mitgefangenen zum christlichen Glauben bekehrt und mit dem Wasser aus der Zisterne des Tullianums getauft. Nach ihrer Bekehrung verhalfen die Wächter - so erzählt es die "Passio Processi et Martiniani" - dem heiligen Petrus zur Flucht. Als der Erste der Apostel die Stadt verlassen und schon gut eine Meile auf der Via Appia zurückgelegt hatte, erschien ihm der Herr. Petrus fragte ihn: „Domine, quo vadis? - Herr, wohin gehst Du?“, und Christus gab zur Antwort: „Venio Romam iterum crucifigi - Ich gehe nach Rom, um erneut gekreuzigt zu werden“. Petrus war erschüttert, kehrte um und gab im Circus des Nero auf dem vatikanischen Feld mit seinem Blut Zeugnis für den Herrn.

Später baute man das Tullianum im Gedenken an den ersten Bischof von Rom zu einer kleine Kapelle - San Pietro in carcere - um. Die Bezeichnung „Carcer Mamertinus - Mamertinischer Kerker“ für diesen historisch bedeutsamen und den christlichen Glauben auszeichnenden Ort kam erst im Mittelalter auf.

kath.net-Lesetipp
Dem Glauben auf der Spur
Auf Pilgerschaft in der Ewigen Stadt
Von Ulrich Nersinger
Taschenbuch, 126 Seiten
2015 Verlag Petra Kehl
ISBN 978-3-930883-77-6
Preis 9.20 EUR

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